Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
widerlegt wurden. Das Lebensalter der Toten wurde exakt bestimmt, die Befunde an der Haut und den Geschlechtsorganen erklärt, die Liegezeit im Wasser errechnet und die Blutarmut durch das Auswaschen im strömenden Wasser erkannt. Eine Schnittwunde am Hals fehlte. Der Gerichtssaal war zum Schauplatz eines Kampfes zwischen Vernunft und Hass, zwischen kühlem Urteil und eifernder Blindheit geworden. Die Untersuchungsmethoden Barys waren bloßgestellt. Es war nicht mehr zweifelhaft, dass Moritz Scharf durch erpresserische Drohungen zur Lüge verführt worden war. Weder die Voreingenommenheit des Gerichts noch der Lärm wütender Zuschauer, noch die haltlosen Angriffe des Abgeordneten Onody verhinderten, dass das Gespinst aus Gerüchten, Lügen und Erpressungen zerriss. So bildete Hofmanns Gutachten mit seinen schwer wiegenden Argumenten in Karl Eötvös’ siebenstündiger Verteidigungsrede den Schlusspunkt der Beweisführung. Am 3. August 1883 sprach das Gericht sämtliche Angeklagten frei.
Bedeutungsvoll blieb die Tatsache, dass die Ereignisse von Tisza-Eszlàr eines bestätigten: die Notwendigkeit der speziellen Ausbildung jedes Arztes, der über gerichtsmedizinische Dinge urteilen sollte.
Ob der Tod von Esther Solymosi ein Unfall oder ein Selbstmord war, blieb ungeklärt. Esther kam als Halbwaise zur Welt und hatte sich schon mit 11 Jahren als Dienstmädchen verdingen müssen. In der Hektik des Osterputzes aß man den ganzen Tag nicht, überdies hatte die Dienstgeberin Esther aus nichtigen Gründen verprügelt. Wie es üblich war, ging man im Dorfe vom 1. April an barfuß, Esther könnte für ihre wehen und staubigen Füße in der Theiß Linderung gesucht haben und dabei hineingestürzt oder hineingesprungen sein.
Wer war Prof. Dr. Eduard von Hofmann?
Als Sohn eines praktischen Arztes 1837 in Prag geboren, studierte er dort Medizin und trat nach der Promotion in das Institut für gerichtliche Medizin ein. 1869 wurde der junge Gelehrte an die Universität Innsbruck berufen, danach war er von 1875 bis 1897 Ordinarius seines Faches in Wien. Er löste dort die gerichtliche Leichenbeschau und die Obduktionen aus der Hand der Pathologen und begründete das wissenschaftliche Fach Gerichtsmedizin. Unter seiner Leitung wurde das Wiener Institut das bedeutendste der Welt, er selbst schrieb ein Lehrbuch, das viele Jahrzehnte lang aktuell blieb. Der Öffentlichkeit bekannt wurde Hofmann durch die Untersuchung und Identifizierung der 1881 beim Ringtheaterbrand ums Leben gekommenen Personen. Das zweite Ereignis, bei dem Hofmann die Befunde erstellte, war der Tod des Kronprinzen Rudolf in Mayerling (1889). Es wurde eindeutig Selbstmord nachgewiesen, sämtliche später kursierenden Spekulationen und Gerüchte sind falsch. 1888 wurde Eduard v. Hofmann in den Ritterstand erhoben. Nach längerem Herzleiden starb er erst 60-jährig.
Zwei SS-Verbrecher
Nach zwei der widerlichsten und erbärmlichsten Figuren des Terror-Regimes der Nazis wurde jahrelang gesucht, da die Vermutung bestand, sie wären nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entkommen. Aber nur für einen der beiden traf dies zu.
Martin Bormann (1900-1945)
Der Reichsleiter der NSDAP, Leiter der Parteikanzlei, Sekretär seines Führers und SS-Obergruppenführer, war mitverantwortlich
für millionenfachen Mord. Am 1. Mai 1945, dem Tag nach Hitlers Selbstmord, versuchte er mit einer Gruppe anderer einen Ausbruch aus dem Bunker der Reichskanzlei in Berlin. Nach der Explosion eines Panzers, der als Deckung diente, wurde die Gruppe zerstreut, Bormann und den SS-Arzt Dr. Stumpfegger sah man nie wieder.
Die Suche begann nach Kriegsende und die Gerüchteküche brodelte: Er sei in Italien, Spanien, Polen, der Sowjetunion und Südamerika gesehen worden; als Mönch, als Besitzer einer Ranch oder doch als russischer Agent?
Im Juli 1965 wurde in Berlin in der Gegend des Lehrter Bahnhofs nach Bormanns Überresten gegraben, an der Stelle, wo der Panzer explodiert war. Die Suche blieb jedoch ohne Erfolg. 1972 erfolgten etwa 15 Meter von der alten Grabung entfernt Schachtarbeiten für elektrische Leitungen. Die Bauarbeiter stießen zunächst auf einen Schädel, und schließlich förderte die systematische Suche zwei Skelette zutage. In beiden Mundhöhlen befanden sich Glassplitter als Reste von Giftphiolen. Das eine Skelett entsprach einer Körpergröße von 190-194 Zentimeter und wies eine alte Fraktur des linken Unterarmes auf: Das passte zu Dr. Stumpfegger. Das andere Skelett war
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