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Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin

Titel: Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bankl
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Leopold Breitenecker die dominierende Persönlichkeit in der österreichischen Gerichtsmedizin. Er hat eine ungewöhnliche Laufbahn durchschritten. Am Beginn war er der jüngste und letzte Schüler Haberdas, 1938 habilitierte er sich mit einer gründlichen Untersuchung über die Kohlenmonoxidvergiftung. Im Jahre 1946 wurde Breitenecker wegen seiner dem Nationalsozialismus nahestehenden politischen Einstellung seines Postens enthoben. 11 Jahre später hat ihn die österreichische Bundesregierung mit der Leitung des allgemeinen Gesundheitswesens betraut. Breitenecker ist mit dem Titel Sektionschef einer der höchsten Beamten Österreichs geworden. 1959 wurde er schließlich zum Vorstand des Instituts für Gerichtliche Medizin in Wien ernannt, obwohl dies einen Abstieg in der hierarchischen Beamtenordnung bedeutete. Breitenecker war auf Studenten wie auch Mitarbeiter von prägendem Einfluss, nicht zu Unrecht wurde er von uns Jungen als »big old Leopold« bezeichnet. Aufsehen erregende Expertisen im In- und Ausland machten ihn zu einem gesuchten Gutachter und Sachverständigen. So konnte er 1962 den Tod von drei Delegierten des Internationalen Roten Kreuzes klären, die während des Bürgerkrieges in Zentralafrika am Flughafen von Elisabethville (heute in Zaire) erschossen wurden. Durch spektralanalytische Untersuchung der Munition konnte festgestellt werden, dass äthiopische UNO-Soldaten die tödlichen Schüsse abgegeben hatten. Dies war ein sehr peinliches Ergebnis für den Auftraggeber UNO, begründete aber den weltweiten Ruhm des österreichischen Gelehrten Leopold Breitenecker.

Sogar Winnetou hat seziert
     
     
     
     
    Für die Liebhaber der fantastischen Abenteuererzählungen von Karl May gab es im Winter 1894/95 eine literarische Sensation - Winnetou in Afrika! Das spielte sich in dem Reiseroman »Krüger Bei« ab, welcher als Fortsetzungsgeschichte in der Wochenzeitschrift »Deutscher Hausschatz in Wort und Bild« erschien. Es war einer der typischen Kolportageromane von Karl May, worin längere Zeit die Bösen scheinbar die Oberhand gewinnen und dabei viel Schlimmes anstellen, letztlich jedoch überführt und besiegt werden.
    In einer Episode geht es um die Identifikation eines Toten und die Rekonstruktion eines Tatherganges, und diese gerichtsmedizinische Aufgabe übernimmt Winnetou. Ort der Handlung ist Nordafrika, die Umgebung von Tunis. Der Text ist hier in der Originalfassung wiedergegeben, nicht in der Jugend- und Volksausgabe. Allerdings habe ich aus Gründen der flotteren Lesbarkeit etwas gekürzt:
    »Wie hieß der Mann?« »Seinen eigentlichen Namen kenne ich nicht.« »Aber ihr müsst ihn doch bei irgend einem Namen genannt haben!« »Das haben wir. Wie Du weißt, besitzen wir die Gewohnheit, fremde Leute, welche wir nicht kennen oder deren Namen wir schwer auszusprechen vermögen, nach irgend einer Eigenschaft, durch welche sie sich vor anderen auszeichnen, zu benennen. Wir haben diesem jungen Fremdling auch einen solchen Namen gegeben, Abu tnasch Sabi [Anmerkung: Soll heißen: Vater der zwölf Zehen].« »Aus welchem Grunde?
Hatte er etwa zwölf Zehen an seinen Füßen, was ja bei manchen Menschen vorgekommen ist?«
    Dieser Mann wird im Laufe der weiteren Handlung tot aufgefunden, mit einer Schusswunde in der Brust. Der Hauptmann der tunesischen Soldaten, ein Böser, behauptet, er hätte Selbstmord begangen. Der Ich-Erzähler Kara Ben Nemsi setzt seine Erzählung, nachdem der Leichnam wieder ausgegraben wurde, fort:
    Ich hatte schon manchen Toten gesehen; dieser aber machte einen ganz besondern Eindruck auf mich, und nicht etwa allein infolge der Umstände, die ihm das Leben gekostet hatten, sondern auch wegen des Ausdruckes, den sein Gesicht zeigte. Es lächelte so friedlich und ich möchte sagen, als ob er schlafe. In seinen Kleidern und Taschen fand ich nicht den geringsten Gegenstand. Aber bei der Untersuchung derselben fiel mir auf, dass seine linke Hand verbunden war. »Was ist das?« fragte ich den Scheik. »Weißt du vielleicht, weshalb er den Verband angelegt hat?« »Natürlich weiß ich es. Er ist verwundet worden von einer Kugel.« »Ah? Das muss ich sehen.« Ich wickelte die Binde, welche aus dem Stück eines Kopftuches bestand, ab und überzeugte mich, dass allerdings die Spitze des Daumens fehlte. Da trat Winnetou näher, besah sich die Wunde und fragte: »Mein Bruder mag nun das Herz entblößen!« Ich tat es. Ja, gerade da, wo das Herz lag, war die Revolverkugel eingedrungen;

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