Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)
um meine Hand- und Fußgelenke, und auch um meinen
Hals. Das Wesen hob die Hände und ich verlor den Boden unter meinen Füßen.
Jetzt hatte ich Angst. Ich wollte nicht schon wieder von der Gemeinschaft der
Blutrose gefangen genommen werden! Wo war der weiße Wolf? Mir wurde jetzt
schmerzlicher als zuvor bewusst, dass sich mein Helfer nicht mehr gezeigt
hatte. Normalerweise tauchte er in solch brenzligen Situationen auf, um mich zu
fragen, was ich wollte und mich daraufhin irgendwie zu retten ... Aber jetzt
fehlte er ... Konnte das vielleicht damit zusammenhängen, dass ich nun ein
Vampir war? Hatte der Vampirismus den Engelswolf getötet? Verzweiflung breitete
sich wie Gift in meinen Gedanken aus, erst recht als ich sah, wie Ayden und die
anderen der Phynix-Familie bemerkten, dass ich in Schwierigkeiten steckte. Vor
allem Ayden ließ seine Gegner links liegen und wollte sofort zu mir. Sein
Leichtsinn, seinem Feind den Rücken zuzukehren, rächte sich, weil der Engel es
schaffte, seine Hände zu packen und hinter seinem Rücken zusammenzuhalten. Jetzt
war der Schwarzhaarige auch ein Gefangener. Gott sei Dank teilten die anderen
sein Schicksal nicht, auch wenn ich bemerkte, dass ein paar der Vampire wieder
blutende Wunden hatten und erschöpft wirkten.
„Ich ziehe meinen nicht vorhandenen Hut vor euch. Euer
Widerstand – so sinnlos er auch gewesen sein mag – hat doch einige Verluste bei
uns zur Folge gehabt“, sagte der Albino mit einem triumphalen Grinsen in die
Runde. Die Kämpfe fanden zwar noch statt, nichtsdestotrotz hatte er genug
Publikum, das sich ihm und mir zugewandt hatte und sich eher sekundär mit
Kämpfen befasste. Meine Angst wich Wut, vor allem, als die Erkenntnis in meine
Gedanken sickerte, dass, sollten wir jetzt unwiderruflich verlieren, jeder der
Familie Phynix über kurz oder lang sterben würde, und mit ihnen ihre Freunde. Diese Menschen – meiner Meinung nach verdienten sie diese Bezeichnung mehr als
jeder andere – nahmen mich bei sich auf, gaben mir wie selbstverständlich das
Gefühl dazuzugehören und – Ayden allen voran – Liebe. Das war wesentlich mehr,
als ich in meinem ganzen Leben erfahren hatte, bevor ich nach Neuseeland
gekommen war. Und dieses neue Leben, meine neue Familie wollte der Albino
auslöschen. Ich senkte den Kopf, schloss krampfhaft meine Augen und ballte
meine Hände so heftig zu Fäusten, dass meine Fingernägel mir fast schon blutig
ins Fleisch schnitten. Das würde ich nicht zulassen und wenn ich zum ersten Mal
alleine würde meine Kräfte einsetzen müssen. Mein Herz rief mir
unmissverständlich zu: Für diese Familie werde ich, wenn nötig, noch einmal
sterben ...
Das Licht
der Hoffnung?
Ich fühlte mich
irgendwie ... zwar auch hilflos, aber vor allem elend. Mein ganzes Sein wollte
unbedingt Leyla retten, schrie danach, sie von diesen Ketten zu befreien und
sie endlich vor überhaupt allem Leid zu beschützen. Ich wollte das schon die
ganze Zeit, doch war ich immer unfähig, sie tatsächlich zu beschützen. Diese
Erkenntnis ließ mein Herz bluten und schürte meine Wut noch mehr. Diese
Unfähigkeit zerriss mich innerlich, aber mehr war es der Anblick Leylas, wie
sie angekettet von dem verfluchten Engel den Kopf hängen ließ. Offensichtlich
war sie auch von Hilflosigkeit geplagt, so wie sie ihre Hände geballt hatte.
Ich hätte mich vermutlich von dem Engel befreien können, der mich festhielt,
aber dieses Wesen machte mir unmissverständlich klar, dass es sofort sein
Element benutzen würde, sollte ich Anstalten machen, mich befreien zu wollen.
In meiner momentanen Situation, in der ich meine speziellen Kräfte nicht
benutzen konnte, wäre ich nicht in der Lage, mich zur Wehr zu setzen. Außerdem
fing ich die warnenden Blicke Kenneths auf, der sich mit Sophie bereits in meine
Richtung durchkämpfte.
Schneller , dachte ich mit
nervösem Blick auf Leyla, die sich nicht mehr gerührt hatte. Hatte der Engel
mit den acht roten Flügeln sie irgendwie in Bewusstlosigkeit fallen lassen?
Hatte sie Schmerzen? Ich wurde schier wahnsinnig vor Sorge und baute meinen
Hass auf den Albino und seine verfluchten Engel in schwindelerregende Höhen auf
und war doch dazu verbannt, nichts tun zu können.
„Beenden wir dieses
Trauerspiel!“, rief der Albino, dessen blutroter Blick meinen hasserfüllten
gekreuzt hatte. „Tötet die Vampire! Bis auf den Letzten!“ Seine Wesen taten
sofort, was ihnen geheißen und mir wurde mit einem eisigen Schauer bewusst,
dass sich
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