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Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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grollendes, unheilvolles Knurren. Der Kiefer klappte unüberhörbar zusammen.
    Der Drache sprach: »Stelle dir Folgendes vor, Barb: Einer der Unsrigen pflückt deinem besten Freund erst die Arme und danach die Beine aus, wie du es mit Büschen und Bäumen zu tun pflegst. Ist das geschehen, spielt er ein bisschen mit dem Rumpf, schiebt ihn hin und her wie ein Spielzeug, schmirgelt dem Hilflosen mit schuppiger Zunge die Haut ab, schnauft ein wenig Wärme auf das rohe Fleisch, flammt ab, was lästig ist, Haare, Fell, Auswüchse und endlich, endlich nimmt er sich aus dem angebratenen Fleisch die Eingeweide. Stelle dir das vor und du kennst die Zukunft der Barbs.«
    »Warum? Was haben wir euch angetan?«
    »Ihr habt, was wir benötigen. Wir werden es finden. Ihr spürt es, wenn auch von Ferne. Ihr nennt es den Ärger. Das ist seine Schwingung.«
    »Dann seid ihr für den Ärger verantwortlich?«
    »Es ist der, der kommen wird, um Mythenland zu verändern.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Bob verzweifelt.
    Der zweite, etwas kleinere Drache schlängelte sich mit der ekelerregenden Geschwindigkeit eines Nacktsalamanders an dem Sprecher vorbei. Er leckte sich über die Klauen. Instinktiv wusste Bob, dass es sich um ein Weibchen handelte. Ihre muskulösen Flanken hoben und senkten sich. Ihre Schwanzspitze zuckte wie bei einer Raubkatze kurz vor dem Angriff. Bob beobachtete fasziniert, wie sich das Wesen aufrichtete und ihn mit zischelnder Zunge aus rubinroten Augen ansah. Die Augen schienen sich zu weiten. Ihm war, als würde er in unendliche Tiefen hineingezogen und er konnte den Blick nicht abwenden, so sehr er es versuchte.
    »Ich dachte ... man sagt ... man sagt, Drachen seien weise Wesen. Edel und gut. Warum also wollt ihr uns alles dies zufügen? Das wäre doch nicht weise«, krächzte Bob.
    Ihre Stimmen waren in seinem Kopf, jedoch Bob verstand die Worte nicht. Sie waren wie ein harscher Wind und bereiteten ihm Schmerzen.
    Bob klammerte sich an die Sitzlehne und versuchte, die Vision wegzublinzeln. Seine Haare richteten sich auf wie Schneidgras im Sommer.
    »Nein, das ist nicht weise. Und warum wollt ihr uns vernichten? Nehmt, was ihr sucht und fliegt wieder davon!«
    Erneut erhielt er keine Antwort.
    Die Drachen falteten ihre Flügel auseinander. Wie Kanonenkugeln schossen sie hoch. Ihre Körper sprangen in die Unwetterblitze, kreisten dort, umzuckt von unzähligen Elmsfeuern und verschwanden als funkelnde Irrlichter in das Gewittergrau.
    Als Nächstes hörte Bob eine bekannte Stimme. Es war die von Bemtoc, dem Heiler: »Sein Herz scheint für eine Weile ausgesetzt zu haben. Sein Blutkreislauf wird versagt haben. Zu viel Ärger. Er wird wieder. Er hat eine zähe Konstitution.«
    Eine warme Hand lag auf seiner Stirn. Mit Mühe erkannte er Bama, deren besorgtes Gesicht Bände sprach.
    Hinter ihr, die Arme vor der Brust verschränkt, lehnte Bluma am Türrahmen. Ihr Gesicht war eine Mischung aus Trotz und Sorge. Der kleine Bamba weinte.
    Wird er ein guter Wareikenernter werden? Oder wird er bald sterben, jung, als Kind, das nie lernte, wie es ist, wenn der Stamm sein Zuhause aufgibt, wenn die Wurzel sich hochreckt, sanft zitternd, während von feinen Fasern Erdbrocken abfallen?, fragte sich Bob.
    Ich liebe euch! Ihr seid meine Familie!
    Bemtoc nahm Bama zur Seite. Er gab ihr Anweisungen, Bob solle sich ausruhen und dieses oder jenes trinken und essen.
    »Drachen«, keuchte er und versuchte, sich hochzustemmen.
    Bamas bestimmende Hand drückte ihn zurück. »Du musst schlafen, Liebster.«
    Das duldete keinen Widerspruch.
    Vielleicht hat sie recht , dachte Bob erschöpft und folgte ihrem Ratschlag.
     
     
     
    Hatten Elfen für gewöhnlich eine Ausstrahlung von Weisheit, Würde und Erhabenheit, ging diese bei Murgon mit einer dunklen Aura einher. Seine schwarze Robe, deren Saum ausgefranst war und über den Boden schleifte, gab sehr genau wieder, wie es in Murgons Seele aussah.
    Murgon schob die Kapuze zurück und sein fast schwarzes Gesicht wirkte durch die grellweißen schulterlangen Haare dunkler. Seine roten Augen musterten die hellhäutige Elfe, die an einem Tisch vor ihm saß.
    »Man sagt uns Dunkelelfen nach, wir seien bösartige Wesen«, meinte Murgon. Seine Stimme war die eines alten Mannes, sanft, tief und etwas krächzend. Sie stand im Gegensatz zu seinem sehnigen und athletischen Körper. »Dennoch legen wir Wert auf Ehre und Stolz, meine Liebe. Ich habe ein Versprechen gegeben und ich werde es halten.

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