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Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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sich auf die Haut und züngelte wie Feuer mit unzähligen Nagelspitzen über seinen Körper. Die aus Segeltuch gefertigten Kutten hielten einen Gutteil der Kälte ab, doch sie drang ihnen allen von unten über die Füße, dann die Beine hoch ins Fleisch. Sie hätten Hosen schneidern sollen, damit der eisige Griff keine Chance hatte. Nun war es zu spät dafür.
    Niemand wusste, wann die Nacht kam. Wenn dies geschah, würde die Kälte voraussichtlich zunehmen. Was dann? Noch kälter durfte es nicht werden.
    Sie alle würden erfrieren.
    Das Wrack sah aus wie ein Holzhaufen, über den wilde Tiere gestampft waren. Erstaunlicherweise hatte das Eis seinen Kampf gegen die Wing im selben Moment beendet, in dem das Zerstörungswerk komplett war.
    Fast, als lebe es.
    Als strecke es seine weißen Pfoten aus, um sie alle zu verschlingen.
    Hinzu kam die Ungewissheit ihres Standortes.
    Connor hatte mehrfach betont, dies könne nicht Mythenland sein. Falls dem so war - wo befanden sie sich? Warum hatte sich das schwarze Schiff im selben Augenblick, als er seine Tochter an Bord nehmen wollte, aufgelöst wie ein Trug? Wo war es jetzt? Wie ging es Bluma? Oder waren sie einem Zauber aufgesessen, der ihnen die Erfüllung ihrer Träume vorgaukelte?
    Nein! Daran mochte Bob nicht glauben.
    Bluma war genauso lebendig gewesen, wie er sie kannte, seit sie ein Säugling gewesen war. Ihre Augen hatten unverändert geblitzt - dennoch hatte ihn einiges irritiert. Doch das mochte nur die Veränderung gewesen sein, die das Erwachsen werden mit sich brachte.
    Aus den Augenwinkeln nahm Bob wahr, wie tapfer Bama sich um alles kümmerte. Sie hatte für jede der Amazonen ein gutes Wort, sogar Frethmar tätschelte sie den Arm. Je länger sie auf ihrer Reise waren, desto mitfühlender und uneigennütziger wurde sie. War das ihre Art, den Schmerz des Verlustes zu verarbeiten?
    Bob war ein einfacher Barb.
    Es lag ihm nicht, in die Tiefe zu blicken.
    Dennoch kamen ihm hin und wieder Gedanken, die er dankbar auffing, um einige davon verwirrt fallen zu lassen. Was er festhielt, betrachtete er von allen Seiten und manches verschloss sich ihm.
    Einmal hatte er gedacht, Fuure sei eigentlich wie eine Koppel, auf der Crocker grasten. Eine Insel hatte natürliche Grenzen, die noch kein Barb überschritten hatte. Trotzdem gab es Lieder, die sagten, sie seien von den Sternen gekommen. Und Sterne gab es viele, viel mehr als Inseln. Also hatten auch die Väter der Barbs ihre Grenzen überschritten - so wie Bob!
    Er war ein Grenzenüberschreiter!
    Das klang gut.
    Je mehr er sich dieser Grenzen bewusst wurde, desto weiter schienen ihm nicht nur Mythenland, sondern auch seine eigenen Gedanken und Wahrnehmungen.
    Er veränderte sich schnell. Von Tag zu Tag veränderte er sich, als sei er zuvor ein Baby gewesen, welches nun seine Umwelt erkundete.
    Da gab es schöne Ereignisse und Schlimme.
    Kälte war schlimm!
    Er stemmte sich gegen die Holzwand, die Frethmar mit seiner Axt abgehackt hatte und die nun auf dem Eis aufgestellt war. Sie war hoch und konnte auf Streben gestellt werden. Darüber wurde Segeltuch gespannt. Reste legten sie auf das Eis. So entstand eine winzige Behausung, in der sie sich zusammendrängen konnten, um gegenseitig Körperwärme abzugeben.
    Alle waren todmüde. Und durstig. Bob fragte sich, warum man bei Kälte so durstig sein konnte, doch es war so. Seine Lippen waren trocken.
    Lysas Amazonen schleppten Holz heran.
    Connor schuftete wie ein Gaul.
    Frethmar schlug Steine, bis Funken flogen. »Bei den Göttern, es gibt Magusfeuer! Warum haben wir das nicht?«, schimpfte er.
    »Wir machen nur selten Feuer an Bord eines Schiffes«, sagte Lysa entschuldigend.
    »Und wie macht ihr das?«, wollte Frethmar wissen.
    »Mit Magusfeuer!«
    Der Zwerg verdrehte die Augen. »Und wo ist das?«
    Lysa wies auf das Wrack.
    Niemand hatte Lust, den Holzhaufen zu durchsuchen, schon gar nicht, als es Frethmar gelang, das Feuer zu entfachen. Zuerst rauchte es, dann züngelten kleine Flammen hoch. Frethmar ging konzentriert vor und blickte stolz auf, als die Flamme hochschlug.
    Bobs erster Instinkt war, dorthin zu laufen, seine Hände über die Wärme zu halten. Er hielt sich zurück. Sie hatten genug Holz, mit dem sie die Nacht erhellen konnten - falls sie jemals kam. Notfalls konnten sie das ganze Schiff anzünden.
    Und die Nacht kam.
    War der Himmel vor drei Atemzügen noch grau gewesen, verdunkelte er sich, als hätte man ihnen ein schwarzes Tuch über die Augen gezogen.

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