Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
doch ich bin mir nicht sicher, ob das noch immer so ist.«
Er lachte hart und fuhr fort: » Ich stellte mir viele Fragen. Warum will mich ein Dämon aus Unterwelt töten? Ausgerechnet einen Mann, der alles tun würde, um Krieg zu verhindern? Warum, fragte ich mich, wollen meine Minister, dass ich ein Heer aufstelle, um Mythenland zu unterwerfen? Wem ist damit gedient? Es gäbe Tote, das Land würde verwüstet, alles würde in Hass und Zorn versinken.«
Jamus beugte sich vor und legte Rondrick eine Hand auf die Schulter, ähnlich wie es vor einer Stunde umgekehrt geschehen war. »Vielleicht hast du dein Schicksal erahnt?«
Rondrick nickte. »Ich mag ein naiver Mann sein - trotzdem glaube ich daran, dass ein Miteinander ohne Hass und Missgunst möglich ist. Es wird dann möglich sein, wenn wir uns auf unsere Ursprünge konzentrieren, auf alles das, was um uns herum ist und noch sein wird, wenn wir alle schon zu Asche oder Erde geworden sind. Wann endlich lernen wir Demut? Dankbarkeit?«
Er machte eine allumfassende Geste. »Seht hin, meine Freunde. Ist dies alles kein Grund zur Dankbarkeit? Dieses Tal zeigt uns, wie klein wir sind. Schaut hin und öffnet euren Geist, nein, zuerst öffnet eure Augen. Bäche, Seen, Berge und Auen, Wälder und Wiesen. Das, meine Freunde, ist die Natur, und die Natur sind wir. Wollen wir dieses Wunder gegen ein zweites Pferd, ein drittes Bett oder ein größeres Haus tauschen? Mehr, mehr und mehr wollen wir. Und vergessen dabei, woher wir stammen. Die Götter haben ihr Werk gut getan. Wir sind das Ergebnis großer Magie. Genügt es, die Götter anzubeten, um im gleichen Atemzug dem Anderen zu schaden und die Natur zu unterjochen?«
Egg beugte den Kopf und murmelte verschämt: »Ich wusste stets, welcher Mann du bist, Rondrick von Dandoria. Ich spürte deine Suche nach Harmonie. Ich erlebte deinen Kampf gegen deinen harten Vater und sah, wie du dich krümmtest, um ihm zu gefallen. Es war gut, dass er früh starb. Früh genug, damit du dich retten konntest.«
Rondrick sperrte den Mund auf.
Egg fuhr fort: »Bei allem Respekt, doch ich konnte deinem Weib nie etwas abgewinnen. Deshalb schwieg ich die meiste Zeit, nahm mich zurück, verbot mir das Wort. Es hätte zu Unfrieden geführt und zu Feindschaft, es sei denn, ich hätte mich für die flüsternde Intrige entschieden. Du hättest deinem Weib pflichtgetreu zur Seite stehen müssen, weil es das Protokoll erwartet, und jedes meiner Worte wäre sinnlos gewesen. Vermutlich hätte ich meinen Kopf verloren und niemandem wäre damit gedient gewesen. Ich wusste, dass die Stunde kommen würde, in der ich an deiner Seite sei. Bücher sind stille Genossen und doch sprechen sie eine deutliche Sprache. Sie sind der Mittler zwischen Einsamkeit und Lärm. Ich lernte Geduld.«
Rondrick legte erstaunt den Kopf schräg. Wer hätte das gedacht?
Jamus sagte: »Ich bin stolz darauf, dass du mein König von Dandoria bist. Ich kenne die Historie, denn sie ist mein tägliches Brot. Ich kenne tausend Lieder von Krieg, Missgunst und Leid. Kann von weinenden Müttern singen, die ihre Kinder im Krieg verloren und von Männern, die verkrüppelt nach Hause zurückkehrten und sich selbst ein Leben lang fremd blieben. Von brennenden Dörfern und versinkenden Schiffen. Von wütenden Dämonen und das Lied über die Oase Fardas, die man jetzt nur noch die Tote Wüste nennt. Seitdem Mythenland existiert, wurde es erschüttert von Kriegen. Es soll einige kleine Inseln geben, die davon verschont blieben, dort leben die Glücklichen.«
Egg winkte ab. »Dennoch sollten wir nicht in Träumerei verfallen. Stets drängt sich die Logik auf. Das Dämonenattentat auf den König geschah nicht ohne Grund. Ich wünschte, ich hätte einige Bücher dabei, um Antworten zu finden. Möglicherweise steht ein Krieg gegen die Sumpfer bevor, der Dandoria erschüttern wird. Niemand weiß, was Lady Grisolde plant, denn wir sind uns wohl einig, dass Balgers kleiner Feldzug ein Angriff auf den König war. Auch die Bedrohung aus dem Norden ist ernst zu nehmen. Man sagte, bei den Nordfesten mache sich ein Mann namens Korgath auf, ein neues Reich zu gründen, er plane, neuer Erzkönig zu werden.«
»Ein Gerücht«, sagte Rondrick.
Egg lächelte. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich spüre, dass im Moment viele Kräfte gegeneinander wirken. In diesem wunderschönen Tal kann man sehr schnell die Welt dort draußen vergessen - oder verdrängen.«
»Nun redest du wie meine Minister«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher