Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Mythen und der Magie mag alles möglich sein, vieles, was sich uns entzieht - dennoch frage ich mich, ob ihr euch nicht irrt.«
»Riesen irren sich selten.«
»Was macht dich so sicher, Talus?«
»Okor las dein Phantast, deine Gedanken, deine kristallin schimmernden Seelenfunken. Jedes Wesen besitzt diesen Funken und bei jedem ist er anders, individuell. Dein Seelenfunke ist identisch mit dem von Ronius. Absolut identisch.«
Jamus grinste. »Da können wir ja froh sein, dass Ron nicht als Schwein wiedergeboren wurde…«
Talus musterte ihn streng. »Geheimnisse, die enthüllt werden, fordern oft den Spott heraus, kleiner Mann.«
Der Barde wurde rot.
»Er meint es nicht so«, sagte Egg und blinzelte zum Riesen hoch.
»Obwohl die Vorstellung, ein grunzendes Schwein führe das Volk der Riesen in den Krieg …«
»Sei still!« sagte Rondrick. »Du beleidigst Talus.«
»So ist es!«, donnerte der Riese. »Für uns ist Ronius eine mythische Gestalt, fast ein Gott. Und Göttern lästert man nicht.«
Jamus räusperte sich und schwieg.
Egg lächelte. »Er ist ein Barde mit viel Einbildungskraft. Und er ist ein tapferer Mann. Verzeihe ihm.«
Talus grummelte wie ein sich näherndes Erdbeben. »Wir werden eine Entscheidung treffen müssen. Dafür brauche ich Okor. Ich gehe ihn suchen. Wenn wir zurückkehren, werden wir dir, Ron, wichtige Fragen stellen. Du wirst entscheiden müssen, wie es deine Aufgabe ist.«
»Was wollt ihr von mir wissen?«, fragte Rondrick.
»Das erfährst du früh genug, mein Häuptling. Deine Entscheidung soll spontan sein, direkt aus deiner Seele sprießen, ohne den Umweg über den Verstand zu gehen, der sie verwässert.«
Der Riese erhob sich und stapfte davon.
Sie blickten Talus hinterher.
Mutter Xentilor räumte ab und trug alles in eine Höhle, nicht unweit der von Talus.
Egg räusperte sich. »Wir müssen uns gedulden.«
»Dennoch«, sagte Egg »Dennoch geht mir eines nicht aus dem Kopf.« Er rieb sich die Stirn. »Symbylle.«
»Womit du recht hast, Bibliotheksmeister Egg T‘huton«, nickte Rondrick. »Ich begegnete ihr in meinem Traum. Sie saß auf einer Wiese und legte Sonnenblumenblüten vor sich hin. Als ich zu ihr ging, entzog sie sich mir. Ich glaube, das Mädchen spielt eine gewichtige Rolle in unserem Abenteuer.«
Jamus sagte: »Ist schon seltsam, nicht wahr? Wir schlafen selig, die Nacht vergeht, wir speisen und sind sogar bereit, Rondrick von Dandoria als Ron, den Häuptling der Riesen zu akzeptieren, dabei sollten unsere Gedanken zuerst um das Mädchen kreisen. Wo ist sie jetzt? Wie kommt sie hier her? Warum ist sie hier? Ich frage mich, wieso wir die Kleine so bereitwillig vergessen konnten?«
Sie schwiegen, bis Egg murmelte: »Vielleicht wollte sie das so.«
Sie blickten sich an.
Eine Horde Riesenkinder polterte vorbei. Die Riesenfüße wirbelten Staub auf und die Männer duckten sich. Einmal mehr fühlten sie sich wie Insekten. Rondricks Blick folgte den gigantischen Sprösslingen, glitt über die Berge und den saftigen Waldgürtel, verharrte auf den grünen Wiesen, schwebte über dem blauen Wasser eines Bergsees und kehrte zurück zu Jamus und Egg.
»Es ist wunderschön hier«, sagte Rondrick. »Noch nie habe ich mich der Natur so verbunden gefühlt. Man hat das Gefühl, alles, was die Götter zu bieten haben, vereine sich in diesem Tal.« Zwei Adler kreisten über ihnen, elegante Schatten vor einem von weißen Wolken getupften Himmel. Er schnüffelte. »Riecht ihr das? Es duftet nach Grün, nach blauem frischem Wasser, nach wildem Stein, nach Blüten, Holz und Leben.«
Rondrick lächelte schief. »Zuweilen stand ich hinter den Zinnen meiner Burg und blickte auf Dandoria hinunter. Ich liebe diesen Kontinent. Liebe seine verschiedenen Rassen und den Meinungsaustausch, der dadurch entsteht, den Frieden des Landes und die Natur. Sei es das Meer oder der feste Boden. Seien es die Auen, die Mischwälder, die Seen und Sümpfe, die wenigen Palmenhaine oder die Hügel, die uns von Lindoria, der Stadt der Östler, trennen. Ich liebe es, doch es genügte mir nie. Ich wünschte mir einen Weinberg, ein hübsches Haus, einen Barden, der mich erfreut, ein gutes Weib und den Einklang mit der Schöpfung, mit der Urkraft. Grisolde, mein Weib, hatte dafür kein Verständnis. Sie kommt aus einfachen Verhältnissen und genießt nun Reichtum und Macht. Sie ist ein Weib, dem ich inzwischen nicht mehr vertraue. Vielleicht, meine Freunde, dachte ich einst, sie zu lieben,
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