Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
seine Erinnerungen mitnehmen könne.«
»Klar ist«, sagte Jamus und verbeugte sich übertrieben. »Rondrick ist der Häuptling der Riesen. Er ist die Wiedergeburt des Ronius. Er besiegte Jorgol, den Sumpfriesen und bewies, dass man nicht töten muss, um ein Held zu sein.«
»Was letztendlich dazu führte, dass fünfhundert Jahre lang Frieden zwischen den Steinern und den Sumpfern herrschte«, sagte Egg. »Fünfhundert Jahre, die nun vergangen sind.«
»Dass alles ist ziemlich phantastisch, nicht wahr? Es könnten auch die Ideen eines Märchenerzählers sein«, sagte Jamus. »Wenn ich irgendwann zurückkehre und Lieder darüber singe, wird man mich auslachen oder entzückt sein. Je nach dem. Das ist ziemlich, na ja – abenteuerlich!«
»Noch ein Punkt«, sagte Rondrick und zeigte mit dem Finger auf den Barden. »Wie kommt ein Barde an Jungdrachen?« Seine Stimme klang strenger als gewollt und Jamus, der dies wahrgenommen hatte, starrte einen Augenblick auf den Boden, vermutlich, weil er sich erinnerte, den König von Dandoria vor sich zu haben.
Rondrick tat seine Strenge Leid und er legte Jamus eine Hand auf die Schulter. »Ich werde dir deine Tapferkeit nie vergessen, Jamus. Meine Leibgarde flüchtete, doch du hast mich mit dem Schwert beschützt.«
Jamus blickte auf. Seine Augen blitzten. »Ich würde es jederzeit wieder tun.«
Rondrick schluckte bewegt. Er drehte sich um.
Von draußen fiel Licht in die Höhle. Schritte polterten, grollende Stimmen näherten sich. Talus schob seinen gigantischen Körper herein.
»Aha, unsere Träumer sind erwacht. Ihr werdet hungrig sein. Kommt mit nach draußen. Es ist ein wunderbarer Tag. Mutter Xentilor hat Brot gebacken. Es wird euch munden. Dazu gibt es Beerensaft oder Quellwasser. Davon haben wir hier in den Bergen reichlich.«
Binnen kurzem saßen sie auf dem Dorfplatz und staunten ein ums andere Mal über die Dimensionen, von denen sie umgeben waren.
Rondrick sagte: »Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis sich mein Verstand daran gewöhnt hat.«
»Ja, man braucht seine Zeit«, sagte Jamus.
»Ich kenne kein Buch, in dem, ich davon lesen kann«, meinte Egg. »Es gibt Bücher über Zwerge, über Orks und Trolle, jedoch keines über Riesen. Ich frage mich, warum? Diese Giganten sind ein wunderbares Volk.«
Jamus kaute. »Das Brot schmeckt wunderbar. Es hat zwar die Größe eines Eselkarrens, doch Mehl ist Mehl.«
Egg reckte sich. »Habe selten so schmackhaftes Brot gegessen.«
Rondrick fielen einige Riesen auf, die sich seit gestern nicht bewegt hatten, andererseits gab es viele, die recht munter wirkten, unter ihnen Mutter Xentilor. Sie hatte gütige Augen, ein Gesicht wie ein Vollmond und trug ein Kleid, majestätischer als die Segel eines Zweimasters. Wenn sie sich bewegte, rauschte die Luft. Sie grummelte und tätschelte Talus‘ Rücken.
»Deine Mutter?« wollte Ronrick wissen.
Talus schüttelte den Kopf. »Meine Tante. Sie ist schon sechshundertzweiundzwanzig Jahre alt und sieht immer noch frisch und knackig aus, findet ihr nicht?«
»Doch, doch …«, beeilte sich Jamus zu bestätigen.
»Außerdem backt sie das beste Brot von Mythenland!«, sagte Talus stolz.
Egg sagte: »Das sieht man ihr an.«
»Ja«, fügte Rondrick hinzu. »Eine gütige Frau!«
Alles in allem wirkte das Leben im Tal der Riesen friedlich und beschaulich, fand Rondrick. Er fühlte sich wohl und gesättigt.
Talus schüttete sich einen Eimer Beerensaft nach und wischte sich gemütlich grunzend den Bart ab.
»Wo ist Okor?«, wollte Rondrick wissen.
Talus zeigte in die Runde. »Dort, wo er ist. Vermutlich streift er durch die Gegend. Sumpfriesen sind leidenschaftliche Wanderer. Dabei entdecken sie die Tiefen ihres Geistes.«
»Was er gestern Abend mit uns machte, war Magie, richtig?«, fragte Jamus.
Talus nickte. »So könnte man es nennen. Es gibt nur sehr wenige Riesen, die über diese Gabe verfügen. Sie sind gefragte Geschichtenerzähler. Die Zuhörer schließen ihre Augen und gehen mit Okor auf eine Reise in seine Phantasie. Dabei ist unwichtig, ob es sich um echte Erinnerungen oder Erfundenes handelt.«
»Der Kampf mit Jorgol war echt?«, fragte Rondrick.
»Aber selbstverständlich, Ron! Dein altes Ich besiegte ihn, wie du es erlebt hast.«
Rondrick schüttelte den Kopf. »Für dich und deine Leute scheint das alles völlig normal zu sein. Ich hingegen kann mich nicht einfach damit abfinden, dass ich der Ron bin. Die Wiedergeburt des Ronius. In einem Land der
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