Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
rannten, so schnell sie konnten. Bevor sie die Tür erreicht hatten, wurden sie vom Dokk gestellt. Sie fingen an zu heulen und Murgon schnarrte einen Befehl. Sofort machte der Dokk Platz. Sein Schatten flackerte im Fackelschein an der Wand.
»So muss man mit ihnen umgehen.«
Gwenael nickte hart. Mistviecher!
Im selben Moment rutschte eine schlangenartige Kreatur in den Raum. Ihre glitschig wirkende Haut glänzte grün und die drei Augen, welche auf der Nasenspitze saßen, blitzten weiß. »Großer Lord von Unterwelt – etwas Schreckliches ist geschehen.« Der wurmartige Oberkörper schnellte hoch und schaukelte, durch reine Muskelkraft gehalten, hin und her. Es handelte sich um Gropp, einen der Wissenschaftler, die in den Katakomben experimentierten.
Murgon zog die weißen Augenbrauen zusammen. »Raus damit, Gropp!«
»Der Manndämon ist entkommen.«
Gwenael fuhr ein eisiger Finger über den Rücken. Ihrem Bruder schien es nicht anders zu gehen. Sein Unterkiefer klappte runter. Gwenael fand zuerst ihre Sprache wieder. »Was willst du damit sagen?«
Durch die geöffnete Tür kam Kloorrk herein. Er musste sich bücken, um nicht die Decke zu berühren. Ein riesiger Körper mit einem kleinen Kopf und langen, zarten Fingern, mit denen er einige Wesen so lange gekitzelt hatten, bis denen die Luft wegblieb und das Herz aussetzte. »Der Sanfte Jack wurde schwer verletzt. Eine Tür ist auf ihn gefallen. Die Wachsoldaten sind tot. Der Dämon ist geflüchtet - und mit ihm das Mädchen von Fuure!«
»Die Barb?«, brüllte Murgon. »Die Barb ist verschwunden? Wo sind sie hin? Wie konnte das geschehen? Bringt mir die Soldaten.«
»Wie gesagt, Herr. Sie sind tot. Der Dämon hat sie ...«
»Bringt mir irgendwen. Wo sind sie? Ich muss dieses Barbmädchen haben.« Nun kreischte er. »Ich muss sie haben!«
Gwenael, der die Spucke wegblieb, musterte ihren Bruder mit großen Augen. Noch nie hatte sie ihn so aufgelöst erlebt. Er führte sich auf wie ein kleiner Junge, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte. Mitleid und Zärtlichkeit strömten durch ihre Adern und am liebsten hätte sie Feiniel – nein, Murgon! – in den Arm genommen.
Die Überbringer der schlechten Nachrichten wanden sich in Furcht und die Trolle hockten zusammengesunken neben der Tür, bewacht vom Dokk und den Ghulen, die sich vermutlich auf ein leckeres Fresschen freuten. Wenn Gwenael sich richtig erinnerte, handelte es sich bei diesen Türwächtern nicht um Vampirdiener, sondern um Leichenfresser. Kein Wunder, dass sie nach Aas stanken.
Wenn sie sich nicht einmischte, würde es gleich ein Blutbad geben.
»Wann ist das geschehen?«, fragte sie, um Fassung ringend.
»Wir hörten soeben davon. Es dauerte eine Weile, bis es sich herumsprach. Der Dämon und die Barb halten sich in den Stollen und Höhlen von Unterwelt versteckt. Wir wissen, dass sie den Übergang nicht benutzt haben«, meinte Gropp mit belegter Stimme.
Murgon setzte sich auf den thronartigen Sessel und seine schlanken Finger trommelten auf die Lehne. Er beugte sich vor und sein stechender Blick fesselte die Anwesenden. »Bringt mir die Beiden.« Er nahm eine kopfgroße Sanduhr und stülpte sie um. »Wenn dieser Sand verronnen ist, möchte ich, dass die Flüchtigen gefasst sind. In Mythenland ist das die Dauer einer Nacht. Hier ist es die Zeit, die euch bleibt, um zu überleben. Macht, dass ihr davon kommt.«
»Wir?« fragte Kloork fassungslos.
Murgon hob die rechte Hand.
So schnell sie konnten, huschten Gropp, Kloorrk und die Trolle davon. Der Dokk folgte ihnen und die Ghule schlossen die Tür. Sie hinterließen eine frische Brise der Erleichterung und Gwenael atmete tief durch. Sie verabscheute es, wenn Murgon tötete.
»Sie werden die besten Dämonen und Soldaten aufbringen, um die Beiden zu finden«, sagte sie. »Außerdem gibt es die Dokks. Sie haben sehr feine Nasen.«
»Alles Unsinn. Sie werden gar nichts tun, denn sie sind Wissenschaftler. Sie werden sich in Furcht winden, weil sie hilflos sind.«
»Und warum die Sache mit der Sanduhr?«
Er grinste scharf. »Weil es Spaß macht!«
Sie unterdrückte ein Schaudern. »Was willst du tun, um die Flüchtenden zu finden?«
»Ich setze meine Geheimwaffe ein. Sie wartet in den Verliesen. Sie wird erfreut sein, einen Auftrag zu bekommen. Wenn einer die Beiden schnappt, dann er.«
»Er?«
»Später mehr dazu, Gwenael.«
Sie wusste, es war besser, wenn sie jetzt schwieg.
Murgon sagte grimmig: »Ich bin zu gutmütig, das ist das
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