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Im Schatten der Gerechtigkeit

Im Schatten der Gerechtigkeit

Titel: Im Schatten der Gerechtigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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noch einmal. Julia machte Anstalten, etwas zu sagen, überlegte es sich dann jedoch sichtlich anders. Monk sah, daß sie etwa elf, zwölf Jahre älter war als ihre Schwester, und verspürte den heftigen Wunsch, sie in seine schützenden Arme zu nehmen.
    Marianne blickte auf ihre kleinen eckigen Hände, die sie im Schoß ihres gewaltigen Rocks rang.
    »Ich weiß nicht, wer es war«, sagte sie ganz leise.
    »Das wissen wir doch, Liebes«, sagte Julia rasch und beugte sich vor. »Deswegen ist Mr. Monk ja hier, um das herauszufinden. Sag ihm einfach, was du weißt – was du mir erzählt hast.«
    »Er wird auch nichts herausfinden«, protestierte Marianne.
    »Wie sollte er, wenn noch nicht einmal ich etwas weiß? Und wie auch immer, du kannst es nicht ungeschehen machen, selbst wenn du alles wüßtest! Was hätten wir schon davon?« Ihrem Gesichtsausdruck nach war sie fest entschlossen. »Ich werde niemanden beschuldigen!«
    »Natürlich nicht!« pflichtete Julia ihr bei. »Das wäre ja schrecklich für dich. Ganz undenkbar. Aber es gibt andere Mittel und Wege. Ich werde dafür sorgen, daß der Betreffende nie wieder in deine oder die Nähe einer anderen anständigen jungen Frau kommt. Beantworte einfach Mr. Monks Fragen, Liebes, bitte. Es geht doch um ein Verbrechen, das man nicht zulassen darf. Es wäre völlig falsch von uns, so zu tun, als spiele es keine Rolle!«
    »Wo waren Sie denn, als es passierte, Miss Gillespie?« ging Monk dazwischen. Er wollte sich nicht in eine Diskussion darüber verwickeln lassen, welche Maßnahmen man gegen den Betreffenden ergreifen wollte, hätte man ihn erst einmal entlarvt. Das war Sache der beiden. Sie kannten die Konsequenzen weit besser als er.
    »In der Gartenlaube«, antwortete Marianne.
    Instinktiv warf Monk einen Blick auf die Fenster, aber er sah nur das Sonnenlicht, das durch das Laub einer englischen Ulme drang, und dahinter das satte Rose eines Rosenstocks.
    »Hier?« fragte er. »In Ihrem eigenen Garten?«
    »Ja. Ich gehe oft zum Malen hinaus.«
    »Oft? So hätte also jeder, der mit Ihrem Tagesablauf vertraut ist, erwarten können, Sie dort zu finden?«
    Sie errötete angesichts dieses schmerzlichen Gedankens. »Ich … ich nehme es an. Aber ich bin sicher, daß das nichts damit zu tun haben kann!«
    Worauf er nicht antwortete. »Um welche Tageszeit war das?« fragte er statt dessen.
    »Ich bin mir nicht sicher. So gegen halb vier, denke ich. Oder vielleicht etwas später. Vielleicht vier.« Sie zuckte kaum merklich mit den Achseln. »Oder sogar halb fünf. Ich habe nicht auf die Zeit geachtet.«
    »War es vor oder nach dem Tee?«
    »Oh – ja, ich verstehe. Nach dem Tee. Ich nehme an, es muß also halb fünf gewesen sein.«
    »Haben Sie einen Gärtner?«
    »Der war es nicht!« sagte sie und fuhr dabei erschrocken auf.
    »Selbstverständlich nicht«, beschwichtigte er sie. »Sonst hätten Sie ihn ja erkannt. Ich frage mich nur, ob er jemanden gesehen haben könnte. Falls er im Garten war, könnte uns das vielleicht helfen; wir könnten feststellen, wo der Mann herkam, aus welcher Richtung, und vielleicht auch, wie er den Garten wieder verlassen hat. Vielleicht sogar die exakte Zeit.«
    »Ach so… ich verstehe.«
    »Wir haben einen Gärtner«, sagte Julia, der die Aufregung das Gesicht rötete, während eine gewisse Bewunderung für Monk ihre Augen aufleuchten ließ. »Er heißt Rodwell. Er ist drei Tage die Woche bei uns, immer nachmittags. Und es war einer seiner Tage. Morgen ist er wieder da. Sie könnten ihn fragen!«
    »Das werde ich«, versprach Monk und wandte sich wieder Marianne zu. »Miss Gillespie, hatte der Mann nicht irgend etwas, woran Sie sich erinnern? Zum Beispiel«, fuhr er rasch fort, als er sah, daß sie sich anschickte, dies zu bestreiten, »zum Beispiel, wie er gekleidet war?«
    »Ich… ich weiß nicht, was Sie meinen.« Die Hände in ihrem Schoß verknoteten sich noch fester, und sie starrte ihn mit zunehmender Nervosität an.
    »Trug er eine dunkle Jacke, wie sie ein Geschäftsmann tragen könnte?« erklärte er. »Oder einen Arbeitskittel, wie etwa ein Gärtner? Oder ein weißes Hemd, wie ein Lebemann?«
    »Oh.« Sie schien erleichtert. »Ja. Jetzt verstehe ich. Ich denke, ich erinnere mich da an etwas… etwas Helles.« Sie nickte, als sie sich sicherer wurde. »Ja, ein helles Jackett, wie es Herren manchmal im Sommer tragen.«
    »Hatte er einen Bart, oder war er glattrasiert?« Sie zögerte einen Augenblick. »Glattrasiert.«
    »Erinnern Sie

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