Im Schatten der Königin: Roman
Todesangst gewöhnt, aber nicht, von einem Menschen, an dem ihm lag, verlassen zu werden, und er wusste nicht, wie er damit fertig werden sollte.
Als ich mir später ein neues, frisch gesatteltes Pferd und den Packesel aus den Ställen bringen ließ, erschien er überraschend hinter mir.
»Himmelherrgott, Vetter Blount!«, sagte er. »Für eine Reise nach Kidderminster nimmst du ein besseres Tier.« Er wies auf Black Surrey, seinen wertvollsten Zuchthengst, den er selbst eingeritten hatte; Robin kannte sich von Kind an besser mit Pferden aus als alle anderen Mitglieder seiner Familie zusammen. Es war der eine Bereich, in dem man ihm nie mangelnde Geduld oder zu wenig Einfühlungsvermögen vorwerfen konnte.
»Ich werde ihn vielleicht nicht zurückbringen können.«
»Dann mag das so sein«, sagte er. »Er wird dir helfen, Stuten und deren Fohlen glücklich zu machen. Und die Menschen, die sich an ihnen erfreuen.«
Ich dachte daran, wie er mir einmal, in einem anderen Stall und vor vielen Jahren, eine Orange gegeben hatte, und obwohl sich an meinem Entschluss nichts änderte, für immer nach Kidderminster zurückzukehren und ihm nie die volle Wahrheit über den Tod seiner Gemahlin zu erzählen, wurde mir bewusst, dass meine Zuneigung zu ihm immer noch vorhanden war.
»Wir haben alle noch einmal die Gelegenheit bekommen, neu anzufangen, Robin«, sagte ich. »Auch du. Und ich wünsche dir Glück dabei.«
Er umarmte mich. »Danke. Für alles.«
So ließ ich ihn zurück. Auf dem Weg schien es mir, als sähe ich auf der Straße aus Richtung Windsor ein paar Reiter, doch ich verweilte nicht, um herauszufinden, um wen es sich handelte. Ich hatte schon zu lange gewartet.
Ich brauchte mehrere Tage, bis ich in Kidderminster eintraf. Es war Spätnachmittag, und ein Leiterwagen voll mit frisch geernteten Äpfeln fuhr gerade in den Innenhof meines Gutshauses ein. Meine Gemahlin und mehrere Mitglieder des Gesindes mussten auf ihn gewartet haben, denn ich fand sie dort vor.
Die warme Septembersonne legte weiche Schatten auf Margerys Gesicht. Einen Moment lang stellte ich mir vor, was für ein Gefühl es wäre, sie so reglos und starr zu sehen wie Amy in der Kapelle von Cumnor, und die Dankbarkeit dafür, dass sie am Leben war, überwältigte mich. Sie stemmte die Arme in die Hüften, schaute auf zu mir und schüttelte den Kopf.
»Schau dich an, Hemd und Hosen ganz durchgeschwitzt«, tadelte sie mich, doch auf ihren Lippen lag ein Lächeln. »Du musst ja wie der Teufel geritten sein, Tom. Was hast du dir nur dabei gedacht? Du bist doch kein junger Mann mehr. Gleich kommst du mir ins Haus, und ich werde dir ein Bad bereiten lassen.«
Ich schwang mich aus dem Sattel und ignorierte das Ziehen im Rücken, das unterstrich, wie recht sie hatte. Stattdessen nahm ich sie in die Arme und sagte: »Ich habe endlich gelernt, auf das zu schauen, was zu meinen Füßen liegt, Margery, und du wirst nie mehr befürchten müssen, dass ich dich allein auf solchem Grund und Boden zurücklasse.«
»Tom Blount«, sagte meine Gemahlin, »das will ich doch hoffen.«
Nachwort der Autorin
I ch beschäftige mich schon über zwanzig Jahre mit Elizabeth I. und ihrer Zeit – und natürlich habe ich oft darüber nachgedacht, einen Roman über sie zu schreiben. Nun, mit diesem Wunsch stehe ich nicht alleine da, und weil ich Susan Kays 1985 erschienenen Roman Legacy ausgesprochen gut finde, kam es für mich nicht in Frage, einen weiteren biographischen Roman über diese außergewöhnliche Königin zu schreiben.
Das Krönungsporträt von Elizabeth I., die nach ihrer Thronbesteigung sagte: »Es wird hier am Hofe keinen Herren geben und nur eine Herrin.« Das Gemälde entstand zu Beginn des 17. Jahrhunderts und basiert auf dem verlorenen Original; beide Maler sind unbekannt.
Elizabeth I. war in einer äußerst gefährlichen Zeit eine intelligente Überlebenskünstlerin – nur so konnte sie es überhaupt auf den Thron schaffen – und eine Vollblutpolitikerin im guten wie im schlechten Sinn. Es gelang Elizabeth, über vier Jahrzehnte an der Macht zu bleiben und dabei den zerrissenen, maroden Staat, den sie übernahm, in eine Epoche kultureller und politischer Blüte zu führen: eine Epoche, die nicht umsonst ihren Namen trägt. Das Bibelzitat, das Elizabeth sich als Motto ihrer Krönung heraussuchte, mag einerseits wie eine Rechtfertigung des eigenen Daseins klingen: »Der Stein, den die Bauleute verwarfen, ist zum Eckstein geworden.« Aber
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