Im Schatten der Königin: Roman
die erste Schauspielertruppe eine Lizenz – und zwar, weil sie Robert Dudleys Patronage erlangte. Natürlich gab es vorher schon Schauspieler, aber ohne Patron hatten sie nur den Rechtsstatus von Vagabunden; deswegen war es für sie enorm wichtig, einflussreiche Gönner zu erlangen, zu deren Haushalt sie nominell gehörten. Später baute der Chef dieser Truppe, James Burbage, das erste feste Theater in London – weil es noch das einzige war, schlicht und einfach Theatre genannt –, und sein Sohn Richard Burbage wurde Shakespeares prominentester Hauptdarsteller (der erste Hamlet, Richard III., Heinrich V. und so weiter).
Ich überlegte mir zuerst, ob ich James Burbage zu Thomas Blounts Begleiter machen sollte, aber ich wollte die Leser um sein Schicksal bangen lassen, und bei Burbage hätten zumindest die Theaterkundigen gewusst, dass der Mann noch eine Zukunft hatte und tatsächlich die Patronage bekommen sollte, die er sich erhoffte.
Auf den Spuren einer Königin: Tanja Kinkel im Tudor-Garten von Hampton Court, dem Lieblingsschloss von Heinrich VIII.
Eine Frage, die ich in meinem Roman nicht beantworte, die mir aber von den meisten Lesern im Verlag gestellt wurde, die Im Schatten der Königin bereits aus seinem ersten Manuskriptstadium kennen, ist die, ob Robin Dudley Elizabeth wohl wirklich geliebt hat. Nun: Der spätere Earl of Leicester hatte lange Zeit bei den Historikern das Problem, dass man das Wort »Günstling« im Gegensatz zu »Mätresse« immer negativ oder zumindest leicht verächtlich besetzt. Erst ab dem 20. Jahrhundert kamen Biographen zu einem sehr viel positiveren Bild von ihm; Sarah Gristwood, Autorin der jüngsten Leicester-Biographie, weist daraufhin, dass er öfter an Ratssitzungen teilnahm als jedes andere Kronratsmitglied (mit Ausnahme von William Cecil und Elizabeths Vetter Francis Knollys), seinen durch Elizabeth gewonnen Status als Politiker und Diplomat stetig nutzte (und zwar konstruktiv, im Gegensatz zu seinem Stiefsohn, Robert Devereux, dem Earl of Essex, der nach Robins Tod zu Elizabeths Alterstragödie werden sollte) und sein Geld einsetzte, um einer der wichtigsten Patrone für Wissenschaftler und Künstler im Land zu werden.
Natürlich war Robin, wie die meisten Männer seiner Zeit und wie Elizabeth selbst, immens ehrgeizig. Ich hätte um alles in der Welt nicht mit ihm verheiratet sein mögen. Die Rolle des Onkels und Vaters lag ihm übrigens mehr als die des Ehemanns: Seine Nichten und Neffen vergötterten ihn nachweislich, und in einer Zeit, in der Adlige Kleinkinder eigentlich meist erst zu Ammen und dann in andere Haushalte gaben, kümmerte er sich ungewöhnlich intensiv um seinen Sohn aus zweiter Ehe.
Ob Robin Elizabeth den Hof gemacht hätte, wenn sie nicht Königin gewesen wäre? Schwer zu sagen; von dem Zeitpunkt ihrer Krönung an war er gewiss nicht in der Lage, an sie zu denken, ohne den Umstand, dass sie die mächtigste Person im Land war, mit einzubeziehen. Aber sie kannten einander schon von dem Zeitpunkt an, als Elizabeth acht Jahre alt war, bei Hof nur »der kleine Bastard« genannt wurde und kaum Freunde hatte. Ihre Beziehung hielt nach der Erschütterung durch den Tod von Amy, der jede Hoffnung, die er sich auf eine Ehe gemacht haben mochte, ein für alle Mal zerstörte, noch über dreißig Jahre bis zu seinem Tod. Ob man das von seiner Seite aus nun wahre Liebe oder wahre Freundschaft nennen kann, weiß ich nicht, aber die wichtigste Beziehung in seinem Leben war es bestimmt.
Für Elizabeth war Robin mit Sicherheit, von England einmal abgesehen, ihre große Liebe.
Tanja Kinkel im November 2009
Die Unterschrift der Königin
Bibliographie
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Sands, Kathleen R.: Demon possession in Elizabethan England.
Stretton, Tim: Women waging law in Elizabethan England. Cambridge 1998.
Stammbäume der Familien Tudor,
Dudley und Blount
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