Im Schatten des Dämons
waren
dekoriert: Holzblas-Instrumente wie Fagott, Quer- und Piccolo-Flöte, Klarinette
und Oboe; Blechblas-Instrumente, nämlich Waldhorn, Baßtrompete und Zugposaune;
eine Pedalharfe, Bratsche, Geigen und Kontrabaß.
Gaby freilich wollte ihre Gitarre
abholen.
Emil und Margot Glockner, die Eltern,
hatten entschieden, daß es an der Zeit sei, die musikalische Ausbildung der
einzigen Tochter voranzutreiben.
Das fiel auf fruchtbaren Boden. Zumal
Gaby schon des öfteren auf der spanischen Gitarre ihrer Freundin Liese-Marie
Kornpäsche gezupft hatte — und das mit Begeisterung.
Hinzu kam ein weiterer Glücksumstand.
Mit Julia von Pritznitzky stand eine
vielgelobte Gitarrelehrerin zur Verfügung. Julia war außerdem, wie Gaby, Mitglied
im Tierschutzverein — und ganze 24 Jahre jung, also keine vertrocknete
Privatlehrerin.
Julia beriet, welches Instrument
anzuschaffen sei; und die Bestellung wurde bei den Wiholds aufgegeben, denn
auch die taten sich durch engagierten Tierschutz im Verein hervor. Ihr
Rauhaardackel hieß Struppi.
Tim, der manchmal als Gast-Tierfreund
zur Vereins-Versammlung mitdurfte, kannte die Wiholds von dorther.
Er folgte seiner Freundin.
In der Musikalien-Handlung war es
schattig und kühl.
Daß dicke Luft herrschte, merkten die
beiden Jung-Kunden nicht sofort.
Robert Wihold stand neben einem
Klein-Klavier, auf das er sich mit einer Hand stützte.
Der Kunde, Typ — oder was auch immer —
postierte sich bei einem Kontrabaß, dem er figürlich glich.
„Tag, Herr Wihold“, sagten die beiden
Jugendlichen im Chor.
Der sonst so freundliche Mann nickte
nur. Sein schmales Künstlergesicht war totenbleich.
Nanu! dachte Tim. Da liegt wohl eine
Beschwerde an. Dröhnt die Kesselpauke nicht richtig? Oder kommt bei den
Tschinellen das... Tschin... nicht?
Der Kontrabaß-Typ war groß und
fleischig, sein Anzug edelster Edelknitter. Den massigen Schädel bedeckten vorn
unten Bartschatten, oben ebenmäßig gestutzte Rest-Stoppeln.
Rund um eine glimmende Zigarre blinkten
goldüberkronte Zähne. Aber es war kein Lächeln, eher ein Geblecke.
Tim und Gaby wollten beiseite treten
und bei den Saxophonen warten, bis die Reihe an sie käme.
Aber im Hintergrund wurde die Tür
PRIVAT geöffnet, die zur Wohnung führte.
Kathi Wihold winkte den beiden.
„Da seid ihr ja. Der Tee ist schon
fertig. Kommt her! Na, kommt!“
An eine Einladung zum Tee konnten sich
die beiden nicht erinnern.
Natürlich folgten sie der Aufforderung.
Tim bemerkte beim Nähergehen, daß Kathi
Wihold so bleich aussah wie ihr Robert.
Ein schlechtes Zeichen! Denn sie war
ein südländischer Typ, bräunte leicht und ganzjährig. Sogar unter der
Straßenlaterne, wie sie scherzhaft zu sagen pflegte.
Mit ihren 55 Jahren war Kathi etwas
jünger als ihr Mann: eine schlanke, immer noch hübsche Frau mit großen dunklen
Augen und kleiner Geschmacksverirrung. Sie färbte sich blond. Doch das sah
nicht halb so gut aus wie ihr natürliches Silbergrau.
Hinter der Tür PRIVAT war die Diele zum
Treppenhaus.
2. Wihold will nicht verkaufen
Kathi zog die Tür zu, kaum daß die
beiden über die Schwelle waren.
„Pst!“
Das Schloß war nicht eingerastet.
Ein fingerbreiter Spalt ermöglichte,
daß man von hier aus mithören konnte, was im Verkaufsraum geredet wurde.
Gaby machte große Augen, und die
Kratzigkeit war weggeblasen.
„Nein“, hörte Tim. „Ich verkaufe
nicht.“
Robert Wiholds Stimme zitterte
unmerklich. Fest klang sie trotzdem.
Eine kurze Stille folgte.
Kathi blickte auf den Türspalt. Eine
Ader am Hals klopfte, zeigte an, daß der Puls erhöht war.
„Ich würde nochmal darüber nachdenken,
Wihold“, erwiderte der Kontrabaß-Typ. „An Ihrer Stelle! Ich biete einen
anständigen Preis für diese Bude.“
„Was Sie Bude nennen, ist mein
Elternhaus. Seit sechs Generationen sind die Wiholds hier daheim. Es ist ein
wunderschönes altes Gebäude. Unter Denkmalschutz müßte man es stellen. Jawohl!
Aber sowas interessiert Sie nicht, Bonzemann. Sie wollen es abreißen.“
„Na und? Ist das Beste, was ihr
passieren kann, der alten Bude.“
„Für mich, Bonzemann“, Roberts Stimme hob
sich, „sind Sie ein verachtenswerter Baulöwe, ein Spekulant, dem nichts heilig
ist, der nur nach Profit schielt. Oja, ich weiß. Hier soll eine
Luxus-Wohnanlage entstehen. Mit Luxusgeschäften für die Superreichen, die sich
kurze Wege wünschen: von den eigenen vier Wänden zum Golfplatz, zum Gestüt.
Sie, Bonzemann, haben schon
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