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Im Schatten des Elefanten

Im Schatten des Elefanten

Titel: Im Schatten des Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elio Vittorini
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der ich sie in einem Zuge weiß auf der Fahrt durch ein Wäldchen. Und doch suche ich hier zu empfinden, wie eine Zeit sein würde, da man nun wirklich Elefant wäre. Also anders, als der Großvater es gewesen sein mag? Anders, als der Großvater es sein mag?
    Mein Stück Brot von heute morgen (das ich meinem Bruder Euklid verdanke) habe ich bei mir, und ich bewege mich ganz unter Blattwerk und Tau, erquicke mich an Tau, erquicke mich an Blattwerk, und im Fortbewegen denke ich, daß es wundervoll sein kann, – rote Beeren von Sträuchern sprenkeln bis unter meine Füße hin das Grün mit roten Korallen, und ringsumher aus der Wiese schnellt Gras empor, spritzt, springt hervor in fächerförmiger Bewegung, die knisternd wechselt von Gras zu Grille und von Grille zu Gras, von Grille zu Tau, von Grille zu Blatt.
    Aber ich denke auch, daß es gerade hier so wundervoll wäre und nicht anderswo, nicht in Afrika, nicht in Urwäldern, – weil ja hier Stadt ist [unter Brennnesseln versteckt die Geleise] und weil man sich anschmiegt an die Stadt, nicht nur sich anschmiegt an die Pflanzenwelt; und so wünschte ich, daß in Wäldchen wie hier, bei Mailand, bei Paris, oder der Stadt von später und nicht von ehedem, eine Zeit käme, da man als Mensch elefantengleich wäre, heiter auf Elefantenweise, aber frei und niemandes Eigen, nicht hinter Gittern; selbst auf die Gefahr hin, schwerfällig zu sein, wie die Elefanten es sind; massig, plump, zigarrenrauchend wie sie, wenn sie Raucher wären; nicht zierliche Tänzer mehr oder Gaukler, wie wir es sind.
    Nicht ist es eine Zeit, die es gegeben haben kann. Es
    ist eine Zeit, die, wenn überhaupt, nur kommen kann. Ich wäre hier nicht einsam in einer solchen Zeit.
    Jetzt ist es eine Schandtat, mein Stück Brot von heute morgen aufzuessen. Ich raube es der Arbeit meines Bruders Euklid und dem Hunger meines Großvaters, dem Hunger unserer Kinder. Ich komme eigentlich hierher, um nicht gesehen zu werden, während ich es aufesse. Am Morgen, am Mittag bin ich hier, daß ich mich über den Wasserstrahl eines gußeisernen Brunnens bücke und unter dem Wasser einweiche, einweiche und esse; dann bücke ich mich tiefer und trinke, und wenn im Vorbeigehen ein Mensch mich sieht, macht es mir nur darum nichts aus, weil es ein Fremder ist. Ich würde erröten, wenn es einer wäre, den ich kenne.
    Hingegen in einer Zeit, die doch kommen möchte! Ja, dann! Wir würden gleichsam nur essen, um gesehen zu werden. Etwa so: um den anderen das Vergnügen zu bereiten, daß sie uns sähen.

    4

    Ich laufe jedoch Gefahr, mich gar vor meiner Mutter blicken zu lassen, während ich mein Stückchen Brot hier an einem kleinen Brunnen verzehre. Eine Frau kommt daher in einem Militärmantel von den Alliierten; groß ist sie, stattlich; noch frisch die Züge, aber weiß das Haar, eine Kiepe für Holz auf dem Rücken: und meine Mutter ist’s. »Mama!« rufe ich sie an.
    Mein Brot habe ich eingesteckt und gehe ihr durch das Farnkraut entgegen.
    »Bist du’s?« sagt sie zu mir.
    Sie mustert mich etwas mit forschenden Blicken aus ihrem Gesicht, das wegen der Kiepe geneigt ist, aus ihren strengen Augen; dann beginnt sie von neuem, Umschau zu halten unter dem Grün.
    »Kann ich dir helfen?« werde ich zu ihr sagen. Ich befürchte, sie hat mich bei vollem Munde gesehen, und ich werde es wissen wollen.
    »Hilf mir nur«, wird meine Mutter zu mir sagen. Und ich werde zu ihr sagen: »Bist du eben gekommen?«
    »So spät wohl nicht«, wird meine Mutter zu mir sagen. Und zu ihr werde ich sagen: »Ich bin schon seit einiger Zeit hier.«
    Da wird meine Mutter einen Augenblick schweigen: sie hat sich gebückt, hat abgepflückt und hinter sich in die Kiepe geworfen. »Ich weiß es«, sagt sie zu mir. Und ich werde zu ihr sagen: »Hast du mich gesehen? Warum hast du mich nicht gerufen?« Und meine Mutter: »War gar nicht nötig.« In diesem Moment werde ich ein Zichorienpflänzchen finden. »Auch ich kann finden«, sage ich zu ihr. Ich pflücke es ab. Aber ich ruhe nicht und will ihre Kiepe tragen.
    »Schön«, sagt meine Mutter.
    Sie läßt sie sich abnehmen, dann hilf sie mir in die Gurten.
    »Hat schon Gewicht«, sage ich. Es ist eine große Kiepe, die einen Zentner Holz fassen kann. Aber Zichorien sind leicht. »Wie kann sie nur so schwer sein? Dabei ist sie nicht einmal voll. Was hast du hineingetan?«
    »Wildgemüse«, wird meine Mutter sagen. »Was konnte ich anderes hineintun?«
    »Es scheint so, als seien Steine drin«,

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