Im Schatten des Fürsten
verwirrt.
Kalare lachte bitter. »Du erweist deinem Herrn gute Dienste, glaube ich, Serai. Früher oder später jedoch wirst du seinen Ring gegen einen anderen tauschen. Und du solltest sorgfältig darüber nachdenken, wem du möglicherweise als Nächstes dienen wirst.« Sein Blick wanderte zu Isana, und er fügte hinzu: »Und du solltest gut aufpassen, in wessen Gesellschaft du dich begibst. Die Welt ist ein gefährlicher Ort.«
Serai hob nicht den Blick. »Gewiss, Herr.«
Kalare wandte sich Isana zu: »Es war mir ein Vergnügen, dich kennen gelernt zu haben, Wehrhöferin. Und erlaube mir, dir eine gute Heimreise zu wünschen.«
Isana sah ihn an. »Gewiss, mein Fürst. Und glaube mir, wenn ich sage, dass ich dir in etwa das Gleiche wünsche.«
Kalare kniff die Augen noch enger zusammen, doch ehe er antworten konnte, trat ein Diener im Grau und Grün seines Hauses zu ihm und brachte ihm ein gefüttertes Wams und ein hölzernes Übungsschwert. »Herr«, murmelte er und verbeugte sich. »Dein Sohn erwartet dich, und die Fürsten Aquitania, Rhodos und Forcia stehen als Zeugen bereit.«
Kalare sah den Diener scharf an. Der Mann erbleichte und verneigte sich erneut.
Serai fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und blickte von dem Diener zu Kalare. »Fürst, ist Brencis schon alt genug, dass er um die Civitas kämpfen kann? Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er noch nicht einmal so groß wie ich.«
Kalare sah sie kaum an, sondern versetzte ihr einfach eine Ohrfeige. Isana wusste, mit seiner elementargestärkten Kraft hätte er Serai mit einem solchen Schlag töten können, doch es war nur eine Geste der Verachtung, und die Kurtisane taumelte bloß ein wenig zur Seite.
»Du verlogene Hure. Wage es nicht, mit mir zu sprechen, als stünden wir auf einer Stufe«, sagte Kalare. »Du bist in meinem Haus. Dein Herr ist nicht hier, um für dich zu sprechen. Denke also an deinen Rang, sonst werde ich dir das Kleid von der Haut peitschen lassen. Hast du verstanden?«
Serai erlangte sofort die Fassung zurück. Ihre Wange rötete sich, und ihre Augen wirkten ein wenig glasig und betäubt.
Im Garten hatte sich entsetztes Schweigen ausgebreitet, und plötzlich spürte Isana die Blicke aller Anwesenden, die zu ihnen herüberstarrten.
»Antworte, Sklavin«, sagte Kalare ruhig. Dann trat er auf Serai zu und hob die Hand erneut.
Plötzlich durchströmte Isana kalte Wut. Sie trat zwischen die beiden und hob den angewinkelten Arm, um Kalares Hieb abzufangen, falls er erneut zuschlagen würde.
Kalare zeigte die Zähne. »Was glaubst du eigentlich, wer du bist, Frau?«
Isana starrte ihn an, und der eisige Zorn verwandelte ihre leisen Worte in ein stählernes Schwert. »Ich halte mich für einen Civis des Reiches, mein Fürst. Ich glaube, einen anderen Civis zu schlagen gilt nach dem Gesetz als Beleidigung. Ich glaube, ich bin hier in der Hauptstadt, weil ich von meinem Patron, Gaius Sextus, dem Ersten Fürsten von Alera, eingeladen wurde.« Sie trat noch einen Schritt weiter vor, bis sie kaum mehr eine Handbreit von ihm entfernt stand. »Und, mein Fürst, ich glaube, du bist weder
dumm noch arrogant genug, um auch nur einen einzigen Augenblick anzunehmen, du könntest mich ohne ernsthafte Folgen einfach in aller Öffentlichkeit schlagen.«
Im Garten war nur noch das sanfte Plätschern der Springbrunnen zu hören.
Kalare wich ein wenig zurück, seine zusammengekniffenen Augen entspannten sich und wirkten nun eher schläfrig als misstrauisch. »Das glaube ich allerdings auch«, sagte er. »Trotzdem werde ich diesen Zwischenfall bestimmt nicht vergessen.«
»Dann hätten wir ja etwas gemeinsam, Hoheit«, erwiderte Isana.
Kalares Kinnmuskeln wurden wieder hart, und er presste durch die zusammengebissenen Zähne hervor: »Verlass sofort mein Haus.«
Isana neigte den Kopf gerade so weit, dass man es noch als Verbeugung deuten konnte. Sie trat zurück, nahm Serai am Arm und verließ mit ihr zusammen den Garten.
Anstatt zur Vordertür zu gehen, blickte sich Serai in der Halle um und führte sie zielstrebig in einen Seitengang.
»Wohin willst du?«
»Zur Küchentür im hinteren Bereich des Hauses«, erklärte Serai.
»Aber du hast Nedus und seinen Männern ausrichten lassen, sie sollen uns vorn abholen.«
»Das habe ich dem Diener gesagt, falls uns jemand belauscht«, meinte Serai. »Es ist besser, wenn uns niemand nach Hause folgt. Schließlich ist es Kalares Haus, und seine Diener werden ihm gewiss berichten,
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