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Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Titel: Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Rath
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ein Streitgespräch zwischen diesem Elbrand und einem Agenten der Iron Company aus Birmingham. Diese Company stellt sehr gute Eisenkräne her. Ich werde hingehen und mir die Sache anhören. Sicherlich werden alle von der modernen Technik des englischen Eisenkrans begeistert sein.«
    Nachdem Harms und die beiden Commis das Kontor verlassen hatten, musste sich Moritz, wie jeden Tag, über die Pulte und den Löschsand hermachen. Das störte ihn nicht, denn es war von jeher die Aufgabe des Lehrlings, das Kontor in einem ordentlichen Zustand zu hinterlassen. Und schließlich konnte er sich mit dem Gedanken trösten, dass der nächste Lehrling diese Aufgabe zu übernehmen hatte, wenn er selbst ein ausgebildeter Commis geworden war.
    Mit der Arbeit zu Hause war es jedoch etwas anderes. Hier war er als das jüngste Kind für den Ofen und das Wasser zuständig, und dass ihm diese Aufgabe irgendwann einmal abgenommen werden würde, war wenig wahrscheinlich. Also machte er sich auch an diesem Abend mit dem Eimer auf den Weg zur Twiete, um das Abwaschwasser in den Rinnstein zu kippen. Wieder schwoll das Rinnsal in der Straße zu einem Bach und dann zu einem Fluss an, bevor es sich in den Fleet ergoss. Und wieder war Jette Jacobsen da. Moritz schaute zu ihr hinüber. Er hob die Hand zu einem flüchtigen Gruß, einem sehr flüchtigen Gruß. Jettemusste ihn dennoch bemerkt haben, denn sie legte ihre großen Zähne frei und lachte Moritz an.
    Das war zu viel. Schnell griff er nach seinem Eimer und rannte in den Hof zurück. Erst am Holzschuppen hielt er an und lehnte sich gegen die Latten des Verschlags. Warum schaue ich immer nach Jette, dachte er verwirrt, wo ich sie doch schon seit ewigen Zeiten kenne? Und dann habe ich ihr heute sogar zugewinkt, wie peinlich. Hoffentlich hat sie es nicht gesehen. Natürlich hat sie es gesehen, sie hat sogar gelacht.
    Noch während er die steile Stiege hinaufkletterte, dachte er an Jette. Sie kannten sich wirklich schon lange. Als kleiner Junge hatte er mit ihr gespielt, wie auch mit den anderen Kindern aus den Höfen. Doch dann war es plötzlich anders geworden. Man spielte nicht mehr mit Mädchen, die waren so komisch geworden, ständig hatten sie etwas miteinander zu tuscheln und zu kichern. Anscheinend fühlte Jette auch kein Bedürfnis mehr, mit ihm zu spielen, sie waren sich aus dem Wege gegangen und sich schließlich fremd geworden.
    Doch nun hatte sich offensichtlich wieder etwas verändert. Jette war in die Länge geschossen, sah schon fast erwachsen aus, obwohl sie so dünn war. Und wenn sie ihn auf der Twiete mit ihren blauen Augen ansah, ziepte es ihm im Magen. Gleichzeitig hörte er ein Geräusch in den Ohren, als wäre die große Glocke von St.   Katharinen geschlagen worden. Er hätte sich gerne mit ihr unterhalten, würde es bestimmt auch irgendwann einmal tun   – aber keinesfalls heute, und morgen wahrscheinlich auch nicht.
    Mittlerweile war er im dritten Stock angekommen.
    »Nanu, Moritz«, sagte die Mutter, »heute kein Holz und keine Kohlen?«

5
    Während der Nacht hatte es kräftig geregnet, doch jetzt, am Morgen, zogen nur noch ein paar verirrte Wölkchen über den Himmel. Moritz schlenderte durch die Kühle des anbrechenden Tages zum Kontor. Er fühlte sich leicht, eine zitterige Aufgeregtheit hatte sich seiner bemächtigt, ohne dass er hätte sagen können, woher sie kam. Aber ungeachtet dieses schönen Tages würde er immer noch Feuer im Ofen machen müssen, denn in den dicken Mauern des Handelshauses hielt sich hartnäckig die Winterkälte.
    Er war nicht allein auf der Straße, aus den Höfen und Gängen strömten die Arbeiter zum Hafen. Nahezu alle kamen Moritz entgegen, in seine Richtung ging kaum jemand. Manche der Männer plauderten und lachten mit ihren Kollegen, andere trotteten müde und mit verschlossenen Gesichtern einher. Moritz blickte ihnen sehnsüchtig nach. Jetzt, wo es wärmer geworden war, wollte er mehr denn je umkehren und mit ihnen gehen. Dorthin, wo man den ganzen Tag an der frischen Luft arbeitete und unter seinesgleichen war.
    Obwohl Moritz am Abend zuvor die Pulte im Kontor hergerichtet hatte, kontrollierte er noch einmal die Tinte in den Fässchen, überprüfte die Spitzen der Federkiele und den Sand in den Dosen. Vor dem Pult des Kontorvorstehers schaute er sich aufmerksam um. Es war noch niemand im Kontor. Schnell nahm er den Deckel vom Fässchen und krümelte eine Prise Löschsand hinein. Der Sand würde sich an der Federspitze festsetzen

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