Im Schatten des Mondlichts - das Erbe
Naomi gähnte laut, schlurfte ins Wohnzimmer hinüber, wo sie sich aufs Sofa legte und die Augen schloss.
Nach dem Abendessen fuhr Roman in die Bar, wo er bis mindestens ein Uhr morgens arbeiten müsste. Daher verkroch sich Naomi bald in ihr Zimmer. Kai schlief friedlich in seiner Wiege neben ihrem Bett. Spätestens in vier Stunden würde er lauthals schreien und erst nach einem Fläschchen wieder einschlafen. Naomi strich Kai über die feinen Härchen, küsste ihn auf die Stirn und sog gierig den sauberen Babygeruch ein, den sie so sehr an ihm liebte. Niemals zuvor hatte sie einen derart reinen und weichen Duft wahrgenommen. Sie musste sich beherrschen, ihn schlafen zu lassen und ihn nicht zu sich ins Bett mitzunehmen, um weiter seinen betörenden Milchgeruch einatmen zu können. Schweren Herzens wandte sie sich ab, legte sich aufs Bett und starrte an die Decke.
Noch in dieser Nacht wollte sie mit Roman über einen Umzug nach Barcelona reden. Je früher, desto besser. Sie zog sich die Wolldecke bis unters Kinn, schielte nochmals zu Kai hinüber und schlief mit einem Lächeln auf dem Gesicht ein.
Naomi erwachte, als Roman sich über sie beugte und sie küsste. Sie schlug die Augen auf.
»Tut mir leid. Ich wollte dich nicht wecken.« Roman lächelte sie an. »Aber ich konnte nicht widerstehen.«
»Ich wollte sowieso mit dir reden. Bist du schon lange zu Hause?« Nach einem herzhaften Gähnen stopfte sie sich das Kopfkissen hinter den Rücken und spähte zur Wiege.
Roman nickte und legte sich zu ihr aufs Bett. »Kai schläft wieder. Nach seinem Fläschchen war er zufrieden, und ihm fielen gleich die Augen zu. Also, was gibt´s?«
Naomi nagte auf ihrer Unterlippe.
»Na, spuck´s schon aus.« Roman rollte sich zur Seite und sah sie aufmunternd an.
»Ich habe nochmals über Rominas Vorschlag nachgedacht«, begann sie zögernd. »Vielleicht ...«
»Aber du willst doch nicht zu ihr ziehen«, unterbrach er sie.
»Es geht dabei aber nicht nur um mich.« Naomi seufzte. »Wie denkst du denn darüber?«
Roman griff nach ihrer Hand. »Ernsthaft?«
»Ja. Ernsthaft.«
»Ich halte es für das Beste, was wir tun können. Versteh mich nicht falsch. Glücklicher als jetzt war ich noch nie. Doch auf Dauer?« Er setzte sich auf und lächelte sie an.
»Warum hast du nichts gesagt?«
Roman strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »In letzter Zeit ist so viel in deinem Leben geschehen. Ich wollte dich nicht drängen. Du solltest alleine zu einer Entscheidung finden. Darum habe ich dich in Ruhe gelassen.« Er grinste. »Allerdings dachte ich schon, du würdest dich nie entscheiden, wie es weitergehen soll. Bis Ende des Monats wollte ich dir noch geben, dann hätte ich die Zügel in die Hand genommen. Aber ich bin froh, dass es nicht so weit kommen musste.«
»Also wolltest du die ganze Zeit schon nach Barcelona?«
Roman nickte und zog sie in seine Arme.
Naomi kuschelte sich an ihn. »Und du hättest mich tatsächlich unter Druck gesetzt?«
»Nein. Ich hätte nur die Tickets gekauft, die Koffer gepackt und dich mitgeschleift.«
Naomi sprang auf. »Das hättest du nicht!« Sie griff nach dem Kopfkissen und warf es nach ihm.
Gekonnt wehrte er das Kissen ab, umschlang Naomis Taille, um sie zu sich zu ziehen. »Sei dir da mal nicht so sicher.«
Lachend fielen sie zurück in die Kissen. Roman küsste sie und flüsterte ihr gähnend ins Ohr: »Und jetzt wird geschlafen. Ich bin hundemüde.«
Zwei
Kai gluckste vor Vergnügen, als Naomi ihn auf ihrem Arm hielt und am Bauch kitzelte. Sie trat mit ihm zum Fenster und sah hinaus. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Ihre Mutter würde vermutlich wieder einen Kommentar loslassen, weil sie so lange geschlafen hatten. Aber es war Samstag und Roman sollte wenigstens an den Wochenenden ausschlafen. An diesen Tagen genoss es Naomi, ruhig neben ihm zu liegen und seine Nähe zu spüren.
Vor einer halben Stunde hatte sie Kai zu sich ins Bett geholt und ihn sich auf den Bauch gelegt. Sein Brabbeln musste Roman geweckt haben.
»Na, du Schlafmütze, endlich bist du auch aufgewacht«, sagte Naomi und küsste ihn. »Pass du auf den Racker auf.« Sie legte Kai auf Romans Brust und verschwand im Badezimmer.
Wenig später stand Naomi am Fenster und wartete ungeduldig, bis Roman endlich aus dem Bad käme, um gemeinsam ihrer Familie von ihrem geplanten Umzug nach Barcelona zu berichten. Im ersten Moment würde Leandra ein enttäuschtes Gesicht ziehen, weil sie es nicht vor Naomis
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