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Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Titel: Im Schatten des Mondlichts - das Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Bidell
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aus der Vergangenheit aufs Spiel setzen. Was geschehen ist, ist geschehen, und was ändert sich, wenn wir erfahren, warum wir anders sind? Nichts! Wir werden weiterhin jeden Vollmond in den Wald gehen, uns verwandeln und befürchten, dass man uns entdeckt. Je weiter ich von alldem weg bin, desto besser.«
    »Du machst dir was vor! Alleine schaffst du das nicht.« Leandra wandte sich ab. »Ich lege mich hin, mein Rücken macht mir wieder zu schaffen.«
    Nachdenklich blieb Naomi alleine in der Küche zurück. Vielleicht machte sie sich tatsächlich etwas vor. Und eventuell war sie wirklich nicht in der Lage, es ohne Hilfe zu schaffen. Die Ereignisse der letzten Monate zerrten an ihren Nerven.
    Vor noch nicht mal einem Jahr hatte sie sich nur darum gesorgt, kein Stipendium von ihrer Wunschuniversität zu erhalten. Wie unkompliziert war ihr Leben bis dahin gewesen. Und jetzt? Jetzt stand sie vor einem Berg Gemüse in der Küche ihrer Mutter, um das Abendessen für die Familie zu kochen, wo sie doch ihr Studentenleben mit Essen aus Pizzaschachteln und Konservendosen in einem anderen Land genießen sollte.
    Missmutig griff sie nach dem Messer und schnitt die Zwiebel in kleine Würfel.
    Würde sie die Uhr zurückdrehen, wenn sie es könnte?
    Vielleicht.
    Doch dann hätte sie eventuell Roman nicht kennengelernt und ein Leben ohne ihn wollte sie sich nicht vorstellen. Erschrocken über ihre Gedanken presste sie die Lippen zusammen und schüttelte unwirsch den Kopf. Auch wenn alles schief gelaufen war, nichts so gekommen war, wie sie es sich erträumt hatte, sie nicht mehr studierte und wieder in der Küche ihrer Familie stand, um nichts in der Welt würde sie auf ihren Sohn verzichten wollen. Unmöglich. Tränen füllten ihre Augen, was nicht nur an dem beißenden Zwiebelgeruch lag, sondern auch daran, dass sie sich ihrer selbstsüchtigen Empfindungen schämte.
    Während Naomi die Kartoffeln schälte und sie für den Salat in dünne Scheiben schnitt, überlegte sie, unter welchen Bedingungen sie es in Erwägung ziehen könnte, nach Barcelona umzuziehen. Rominas Haus verfügte über ausreichend Platz, um sich aus dem Weg zu gehen, und mit einem kleineren Umbau wäre es durchaus möglich, einen privaten Bereich für Roman, Kai und sie abzugrenzen. Einige Stunden könnte sie Arbeiten für Romina erledigen, und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, machte ihr die Recherche sogar Spaß. Im Grunde beschwerte sie sich nur, weil die ganze Situation sie überforderte. Ihre Urgroßmutter würde zufrieden sein, wenn sie ihr zehn Stunden die Woche zugestand. Dadurch bliebe ihr genügend Zeit fürs Studium und für ihre eigene Familie. Romina hatte angeboten, für die erste Zeit einen Privatlehrer zu engagieren, der ihnen Spanischunterricht erteilen sollte.
    Leandra hatte recht. Der Plan war gut.
    Trotzdem kam sie sich vor, als würde sie die eine Abhängigkeit gegen eine andere eintauschen. Ihr Traum vom Studium im Ausland war schließlich entstanden, um sich Leandras und Lunas Kontrolle zu entziehen; doch nun würde sie unter der ständigen Überwachung ihrer Urgroßmutter stehen.
    Andererseits hatte sie sich immer eine große Familie gewünscht. Mit einigen Regeln sollte sich ein gemeinsames Leben unter einem Dach mit ihrem Wunsch nach Selbstständigkeit vereinbaren lassen. Ein abgegrenzter Privatbereich innerhalb des Hauses musste jedoch sein. Alleine schon deshalb, weil Pilar inzwischen dort wohnte.
    Naomi blickte zur Wanduhr. Ihre Mutter käme in einer Stunde von der Arbeit und auch Roman und Kai würden bald von ihrem Spaziergang zurückkehren. Vor dem Essen blieb keine Zeit mehr in Ruhe mit Roman über ihren Entschluss zu reden.
    Ob er sich damit einverstanden erklärte, bei ihrer Urgroßmutter zu wohnen? Sollte er sich weigern, wäre Naomi durch ihre eigene Unentschlossenheit kaum in der Lage, ihn davon zu überzeugen, dass es vorerst nur diese Lösung gab.
    Naomi wusste, dass Leandra sich um sie sorgte und sie aus diesem Grund bei Romina wissen wollte. Leandra könnte sie jederzeit ohne größeren Aufwand besuchen und würde nicht nur ihren Urenkel aufwachsen sehen, sondern auch den persönlichen Kontakt mit ihrer Mutter aufrechterhalten, ohne dass Luna misstrauisch werden würde.
    Doch was sollten sie unternehmen, wenn Luna zu Besuch käme? Unter keinen Umständen durfte sie Romina zu Gesicht bekommen. Die Ähnlichkeit mit Naomi würde sie völlig aus der Fassung bringen. Auch dafür musste noch eine Lösung gefunden werden.

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