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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Felice
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schnellzüngige Kaufmann hätte sicher einen Weg gefunden, wäre er nicht so ehrlich und voller Skrupel.“ Ich lächelte und ging. Ich blickte über die Schulter zurück und sah, daß er mir nachschaute. „Mehr-als-Freund“, rief ich und winkte ihm zu.
    „Mehr-als-Freund“, antwortete er.
     
    In Rellars armseliger Behausung saß ich an einer Karte, kämpfte gegen klumpige Tinte und schimpfte auf den, der das Gefäß hatte offen stehen lassen.
    „Du“, sagte Rellar, „du warst es heute.“
    „Nein!“ widersprach ich und fluchte. „Es war deine Sklavenschlampe.“
    „Nein, du warst es. Sie berührt deine Sachen nicht einmal. Manya ist eine gute Sklavin, bestens ausgebildet. Ich bin froh, sie zu haben.“ Er lächelte schief.
    Ich stöhnte verhalten. Manya war ein Geschenk Baltsars, und die Landkarte, an der ich gerade arbeitete, war eine von denen, die ich Rellar als Strafe dafür anfertigen mußte, daß ich Baltsar eine Karte ohne Rellars Zustimmung gegeben hatte. Er hatte nicht mit mir geschimpft. Er ging davon aus, daß, wenn ich schon die Regeln unserer Verbindung verletzte, ich bereit gewesen war, auch die Konsequenzen zu tragen. Ich würde einige Zeit brauchen, um die Menge zu produzieren, die er festgesetzt hatte.
    „Du bist früher heimgekommen, als ich erwartet hatte“, sagte er.
    Ich zuckte die Achseln und schlug auf die Tinte, um die Klumpen zu zerkleinern, und besudelte dabei mein Gewand. Ich fluchte erneut.
    „Sagtest du etwas?“
    „Ja – verdammt!“
    „Davor. Ich meinte, du seist so früh heimgekommen. Ich hatte dich nicht vor Anbruch der Zwienacht erwartet.“
    „Ach? Und warum nicht? Seit vierzig Nächten arbeite ich an deinen Karten. Warum sollte die heutige Nacht anders sein?“
    „Wenn eine Frau ihre Hitze mit Kräutern herbeizwingt, und dazu noch kurz vor ihrem siebzehnten Jahrestag, dann bedeutet das meistens, daß sie erst sehr spät heimkommt.“
    Ich schaute von meiner Arbeit hoch. Er starrte mich mit seinen nahezu blinden Augen an. „Du hast es gewußt?“
    „So schlecht ist meine Nase nun auch wieder nicht“, erwiderte er. „Was ist passiert?“
    Ich erzählte es ihm.
    „Was wirst du tun?“
    „Nichts.“
    „Pah!“ sagte Rellar. „Du lügst.“
    „Was soll ich machen? Die Frau ist eine Kurtisane.“
    „Sie ist vielleicht drei bis vier Jahre älter als du und nicht halb so klug, und wenn du nur einen Teil der Schönheit deiner Jugend entwickelt hast, dann ist sie gegen dich ein Nichts.“ Er zwinkerte unschuldig.
    „Baltsar hatte die Möglichkeit. Er hat sich für sie entschieden.“
    „Er hat überhaupt nichts entschieden. Baltsar ist jung und stolz, aber er ist nicht dumm. Er hat ein schlechtes Geschäft gemacht. Gib ihm die Zeit, seinen Irrtum einzusehen.“
    „Rellar, ich kann aber nicht das sein, was er will – ein Eheweib!“
    „Er ist Kaufmann, Heao. Ein Kaufmann wird immer etwas nehmen, ehe er mit nichts dasteht.“
    „Lenk mich nicht ab, Rellar. Der hintere Teil meines Gehirns arbeitet an einem Plan, und das geht nicht so leicht, wenn ich dabei rede.“
    „Das dachte ich mir“, sagte er. „Nun, komm her. Ich kratze deinen Rücken, während du mit dir zu Rate gehst.“
    Ich schüttelte den Kopf und vergaß für einen Moment, daß er mich gar nicht sehen konnte. „Ich bin beinahe in Hitze, verzeih, mein Freund.“
    „Ich bin zu alt, um in einer Nacht zweimal zu Diensten sein zu können“, sagte Rellar. „Also komm schon … wenigstens deinen Nacken.“
    Ich blickte von ihm zu Manya, die mit ihrem Kind Teofil auf einer Matte am Kamin schlief, und fragte mich, wie ein Mensch nur mit einer von denen kopulieren konnte. Nicht daß es physisch unmöglich gewesen wäre, sie wirkten nur so grotesk. Ohne Kleider sahen sie sogar noch schrecklicher aus: am ganzen Körper nackte, glatte Haut! Und trotz ihrer ablehnenden Reaktion, als ich darauf anspielte, daß sie vielleicht mit Baltsar kopulierte, schien sie meinen Meister ohne Protest zu empfangen. Daß sie ihn mochte, war offensichtlich, aber die ganze Situation verwirrte mich zutiefst. Ich fragte mich, ob ich die Sklaven wohl jemals verstehen würde.
    Rellar hielt mir seine ausgebreiteten Arme entgegen, und am Ende nahm ich seine Einladung an. Der Geist wird frei, wenn der Körper sich in Sicherheit fühlt.
    Rellar lügt! Er kann zweimal zu Diensten sein, jedoch verfügt er über eine übermenschliche Selbstkontrolle. Er beruhigte mich nur.
     
9
     
    Die Menschen in den Bergen redeten vom Tafelland

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