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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Felice
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Tür.
    Schweigend legte ich den Sicherheitsriegel wieder ein, kehrte zur Feuerstelle zurück, ließ mich auf dem Polster nieder und strich dann gedankenverloren mit den Fingern über das zerschlissene Muster. Meine Gehirne berieten, und tatsächlich war meine Entscheidung schon gefallen, ehe Baltsar mich verließ. Ich machte mir jedoch Sorgen um Teon. Ich rief nach ihm, doch er reagierte nicht. Ich wußte, daß Jahre voller Zorn und tiefer Verletztheit in seinen angespannten Muskeln schlummerten, und ich wußte gleichzeitig, daß ein falsches Wort diese aufgestaute Flut der Abneigung gegen mich würde hervorbrechen lassen. Dennoch vertraute ich in sein scharfsinniges Gehirn und ging das Risiko ein, mich mit Krallen und Zähnen gegen ihn zur Wehr setzen zu müssen, sollte er die Kontrolle über sich verlieren. Zum zweiten Mal rief ich seinen Namen, und diesmal wandte er mir demonstrativ den Rücken zu und machte Anstalten, den Raum zu verlassen.
    „Wenn du nicht sofort stehenbleibst, dann breche ich dir die Beine, reiße dir die Zunge heraus und lasse dich kastrieren.“
    Wahrscheinlich war ihm klar, daß ich meine Drohungen niemals wahr machen würde, trotzdem verharrte er. Den Kopf hielt er gesenkt, und seine Hände schlössen und öffneten sich in einem hektischen Rhythmus. Schließlich drehte er sich um. „Warum seid Ihr mit den Krallen auf mich losgegangen?“
    „Weil ich Angst hatte.“
    „Angst? Wovor? Was sollte ich Euch anhaben können?“
    „Ich wollte nicht, daß du erfährst, wieviel ich für dich empfinde.“ Ich spürte deutlich, wie ein Zittern der Verlegenheit durch meinen Schwanz lief, doch er schien es gar nicht zu bemerken. Das Kinn hatte er trotzig vorgeschoben, und seine Augen erschienen wie Kohlen in seinem Gesicht. „Warum benimmst du dich so, Teon? Nach allem, was ich für dich getan habe, verdiene ich es wohl, daß du auf mich etwas Rücksicht nimmst. Die ganze Gemeinde ächtet mich. Mein Helfer-im-Leben hat mich verlassen, und meine eigenen Kinder meiden mich. Ich habe die beste Möglichkeit meines Lebens ausgeschlagen, um die Verwirklichung meines Traums zu erleben, nur weil ich an dich glaube. Soeben ist mein bester Freund gestorben, und du stehst da und funkelst mich wütend an!“
    „Ihr könnt von Glück reden, daß ich nicht über die Energie und Kraft meiner Vorfahren verfüge. Wenn ich es könnte, würde ich etwas ganz anderes tun, als Euch nur anzustarren“, gestand er.
    „Du vergißt dich! Du bist ein Sklave, und trotzdem habe ich mich stets als dein Freund bewiesen.“
    „Meine Tochter ist tot, und dafür seid allein Ihr verantwortlich.“
    „Teofil?“ Natürlich, Teofil, bestätigte mir der hintere Teil meines Gehirns. „Aber du und Manya …“
    „… wir waren uns schon vor langer Zeit sehr nahe.“ Er lachte bitter. „Selbst dieser kurze Moment des Glücks verwandelt sich für einen Sklaven in ein tödliches Gift.“
    „Es tut mir leid, Teon. Bitte glaube mir. Es tut mir aufrichtig leid.“
    „Wie Ihr meint, Pfadfinderin“, antwortete er steif.
    Für Teon war das eine ziemlich ungehörige Reaktion, ich ging jedoch darüber hinweg. „Und ich vergebe dir auch …“ Beide schauten wir auf die Polster am Kamin, wo die Bürste und die verfilzten Pelzbüschel lagen.
    „Das ist Euer Vorrecht. „ Er massierte seinen Arm, um mich daran zu erinnern, daß meine Attacke gegen ihn ebenfalls zu meinen Privilegien gehörte. Erneut schüttelte ihn ein bitteres Lachen, als er zur Feuerstelle ging. „Ihr hättet mich nie ermutigen sollen, wie ein Mann zu denken. Ich will Euern Prinzen ermorden. Ich will Rache für den Tod meiner Tochter.“
    „Du kommst gar nicht nahe genug an ihn heran.“
    „Ich weiß. Verdammt, ich weiß es doch. Ich komme mir so hilflos vor.“ Er wandte sich mir zu. „Warum habt Ihr mir den Wunsch eingepflanzt, wie ein Mensch zu fühlen? Es tut so weh!“
    „Bitte, Teon, hör bitte damit auf. Wir haben beide in dieser Nacht schreckliche Verluste hinnehmen müssen. Wir dürfen uns nicht gegeneinander stellen – wir haben nämlich niemanden mehr als uns.“
    „Mein Kind ist tot“, wiederholte er mit steinerner Miene. „Wie kann ich Euch je verzeihen, daß Ihr mir die einzige Freude meines Lebens genommen habt?“
    Darauf konnte ich nichts erwidern. Ich wußte, daß er nicht speziell mich meinte, sondern daß er sich an die gesamte Menschheit wandte.
    Der Feuerschein versilberte seine Silhouette, als er sich auf die Polster sinken ließ. „Was

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