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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Felice
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liebevoll meine Schultern. „Ich habe noch eine andere Münze, die ich beim Kaufmann ausgeben kann … nachdem du mir erzählt hast, was ich wissen muß. Er könnte mir alles mögliche erzählen, könnte mich wahrscheinlich sogar dazu überreden, sein gesamtes Warenlager leerzukaufen. Bitte, Freundin.“
    Ich seufzte. Ich hätte Hunderte von Beispielen für Baltsars Ehrlichkeit aufzählen können, jedoch war das Mißtrauen gegenüber Fremden, und besonders Kaufleuten, immer noch über die Maßen groß. „Du brauchst überhaupt nichts Neues anzuschaffen, Chel“, erklärte ich. „Deine Festung mit ihren geräumigen Kammern, der Zentralheizung, den weichen Teppichen und schwellenden Polstern ist besser als alles, was ich an seinem Hof gesehen habe.“
    Chel runzelte verwirrt die Stirn. „Wie bitte?“
    „Es stimmt. Was immer du von der Größe der Tiefländer gehört hast, auf den Komfort für den einzelnen trifft das gewiß nicht zu. Sie verfügen über ganze Armeen, wundervolle Kriegsmaschinen und eine Tapferkeit ohnegleichen. Sie brüsten sich damit, wie weit und geradeaus ihre Pfeile fliegen, und sie streiten sich, wer die besten macht. Sie üben sich im Ringkampf und sind in der Akrobatik wahre Meister, aber sie haben keine Ahnung vom … friedlichen Leben.“
    Chel nickte zögernd und schenkte mir nur widerstrebend Glauben. „Wie sieht es mit der Unterhaltung aus? Wie mit seinen Schlafgewohnheiten?“
    „An seinem Hof herrschte ein deutlicher Mangel an Pomp. Er scheint Menschen zu mögen und geht mit ihnen sehr freundlich und selbstverständlich um, wenn auch die übliche Etikette gewahrt wurde, als Tarana anwesend war. Ich glaube, er fürchtet sich vor ihr.“
    „Tatsächlich“, sagte Chel und zeigte sofort gesteigertes Interesse. Er legte die Ohren nach hinten, preßte sie an seinen Kopf, ging mit sich eingehend zu Rate. Dann zuckte sein Schwanz, und seine Ohren stellten sich wieder auf.
    „Und was seine Beilagergewohnheiten angeht, da kann ich dir nur sagen, ich glaube, daß er sehr männlich ist. Die Sitten, das Beilager betreffend, scheinen im Tiefland die gleichen zu sein wie bei uns.“
    „Hat er Angst vor allen Hüterinnen oder nur vor Tarana?“
    „Das weiß ich nicht.“
    Wieder erschien Chel von seinen eigenen Gedanken wie verzaubert. Ich war neugierig, doch ich hielt mich höflich zurück und fragte nicht, warum gerade Tarana ihn so sehr interessierte. Er war in keiner Weise mit ihr in irgendeiner Beziehung noch mit irgendeiner anderen Hüterin.
    Ich wartete, bis seine Ohren wieder nach vorn schwenkten, dann meinte ich: „Das ist alles, was ich dir sagen kann, Chel.“
    „Hätte jemand anderer als du mir gesagt, daß der König ein einfacher Mann ist, ich hätte ihm kein Wort geglaubt“, erklärte Chel.
    „Einfach? Nein, nicht einfach – der Mann ist sehr kompliziert. Seine Bedürfnisse sind … geradlinig, praktisch. Seine Angst vor Tarana ist Teil dieser Kompliziertheit. Unterschätze ihn nicht, Chel.“ Ich lächelte, dann gab ich ihm die Münze zurück. „Und laß nicht zu, daß meine Gewänder unsere Freundschaft zerstören.“
    Chel steckte die Münze in die Tasche. „Es ist nicht dein Status bei Akadem, der mich überlegen läßt, wo ich mit dir stehe.“
    Ich legte den Kopf schief. „Was meinst du?“
    „Ich rechnete damit, daß du nach Erreichen deiner Volljährigkeit um mich werben würdest.“
    Er wirkte auf mich zu ernst, als daß ich dem Gelächter freien Lauf hätte lassen können, das in mir aufwallte. Ich schluckte, bis das Kitzeln in meinem Hals aufhörte. „Du hast niemals eine Andeutung …“
    Er schien verletzt. „Einige Dinge verstehen sich unter Freunden von selbst.“
    „Wenn das so ist, dann hättest du doch um mich werben können.“
    „Daran hatte ich auch gedacht, aber ich vermute … der Kaufmann … du.“ Er verstummte, ratlos, wie er Baltsar in seiner Stellung zu mir beurteilen sollte. Die Kurtisane des Kaufmanns verursachte in der Stadt große Aufregung und machte Baltsar zu einer prominenten Persönlichkeit. Und sie schürte das Gerede noch, indem sie bei jeder Gelegenheit andeutete, Baltsar wolle sie zu seinem Weib machen, wenn auch ein formaler Kontrakt noch nicht geschlossen war. Wenn das stimmte – und ich für meinen Teil ging davon aus, daß es so war – war Treue eine selbstverständliche Pflicht. Damit tappte Chel völlig im dunkeln, wie er mich und den Kaufmann zusammenbringen sollte. Er kannte mich gut genug, als daß er annahm,

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