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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Felice
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während sie noch kleine Kinder sind. Wir brauchen Zeit, um ihre naturgegebene Neugierde zu entwickeln. Diejenigen, die nach Wissen streben, behalten wir als Novizen. Diejenigen, die neidisch reagieren, schicken wir in die Gemeinschaft zurück, und zwar gewöhnlich mit einem erlernten Handwerk oder bestimmten Kenntnissen.“
    Der König blickte Rellar über Taranas Schulter hinweg an. „Ihr seid mit den Lehrlingen, die wir Euch schickten, nicht einverstanden, nicht wahr?“
    „Es geht nicht um unser Einverständnis, das ist im Grunde in diesem Fall nebensächlich. Sie sind ganz einfach zu alt.“
    „Das ist eine Ausrede“, sagte Tarana und starrte uns wütend an. „Sie schachern herum, denn sie erkennen, wie dringend du Akadem brauchst, und das interpretieren sie als Schwäche.“
    „Selbst ein Blinder erkennt den Wert, den wir für den König haben“, meinte Rellar und wendete sich endlich der Hüterin zu. Ich war überzeugt, daß er gehofft hatte, der König würde nicht zulassen, daß sie in die Diskussion eingriff. Nun jedoch wurde es offenbar, daß sie in der Angelegenheit gleiche Interessen vertrat und der König dies voll respektierte. „Die meisten von uns arbeiten gemeinsam mit den vom König ausgewählten Leuten an Projekten, von denen wir wissen, daß sie als Modelle für ähnliche Projekte irgendwo anders im Reich anzusehen sind. Wir sind gewillt, in dieser Weise unser Wissen weiterzugeben, denn dies ist unsere Pflicht und unser Vergnügen. Wenn es jedoch noch mehr Lehrer nach unserem Tod geben soll, müssen diese von Kindheit an eine sorgfältige Ausbildung durchlaufen.“
    „Ihr weist ältere Kinder zurück, weil sie sich nicht mehr von Euren häretischen Ansichten beeinflussen lassen“, beschuldigte Tarana ihn kalt. „ Das Buch des Regenspenders erklärt in allen Einzelheiten, wie der Gott Wasser aus einem Faß über die Erde ausschüttet. Trotzdem behauptet Ihr, daß das Wasser sich unter der Himmelsbrücke sammelt wie unter dem Deckel eines Glases, um danach rein zufällig als Regen zu Erde zu fallen.“
    „Ich habe nie behauptet, daß der Regen ein Produkt des Zufalls ist“, widersprach Rellar. „Er fällt erst dann, wenn die Tropfen eine bestimmte vorausberechenbare Größe haben.“
    Tarana stampfte mit dem Fuß auf, und viele von uns in dem Raum zuckten zusammen. „Blasphemie!“ schrie sie. „Ihr macht die Götter zum Gespött!“
    Ruhig kehrte Rellar ihr den Rücken zu, um sich wieder dem König zuzuwenden, dem der Streit nicht benagte. „Vielleicht setzt Regenspender den Umfang der Tropfen fest, den sie haben müssen, ehe sie fallen, oder vielleicht wandert er auch über die Himmelsbrücke und schüttelt die Tropfen von ihr ab, so daß sie als Regen zur Erde fallen. Ich weiß genau, daß sie fallen und nicht geschleudert werden, und ich gebe zu, daß solche Ansichten auf den ersten Blick ketzerisch anmuten müssen. Jedoch muß ich in aller Offenheit gestehen, daß ich nach einer Alternative zu dem erniedrigenden Anblick eines Gottes suche, der Nacht und Zwienacht hindurch schuftet, indem er Wasser über die Erde vergießt.“
    Die Spitze von Taranas Schwanz zitterte, und sie hätte sicherlich darauf etwas erwidert, aber der König brachte sie mit einer Geste zum Schweigen und sagte zu Rellar: „Ich werde eine Versammlung aus Akademern und Hüterinnen zu gegebener Zeit einberufen, wo Ihr Eure Überlegungen straflos vortragen könnt.“ Dann fügte er über das aufgeregte Gemurmel der Akademer hinweg an: „Äußert Euch nun zum anstehenden Thema. Ich muß eine Entscheidung treffen, und diese Abschweifungen helfen mir nicht weiter.“
    Rellar nickte gehorsam, dann legte er den Kopf schief. „Ohne sie im einzelnen danach zu fragen, weiß ich, daß die Hüterin in dem Glauben ist, daß spätere Debatten zwischen Akademern und Hüterinnen von der Entscheidung der Kinder beeinflußt werden, die Ihr uns geschickt habt. Die ehrgeizigen, die Akademer werden könnten, dürften eifrig darauf bedacht sein, einer mächtigen Hüterin oder gar Euch, Sire, zu Diensten zu sein. Wenn Ihr von Akadem unterstützt werden wollt, dann befehlt uns, Eure Kinder und Eure Münzen anzunehmen. Wenn Ihr jedoch nach Wahrheit und Ehrlichkeit sucht, dann gestattet uns, unsere Schützlinge nach unserer Art und zur rechten Zeit zu suchen.“
    „Sire“, flüsterte Tarana, „hört nicht auf diesen anmaßenden alten Mann.“
    „Ich bin nicht anmaßend“, wehrte Rellar sich leidenschaftlich. „Ich nehme

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