Im Schatten des Teebaums - Roman
nichts mehr, worüber ich nachzudenken habe«, sagte Thomas abweisend.
Für Katie waren seine Worte wie ein Schlag ins Gesicht. Eifersucht überkam sie. »W er ist es?«, fragte sie. Es erfüllte sie mit Zorn, dass er so schnell eine andere Frau kennen gelernt hatte, obwohl sie wusste, dass sie kein Recht hatte, wütend auf ihn zu sein.
»Das spielt keine Rolle. Leb wohl, Katie.« Thomas starrte auf seine Unterlagen, ohne weiter auf Katie zu achten.
Sie schluckte den Kloß in ihrer Kehle herunter und wandte sich, so würdevoll es ging, ab. Wie benommen lief sie durch das Geschäft, im Stillen hoffend, Thomas möge ihr nachlaufen, aber das tat er nicht. Die Warnung ihrer Mutter klang Katie in den Ohren. Sie hatte gesagt, sie würde Thomas an eine andere Frau verlieren, und sie hatte recht behalten. Katie konnte nicht glauben, dass sie eine solche Närrin gewesen war, doch tief in ihrem Innern wusste sie, dass sie genau das bekommen hatte, was sie verdiente.
Sobald sie im Wagen saßen, fiel Eliza auf, wie ängstlich ihre Mutter zu sein schien. Sie war sicher, dass ihre Tante der Grund dafür war.
»Hast du deinen Artikel über den Tiger fertig?«, fragte Henrietta. Unruhig schaute sie aus dem Fenster.
»Nein«, antwortete Eliza. Verstohlen beobachtete sie ihre Mutter.
»Irgendetwas musst du haben. George hatte es doch so eilig, zur Zeitung zu kommen und einen Artikel in Druck zu geben.«
»W ir haben die Identität mehrerer Schafdiebe aufgedeckt«, sagte Eliza. Es widerstrebte ihr, die Geschichte mit dem Wolf zur Sprache zu bringen; wahrscheinlich würde sie gar nicht darüber reden können, ohne dass man ihr die Wut auf Brodie angemerkt hätte.
»Schafdiebe …«, sagte Henrietta geistesabwesend.
»Mom? Stimmt etwas nicht?«, fragte Eliza.
Henrietta wandte sich ihr zu. »Ich habe Neuigkeiten, Liebes, aber ich werde erst darüber reden, wenn Katie zurück ist. Ich will euch die Neuigkeiten mitteilen, wenn ihr beide zusammen seid.«
Jetzt war Elizas Neugier geweckt.
»Erzähl mir von den Schafdieben«, sagte Henrietta. Es interessierte sie nicht wirklich, aber sie wollte von ihren eigenen Gedanken abgelenkt werden.
Eliza konnte sehen, dass ihre Mutter nur oberflächliche Konversation machte, und das ärgerte sie. Es führte ihr vor Augen, dass ein Auszug aus dem Elternhaus die richtige Entscheidung war. »Du kannst alles darüber morgen in der Zeitung lesen, Mom. Aber zuerst sollst du wissen, dass ich eine wichtige Entscheidung getroffen habe.«
Henrietta hatte wieder aus dem Fenster geschaut, als sie an den Auktionshöfen vorbeikamen; nun aber blickte sie ihre Tochter wieder an. »W as denn für eine Entscheidung?«
»Ich will in die Stadt ziehen, um näher bei meiner Arbeitsstätte zu sein, deshalb werde ich mir irgendwo ein möbliertes Zimmer nehmen.«
Henriettas mütterliche Instinkte flammten augenblicklich auf. »Allein?«
»Das ist doch nichts Ungewöhnliches, Mom. Junge Frauen, die berufstätig sind, werden heutzutage immer unabhängiger.«
»Ich nehme es an«, sagte Henrietta. Eliza hatte recht. Die Zeiten waren vorbei, in denen eine junge Frau nur aus dem Elternhaus auszog, um zu heiraten und Kinder zu haben.
Das war nicht die Reaktion, die Eliza erwartet hatte. Ihre Mutter hatte immer gern das Heft in der Hand gehalten; deshalb hatte Eliza mit Widerspruch und heftigen Protesten gerechnet. Doch Henrietta war ganz im Gegenteil erleichtert: Wenn Eliza erst in der Stadt wohnte und Katie mit Thomas verheiratet war, gab es endgültig keinen Grund mehr, noch länger in Mount Gambier bei einem Mann zu bleiben, der sie nicht liebte, wo sie doch mit Clive glücklich sein konnte. Henrietta wurde leichter ums Herz. Alles würde sich zum Besten wenden, davon war sie überzeugt. Selbst wenn die Mädchen nicht verstanden, weshalb Henrietta ihren Mann verließ – sie hatten bald ihr eigenes Leben, das sie voll und ganz in Anspruch nehmen würde.
Brodie war immer noch nicht hereingekommen, und Tilly machte sich allmählich Sorgen – vor allem, da er noch seine nasse Kleidung anhatte. Der Regen hatte aufgehört; deshalb trat Tilly hinaus auf die Veranda, doch bei den Ställen konnte sie Brodie nicht sehen.
»Brodie«, rief sie.
Plötzlich hörte sie einen Wagen die Auffahrt heraufkommen. Sie hob den Blick und sah, dass es eine Kutsche war, von Brodie gelenkt und von Angus gezogen. Tilly war verwirrt.
»W o sind Sie gewesen, Brodie?«, fragte sie. »Und wem gehört diese Kutsche?«
»Sie
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