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Im Schatten des Vaters

Im Schatten des Vaters

Titel: Im Schatten des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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flicken.
    Die Vorräte waren beinahe vollständig dahin. Einige Säcke Mehl und Zucker und Salz waren noch heil, aber nur einige, und der braune Zucker zum Räuchern war vollständig aufgefressen. Es gab noch ein paar Dosen, die nur eingebeult waren, die meisten waren durchlöchert.
    Roy setzte die heruntergewischten Teile des Ofens wieder zusammen. Er machte ein Feuer, füllte die einzigen beiden ungeöffneten Dosen Chili in einen Topf, der nicht allzu verbeult war, wärmte das Chili, setzte sich auf die Veranda und wartete auf seinen Vater.
    Als es dunkel wurde und sein Vater noch immer nicht dawar, machte Roy erneut das Chili warm und aß es auf, beide Dosen, weil er nicht aufhören konnte. Ich habe dein Chili gegessen, entschuldigte er sich laut, als könnte sein Vater ihn hören.
    Roy blieb die Nacht über auf, im Schlafsack seines Vaters auf der Veranda mit der Flinte auf den Knien, und sein Vater kam noch immer nicht zurück. Als der Morgen anbrach, hatte er nicht geschlafen und war hungrig und geschafft und durchgefroren von seiner Nacht auf der Veranda und ging hinein.
    Das Funkgerät hatte nicht allzu viel abbekommen. Da hatte bloß jemand drauf gesessen, so sah es jedenfalls aus. Aber vielleicht funktionierte es trotzdem nicht mehr. Roy konnte das nicht beurteilen. Er wollte so gern irgendwas tun, irgendwas Sinnvolles, aber er kannte sich mit dem Funkgerät einfach nicht aus. Also ging er wieder raus, in seinen Stiefeln und seiner warmen Jacke, mit Hut und Handschuhen, was alles noch in Ordnung war, und sägte Schindeln. Das Gewehr, geladen und entsichert, behielt er bei sich, und er sägte und dachte ein paar Mal daran, in die Luft zu feuern. Dann würde sein Vater kommen, aber er wäre auch böse, weil er umsonst geschossen hatte. Er wollte einfach, dass sein Vater zurückkam. Das alles gefiel ihm überhaupt nicht. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte.
    Bis zum Nachmittag hatte er bloß ein paar Schindeln gesägt und eine Blase am Daumen. Die Schindeln waren unglaublich schwierig. Irgendwas machten sie falsch. Sein Vater war nicht zurückgekommen, und er hatte keine Schüsse gehört, also schrieb er eine Nachricht, Bin dich suchen gegangen. Bin in ein paar Stunden zurück. Bin am Nachmittag los.
    Er nahm denselben Weg wie sein Vater, doch schnell wurdeihm klar, dass er keine Ahnung hatte, wohin. Er sah auf den Boden und entdeckte schwache Spuren ihrer gestrigen Wanderung. Gelegentlich einen Stiefelabdruck, aber zumeist nur zertretene Erde und plattes Gras. Trotzdem folgte er dieser Spur bis zum Fuß des Berges, in dieser schwammigen Masse konnte man unmöglich Fußstapfen erkennen, und er hatte keine Spur gesehen, die vom Hauptpfad abwich, da setzte er sich an den Berg und versuchte nachzudenken.
    Sein Vater hatte ihm überhaupt keine Anhaltspunkte hinterlassen. Er hatte nicht gesagt, wohin er ging oder wie lange. Also saß Roy da und weinte, und dann ging er zur Hütte zurück. Er zerriss die Nachricht, setzte sich auf die Veranda mit Blick aufs Wasser, aß ein bisschen Brot mit Erdnussbutter und kratzte etwas Marmelade vom Felsen unter der Veranda, wo das Glas zerschellt war. Ameisen und anderes Getier hatten sich über das meiste hergemacht, aber er schöpfte fast einen Löffel ab, der einigermaßen passabel aussah. Er ging zurück auf die Veranda, aß, betrachtete den Sonnenuntergang und wartete.
    Sein Vater kam kurz nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Roy hörte ihn den Pfad herunterkommen und rief, Dad?
    Ja, antwortete sein Vater leise und trat auf die Veranda und stampfte seine Stiefel ab und sah auf Roy hinunter, der sein Gewehr über den Knien liegen hatte.
    Hab ihn erwischt, sagte er.
    Wen?
    Ich hab den Bären erwischt, oben in einem Tal etwa zwei Berge weiter. Heute Morgen. Hast du die Schüsse gehört?
    Nein.
    Na ja, ist ja ein ganz schönes Stück.
    Wo ist er?, fragte Roy.
    Immer noch da. Ich konnte ihn nicht schleppen. Und mein Messer hatte ich auch nicht dabei. Nur das Gewehr. Aber jetzt habe ich ganz schön Hunger. Ist noch irgendwas zu essen da? Hast du Fische gefangen?
    Roy hatte nicht ans Fischen gedacht. Da ist noch was übrig, sagte er. Ich mach dir was warm.
    Das wäre toll.
    Roy ging hinein, um eine Dose Hühnercremesuppe zu erhitzen, ihre letzte, mit einer Dose Mais und einer Dose Brechbohnen. Sein Vater hatte die Taschenlampe herausgeholt und machte sich an der Lampe zu schaffen. Er muss das Petroleum gerochen und das Ding umgestoßen haben, sagte er.
    Als das Essen warm

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