Im Schloss aus Glut und Leidenschaft
wie der Marquess es ihm geraten hatte, straffte die Schultern, durchquerte einen vergoldeten Raum nach dem anderen, ging durch eine Menge offener Türen.
Seine Spannung wuchs, als er sich der größeren Halle am Ende einer Reihe von offiziellen Räumlichkeiten näherte. Er nannte dem Lakaien, der vor der Tür zum Thronsaal stand, seinen Namen. Der Lakai wiederum führte ihn dem Kammerherrn, einem würdevollen kleinen, grauhaarigen Mann mit einem beeindruckenden Schnurrbart.
Der Kammerherr verneigte sich vor ihm, dann folgte Gabriel ihm in den Thronsaal. Dies war der imposanteste Raum von allen: weiße Wände mit vergoldeter Vertäfelung, Säulen aus rosafarbenem Marmor und blassblaue Pilaster. Die Deckenmalerei mit ihren Blumen, Cherubinen und pastellfarbenen Rondellen wirkte wie Zuckerguss.
Rasch ließ Gabriel den Blick durch den Saal schweifen und zählte zehn dunkelhaarige Wachen in fremdländischen Uniformen, die überall im Raum postiert waren. Als der Kammerherr voranging, um ihn vorzustellen, konzentrierte er sich auf den gepolsterten Thronsessel am Ende der langen Halle.
Er kniff die Augen zusammen, als er die schlanke junge Frau auf dem reich verzierten Stuhl betrachtete. Plötzlich erstarrte er, und sein Herz begann wie rasend zu schlagen. Fassungslos sah er zu ihr hinüber. In ihre rabenschwarzen Locken war eine glitzernde Tiara gesteckt. Ein herrliches Brokatkleid umschmiegte ihre schmale Gestalt, die zarten Rundungen, die er nur zu gut kannte.
Während er sie in ihrer ganzen königlichen Pracht ansah, hatte Gabriel das Gefühl, die Zeit wäre stehen geblieben. Er konnte es einfach nicht glauben.
Es war sein Zigeunermädchen.
Sein kleines Dienstmädchen.
Sophia?
8. Kapitel
Viele frisierte Köpfe drehten sich zu ihm um, beifälliges Gemurmel wurde laut, als Gabriel mitten durch die Halle auf die Prinzessin zuging. In seiner scharlachroten Uniform bot er einen atemberaubenden Anblick.
Sophia sah ihn kommen, und ihr Herz schlug so heftig, als wollte es ihr aus der Brust springen.
Er sah beeindruckend aus. So glatt rasiert wie er jetzt war, konnte man deutlich das energische Kinn und die hohen Wangenknochen erkennen, und sie gewann einen völlig neuen Eindruck von seiner männlichen Schönheit. Auch das Haar trug er jetzt kürzer geschnitten. Die zerzausten kohlschwarzen Locken, durch die sie in jener Nacht in seinem Bett die Finger hatte gleiten lassen, waren jetzt ordentlich gestutzt. Sie musterte ihn genauer.
Um den Hals trug er keine der üblichen Rüschenkrawatten, sondern ein schlichtes schwarzes Tuch. Auf seiner Brust schimmerten Messingknöpfe, und seine Schultern wurden von goldenen Epauletten verziert.
Den federgeschmückten Kavalleriehelm trug er unter dem Arm, und seine Hände steckten in makellos weißen Handschuhen. Um die Taille hatte er eine seidene Schärpe geschlungen, und sie sah den schimmernden Zierdegen. Es war eine leichte, elegante Waffe, nicht der fleckige Säbel, in dem er jeden Toten seiner wilden Vergangenheit einer Kerbe verewigt hatte. Er hatte kniehohe Stiefel cremefarbene Reithosen, und seine schnellen Schritte wurden lauter, je näher er kam.
Sophia nahm ihren Mut zusammen, als sie seine finstere Miene bemerkte. Offensichtlich hatte er sie erkannt, und ihr war klar, dass sie ihm einige Erklärungen schuldig war. Das Stakkato seiner Absätze verstummte abrupt, als er direkt vor ihr stehen blieb.
„Eure Hoheit“, hob der Kammerherr an. „Major Gabriel Knight, bisher in Indien. “
Sophia blickte ihn an, während der gesamte Hof darauf wartete, dass er sich verbeugte.
Doch auch der Kavallerieoffizier sah sie nur an.
Sie schenkte ihm ein Lächeln, woraufhin er nur mit dem Kopf schüttelte.
Der Kammerherr räusperte sich nachdrücklich.
Gabriel warf dem alten Mann einen fast strafenden Blick zu, dann beschenkte er Ihre königliche Hoheit mit der knappsten aller Verbeugungen.
Zufrieden erhob sich Sophia von ihrem Thron, stieg anmutig die Stufe hinunter und reichte ihm ihre Hand zum Kuss. „Major, wie nett von Ihnen, dass Sie gekommen sind.“
Der gesamte Hofstaat registrierte, wie er düster ihre ausgestreckte Hand betrachtete. Sie wartete mit hochgezogenen Brauen auf eine Reaktion von ihm. Endlich nahm er ihre Hand, offenbar unbeeindruckt von dem Geschenk, das sie ihm damit machte. In dem Moment aber, als er ihre Finger umschloss, durchfuhr sie ein Schock.
Auch Gabriel
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