Im Schloss aus Glut und Leidenschaft
schien das zu empfinden. Entsetzt sahen sie einander einen Moment lang an. Die Erinnerung an die heimliche Nacht schien zwischen ihnen im Raum zu stehen, fühlbar wie die veränderte Stimmung vor einem Sturm.
Sophia errötete. Gabriel beugte sich vor. Ohne den Blick von ihm zu wenden, hielt sie den Atem an, als er ihre bloße Haut mit seinen warmen, weichen Lippen berührte. Sein Blick hielt sie dabei die ganze Zeit über gefangen. Nie hatte ein einfacher Handkuss so herrlich erregend gewirkt.
Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie Lady Alexa ihn mit unverhohlenem Interesse musterte, aber ihre kokette Freundin sollte ja nicht wagen, die Finger nach ihm auszustrecken. Was Gabriel betraf, so hatte Sophia nicht die Absicht zu teilen - aber vielleicht würde Alexa sich ausnahmsweise benehmen. Sie war nicht sie selbst in der letzten Zeit, der Angriff hatte sie zutiefst erschüttert. Seit Sophia lebend und unversehrt vom Bauernhof zurückgekehrt war, hatte sich Alexa als sehr anhänglich erwiesen.
Als Gabriel ihre Hand losließ, blickte sie zu Boden und räusperte sich, um sich wieder zu fassen. Rasch gewann sie ihre Haltung zurück, schenkte ihm ein königliches Lächeln und deutete auf die Halle. „Willkommen, Major, in meinem gegenwärtigen Heim.“
Ihre gefasste Art schien ihn zu verwirren. Wieder sah er sie finster an. „Wer sind Sie?“, flüsterte er.
Sie warf einen vielsagenden Blick auf den Kammerherrn, der ihm gerade ihren vollen Namen und die verschiedenen Titel vorlas. Aber Gabriel sah sie weiterhin nur ungläubig an.
Als Alexa sich höflich räusperte und offensichtlich vorgestellt werden wollte, raffte Sophia die Röcke und trat vor. „Major, würden Sie bitte mit mir kommen?“ Sie wollte nicht mit ihm vor dem gesamten Hof sprechen.
Sofort hörte die Musik auf zu spielen. Alle Höflinge und die Damen verneigten sich oder knicksten, und sie blieben in dieser Stellung, bis die Prinzessin hinausgegangen war.
Als Sophia Gabriel in das angrenzende Zimmer führte, folgten ihr die griechischen Leibwächter. Timo und Yannis nahmen ihre Plätze neben der Tür ein. Seit der Trennung hatte ihre treue Garde sie kaum je aus den Augen gelassen.
Im Vorübergehen warf sie ihnen einen dankbaren Blick zu. Anschließend betrat sie das Kartenzimmer, einen alten, holzvertäfelten Raum. Er war kleiner und dunkler aIs der funkelnde Thronsaal, enthielt aber alles, was für eine strategische Planung nötig war. Die Wände waren von Landkarten bedeckt, und die Buchregale bogen sich unter dem Gewicht staubiger Atlanten. Globen und verschiedene Uhren standen zwischen Stapeln von Dokumenten auf schweren Eichentischen.
Aber das faszinierendste Objekt in dem Kartenraum war ein großes Modell der Erde, das auf dem Fußboden ausgebreitet war, komplett mit kleinen Gebirgen und blau gemalten Meeren, dazwischen goldfarben eingezeichnete Längen- und Breitengrade.
Spielzeuggroße Nachbildungen wichtiger Bauwerke standen an den entsprechenden Stellen: Miniaturversionen der ägyptischen Pyramiden, eine kleine blaue Moschee in Konstantinopel, Notre Dame in Paris, der Tower in London, das Kolosseum in Rom und so weiter.
Das Modell war recht alt, und obwohl die Landschaften gleich geblieben waren, hatten sich die Namen einzelner Länder vielfach verändert. Einige Teile mussten noch übermalt werden, um die neuesten Grenzen und Bezeichnungen seit Napoleons Niederlage nachzutragen.
Sophia ging daran vorüber, als sie durch den schwach beleuchteten Raum schritt. Gabriel folgte ihr, noch immer stirnrunzelnd, wobei er die Tür mit einem Knall hinter sich zuwarf.
„Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten, Major?“ Sie ging zum Getränkekabinett und warf ihm dabei über die Schulter hinweg einen Blick zu. „Sie sehen aus, als könnten Sie einen Schluck vertragen.“
„Zum Teufel mit einem Drink, ich will Antworten hören! Wer sind Sie, und was ist hier los?“ Wütend warf Gabriel seinen Helm auf einen ledernen Armsessel.
„Haben Sie dem Kammerherrn nicht zugehört?“, fragte sie. Sophia versuchte gelassen zu klingen, während sie ihm einen Brandy einschenkte. „Ich bin die königliche Prinzessin von Kavros. Und ich brauche Ihre Hilfe.“
„Warum?“, fragte er.
„Oh, weil jemand die Absicht hat, mich zu töten. Deswegen kam ich auf Ihren Hof. “ Sie hob ihren Rocksaum ein wenig an und brachte ihm anschließend das Glas, ohne den Blick von ihm zu wenden.
Insgeheim
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