Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
niedrigen Holzhaus hinter dem Zaun ein Tor aufgestoßen, das krachend gegen die Hauswand schlug. Jetzt hielt Adem an, um zu sehen, was da los war.
Erst bemerkte er nur einen kräftigen Lichtschein in der Toröffnung, anschließend hörte er ein lautes Gebrüll. Das Gebrüll ging in herzerweichende Angstschreie über. Ein Mann schwankte auf den Vorplatz. Er schlug wild um sich und versuchte das Tor an der Straße zu erreichen, kam aber nur ein paar Meter weit. Dann sackte er in die Knie. Die Schreie wurden leiser.
Adem saß wie versteinert im Auto und beobachtete den Todeskampf des brennenden Mannes. Er konnte seinen Blick nicht von dem grauenvollen Anblick losreißen. Als der Mann schließlich verstummte und zur Seite fiel, wurde es unheimlich still. Adem hörte das Prasseln der Flammen, und der Gestank verbrannten Fleisches stieg ihm in die Nase.
Das Auto machte einen Satz zurück, als Adem den Fuß von der Bremse nahm, dann fuhr er mit durchgetretenem Gas rückwärts auf den Ringövägen zurück. Dort gelang es ihm gerade noch, einen Zusammenstoß mit zwei Motorrädern zu vermeiden, die nebeneinander her fuhren. Eines davon auf der falschen Straßenseite. Es war reines Glück, dass es nicht knallte.
Sein Herz pochte so heftig, dass er dachte, ihm platze der Brustkorb. Panik erfasste ihn in Wellen, und er wollte nur noch Gas geben und fliehen. Egal wohin, nur möglichst weit weg von Ringön. Dann jedoch unterdrückte er seinen Fluchtimpuls und fuhr rechts ran. Mit zitternden Fingern griff er zu seinem Handy, das immer noch auf dem Beifahrersitz lag, und wählte 112. Fast sofort meldete sich eine gelassene Frauenstimme, die fragte, womit man ihm helfen könne.
»Er … er brennt! Er … brennt!«, brachte Adem mit Mühe schluchzend über die Lippen.
B ei Familie Huss wurde gefeiert. Wie zu erwarten von Gastgebern, die selbst in der Gastronomie arbeiteten, war der Tisch kunstvoll gedeckt: gefaltete Stoffservietten und Kerzen, dazu verschiedene Gläser und Besteck für Vorspeise, Hauptspeise und Dessert. Natürlich war auch das von den beiden Köchen der Familie zusammengestellte Menü sehr exquisit.
Krister Huss hob sein Glas und räusperte sich. Dann ergriff er das Wort:
»Es gibt einiges zu feiern. Mama und ich freuen uns sehr, dass du deine Ausbildung beendet hast und jetzt ausgelernte Köchin bist, Jenny. Außerdem gratulieren wir dir zur neuen Arbeit und der Wohnung!«
Alle an der Tafel sahen sich an und tranken dann einen Schluck Champagner. Jenny stieß mit alkoholfreiem Cidre an. Als Teenager war sie strikte Veganerin gewesen, aber die Lehre zur Köchin mit dem Schwerpunkt vegetarische Küche hatte ihre rigide Einstellung ein wenig modifiziert. Alkohol trank sie aber weiterhin keinen.
Krister behielt das perlende Getränk einen Augenblick auf der Zunge und schluckte dann genüsslich.
»Und dann wollen wir natürlich auch auf euch anstoßen, Katarina und Felipe, obwohl seit eurer Verlobung bereits ein Monat vergangen ist. Alles Glück euch beiden!«
Wieder hoben sie die Gläser.
»Und letzten Mittwoch haben Irene und ich unsere silberne Hochzeit gefeiert. Fünfundzwanzig Jahre. Und ihr seid seit vierundzwanzig Jahren dabei.«
Krister blinzelte seinen Zwillingstöchtern zu. Eigentlich stimmte das nicht ganz, denn strenggenommen waren die Zwillinge von Anfang an dabei. Irene erinnerte sich schaudernd an das Hochzeitsfoto. Sie war damals im siebten Monat schwanger und sah in ihrem Hochzeitskleid aus wie der Panzerkreuzer Potemkin. Deswegen hatte sie es auch nie einrahmen lassen, sondern stattdessen ein Bild aufgehängt, auf dem Krister und sie nur bis zur Brust und in die Kamera lächelnd zu sehen waren. Wie ergreifend jung wir damals noch waren, dachte Irene immer, wenn sie dieses Foto betrachtete. Als sie Mutter geworden war, war sie fast ein Jahr jünger als die Zwillinge jetzt. Irgendwie, auch wenn es nicht immer einfach gewesen war, hatten sie es geschafft, ihre kleine Familie durch ein Vierteljahrhundert zu navigieren. Aber jetzt hatte es den Anschein, als wären sie alle zur Ruhe gekommen. Nicht zuletzt Krister.
»Jetzt bin ich an der Reihe«, sagte Irene und lächelte ihren Mann an.
Dieser verdrehte die Augen, konnte aber ein kleines zufriedenes Lächeln nicht unterdrücken.
»Wir wollen dir gratulieren, Liebling, dass du Besitzer des Glady’s geworden bist. Da du dort ja schon seit so vielen Jahren für alles verantwortlich bist, bin ich davon überzeugt, dass alles gut gehen wird. Einen
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