Im Tal der bittersüßen Träume
Fenster, das Krachen der zerberstenden Möbel, die man durch die Türen auf den Platz warf und dort mit Triumphgeheul zerhackte.
»Sie können mich jetzt nicht alleinlassen!« sagte Paddy bettelnd.
»Und wie ich das kann! Komm, Evita!« Dr. Högli legte den Arm um ihre Schulter und zog sie mit sich fort zu Paddys mit laufendem Motor wartendem Geländewagen. Paddy folgte ihnen wie ein riesiger Hund, drei Schritte hinter ihnen.
»Mein Bauch brennt!« schrie er. »Meine Gedärme gehen in Flammen auf! Ich habe die Cholera, Doktor! Sie müssen mich mitnehmen!«
Er überholte Dr. Högli und Evita mit einigen großen Sätzen und stellte sich vor den Wagen. »Wie Sie wollen! Dann fahre ich allein nach Nonoava! Ich komme durch, das garantiere ich Ihnen!«
»Sie schaffen es nie, Paddy! Wenn Sie sich infiziert haben, geht es Ihnen wie Ihrer Kreatur Tenabo. Sie kippen auf halber Strecke aus dem Auto und fließen aus! Sie erreichen Nonoava nie. Und – das wissen Sie so gut wie ich: wenn die Militärposten Sie in diesem Zustand erwischen, wird man Sie einfach abschießen. Da hilft Ihnen der Name Paddy nichts und nicht die Bestechungsgelder, die Sie gezahlt haben.«
Am Schwimmbecken brüllten die tobenden Menschen auf. Pater Felix hatte sie erreicht und hieb mit beiden Peitschen auf sie ein. Es war ihm gleichgültig, wohin er traf, er ließ die dicken Lederschnüre über Schultern und Köpfe klatschen, er peitschte mit aller Kraft gleichermaßen auf Männer und Frauen, und wen er traf, der duckte sich, schützte sich mit zusammengepreßten Armen und flüchtete aus dem Schwimmbecken.
»Man wird ihn heilig sprechen!« sagte Paddy dumpf. Er lehnte zitternd an der Tür des Wagens. »Wie Christus die Wechsler aus dem Tempel, so peitscht er seine verrückt gewordenen Indios aus meinem Schwimmbad! Jetzt werden sie ihn umbringen! Das vergessen sie ihm nie. Da schützt ihn auch sein Priesterrock nicht, und mit dem Kreuz werden sie das nächste Lagerfeuer anstecken!« Er blickte in den Himmel, die Tropfen wurden zahlreicher. Dicke Tropfen, die auf der Handfläche liegenblieben. »Es regnet. Es war alles umsonst, Doktor! Los, steigen Sie ein, fahren wir zu Ihrem Hospital. Wir haben noch eine Chance: Der Hubschrauber mit Emanuel Lopez! Der hat sich ja wieder in Ihre Obhut geflüchtet mit seinem zerschossenen Hintern. Und wenn ich ihn mit Gewalt in der Schwebe halten muß – er fliegt!«
»Den Hubschrauber gibt es noch?« fragte Dr. Högli. »Mein Gott! Das ist wirklich die einzige Chance!«
»Natürlich gibt es ihn. Hinter dem Gästehaus steht er. Übrigens: Mit Mendoza Femolas Tod habe ich nichts zu tun! Das war allein Rick Haverston.«
»Ich weiß. Nur haben Sie überall herumtelefoniert, daß Femola nie bei Ihnen eingetroffen ist.«
»Notgedrungen. Haverston stand mit der Knarre hinter mir!«
»Seit einer Woche nicht mehr.«
Paddy riß die Wagentür auf. »Schnell! Holen wir Lopez …«
»Einverstanden. Aber ich fliege allein mit ihm nach Nonoava.«
»Verrückt! Ich fliege mit!«
»Nein! Sie bleiben in dem Chaos, das Sie angerichtet haben! Sie drücken sich nicht, Paddy!«
»Ich bin todkrank, Doktor! Sie haben selbst gesagt, in drei oder vier Stunden kann es schon zu spät sein! Bis Sie zurückkommen –«
Hinter dem Herrenhaus krachte plötzlich eine Explosion. Der Boden zitterte, eine grelle Stichflamme schoß in den Nachthimmel. Ihr folgte ein von Feuerlohe durchsetzter Rauchpilz. Kleine Explosionen knatterten dazwischen.
»Nicht mehr nötig, Paddy«, sagte Dr. Högli heiser. »Das war der Hubschrauber. Beten Sie! Das allein bleibt Ihnen noch übrig.«
Paddy starrte auf den feurigen Rauchpilz, stieß einen Schrei aus und rannte zurück ins Haus. Dr. Högli hob Evita in den Geländewagen. Sie wehrte sich, aber er griff so hart zu, daß sie das Gesicht verzog. »Jetzt telefoniert er nach Nonoava«, sagte er. »Aber ich glaube, sie haben auch die Leitung bereits zerstört. Wir müssen in der Hölle bleiben, bis sie sich ausgebrannt hat.«
Das Schwimmbecken leerte sich. Stumm, mit starren Augen, das riesige Kruzifix hinter sich, eingehüllt in das grelle Licht des Scheinwerfers, stand Pater Felix am Beckenrand und hieb auf die wenigen Indios ein, die noch immer im Wasser planschten, aus dem eine trübe, dreckige Brühe geworden war. Währenddessen wüteten die anderen in der Hacienda, zertrümmerten alles, was sie fanden, jagten die Frauen und Kinder der mexikanischen Vorarbeiter auf die Straße und steckten ihre
Weitere Kostenlose Bücher