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Im Totengarten (German Edition)

Im Totengarten (German Edition)

Titel: Im Totengarten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
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plappern schien, mit hochrotem Kopf wieder zurück. Trotzdem konnte ich ihm sein Verhalten nicht verdenken. Ich an seiner Stelle hätte ebenfalls erst einmal überprüft, ob ich nicht vielleicht von einer Irren herbeigerufen worden war. Allmählich fühlte sich mein Leben wie ein total absurder Film an, doch aus irgendeinem Grund empfand ich hauptsächlich Erleichterung. Vielleicht einfach, weil ich noch am Leben war und nicht zerschmettert unten auf der Straße lag.
    Als man mich am Schluss wieder in meine Wohnung gehen ließ, wuselten dort drei Beamte herum. Einer arbeitete an meiner Tür, trug dort mit einem dicken Pinsel irgendwelches Pulver auf, und zwei andere krabbelten auf allen vieren durch den Flur. Während ich leise bis zehn zählte, um nicht auf diese Leute loszugehen und sie einfach rauszuwerfen, tauchte plötzlich auch noch Burns in meiner Wohnung auf. Seine Augen sahen in dem teigigen Gesicht wie zwei winzige Rosinen aus.
    »Sie schon wieder, Alice.« Er klang, als hätte seine Lieblingsschülerin seine Erwartungen enttäuscht, hörte mir aber geduldig zu, als ich erklärte, was geschehen war.
    »Also dachten Sie, Sie legen einen Stunt hin und bereiten sich schon mal auf den neuen James Bond vor, oder was?«
    »Ich hatte keine andere Wahl«, protestierte ich.
    Er sah mich durch die Glasbausteine seiner Brille an. »Aber Sie sind nicht verletzt?«
    Ich schüttelte den Kopf, obwohl meine Handflächen allmählich ziemlich kribbelten. Ich hatte sie mir während meines Abenteuers aufgeschabt, nur hatte bisher offenbar der Schock den Schmerz verdrängt.
    »Ihre Freundin Lola hat auch einen Schlüssel für die Wohnung, oder?«, fragte Burns.
    »Ja. Ich sollte sie und Lars anrufen und ihnen sagen, was passiert ist.«
    »Lars?« Burns’ kleine Augen gingen auf wie die Blenden zweier Kameras.
    »Lolas Freund.«
    »Und wie heißt er weiter?«
    »Jansen«, antwortete ich, und er kritzelte den Namen in das aufgequollene Notizbuch, das er immer bei sich trug.
    »Um Himmels willen, er kann es nicht gewesen sein. Lola hat ihn erst vor ein paar Tagen kennengelernt.«
    Das Sofa ächzte laut, als Burns sein Gewicht darauf verlagerte. »Jemand ist in Ihre Wohnung eingedrungen, Alice«, stellte er so langsam fest, als klärte er ein Kind über irgendwelche hochkomplexen Zusammenhänge auf. »Und da die Tür nicht aufgebrochen wurde, hatte er den Schlüssel dazu entweder geliehen oder geklaut.«
    »Trotzdem können Sie den Freund von Lola gleich wieder vergessen. Der Typ ist total entspannt.«
    »Genau wie Sie.« Er runzelte die Stirn. »Sie sind nämlich viel zu gelassen für meinen Geschmack.«
    »Dissoziation.«
    »Wie bitte?«
    »Leute blenden schreckliche Erlebnisse häufig vorübergehend aus. Es hält die Angst in Schach, wenn man Probleme intellektualisiert, und man bricht nicht in Panik aus.«
    Burns nahm seine Brille ab, und zum ersten Mal erkannte ich, dass er zu der Zeit, als man noch seine Wangenknochen sehen konnte, sicher durchaus attraktiv gewesen war. »Aber Sie sollten panisch sein. Ohne Ihren Zirkustrick lägen Sie nämlich jetzt im Kofferraum von seinem Wagen, und das Nächste, was Sie mitbekommen würden, wäre, dass er Sie, eingehüllt in eine schwarze Plastikplane, am Crossbones Yard ablädt.«
    Es fiel mir leicht, mir vorzustellen, was für eine Art von Vater er wahrscheinlich war: Er beschützte seine Kinder sicher so gut, dass er ihnen fast die Luft zum Atmen nahm. Und jetzt hatte irgendwas diesen Instinkt auch in Bezug auf mich geweckt.
    »Aber es nützt mir auch nichts, wenn ich mich fürchte, oder?«, fragte ich. »Ich muss einen klaren Kopf behalten, denn das ist das Einzige, was mir in dieser Lage etwas nützt.«
    »Himmel.« Burns stieß einen leisen Pfiff zwischen den Zähnen aus. »Warum gehen Sie nicht zur Armee? Dort kämen Sie mit Ihrer Einstellung sicher super an.«
    »Danke für den Karrieretipp. Also, was soll ich wegen des Schlüssels tun? Ich brauche einen Schlüsseldienst, nicht wahr?«
    Burns starrte mich blinzelnd an. »Das ist ja wohl unmöglich Ihr Ernst.«
    »Natürlich. Schließlich kann ich nicht hierbleiben, solange das Schloss nicht gewechselt ist. Denn dann käme der Kerl auch weiter jederzeit problemlos bei mir rein.«
    »Sie bleiben ganz bestimmt nicht hier«, klärte er mich entschieden auf. »Weil Sie nämlich von jetzt an unter umfänglichem Polizeischutz stehen.«
    Nach einer Weile kapitulierte ich. Burns hatte sich entschieden, und je mehr ich widersprach, desto

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