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Im Wettbüro des Teufels

Im Wettbüro des Teufels

Titel: Im Wettbüro des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Zerstörer-Halbys Hämmer
und Brechstangen.
    Zacki drosselte jetzt etwas das
Tempo. Sie waren weit genug vom Tatort entfernt. 100 km/h — damit fiel man auf.
Leider waren die Streifenwagen auch nachts unterwegs. Wie er die hasste!
    Zackis Komplice hockte auf dem
Beifahrersitz. Kurt Schönseil hörte es nicht gern, wenn man ihn ,Kracher’
nannte. Aber der Name hing ihm an und er passte. Kracher war der Chef der
Zerstörer-Truppe. War massig, 21 und hatte die Hälfte seiner blonden Locken der
Halby-Frisur geopfert. Der Blick aus seinen gletscherhellen Augen konnte weh
tun.
    Außer den Zerstörern gab es
natürlich noch die Bomber — die Spezialisten für explosive Stoffe.
    Wer Molotow-Cocktails basteln
konnte, Höllenmaschinen und Briefbomben — der war in der Halby-Szene
hochangesehen.
    Kracher zündete sich eine
Zigarette an und warf das Einweg-Feuerzeug aus dem Fenster. Er besaß — nach
eigener Behauptung — mehr als 1000 Einweg-Feuerzeuge, hatte nämlich vor kurzem
eine ganze Lieferung aus einem Bahn-Container geklaut und schöpfte jetzt aus
dem Vollen. Nach jeder fünften Zigarette warf er das Feuerzeug weg. Da er
Kettenraucher war, hatte er mehr Feuerzeuge als Zigaretten-Päckchen in der
Tasche. Seinen Kumpels hatte er angedroht, sie Weihnachten mit Feuerzeugen zu
beschenken. Einige waren Nichtraucher, die andern hatten ,Feuerzeug’ als
Weihnachtswunsch auf die Geschenkzettel für ihre Freundinnen geschrieben und
erhofften sich was Nobles in Gold oder wenigstens in Silber. Aber Kracher würde
unerbittlich verteilen.
    Zacki kicherte.
    „Was ist los?“, knurrte Kracher
durch geballten Rauch.
    „Wusstest du, dass ich
Fernmeldetechniker werden wollte, als ich noch klein und doof war?“
    „Und?“
    „Geht dir der Witz nicht auf?
Damit hätte ich auch was zutun gehabt mit Telefonzellen. Nur auf ‘ner anderen
Schiene. Flähäh!“
    Kracher zuckte die Schultern.
Er hielt Zacki für leicht bescheuert und lag damit nicht so schief. Immerhin —
Zacki war mutig. Tollkühn! Das musste man ihm lassen.
    „Wo wollen wir Pickel
treffen?“, fragte Zacki.
    „Am Gänsemarkt.“
    Pickel, der von Leo Fressner
den Auftrag erhalten hatte, Egon Voigt grün und blau zu prügeln, galt als Chef
der Bomber-Abteilung. Der Gefährlichste von allen — darüber war man sich einig
in der Szene. Er war immer bewaffnet. Er war ein Schläger und Knochenbrecher —
auch im Ring der ,Arena’. Und er war vielseitig, was neidvoll anerkannt wurde.
Denn er verübte auch Überfälle. Vorzugsweise auf Omas, Opas und Gebrechliche.
Aber er machte gern Ausnahmen, wählte sogar Bonsais und Milchtüten als Opfer —
sogar solche unter zehn — und vergriff sich an Schwestern und Zierfischen, wie
junge Frauen in der Szene genannt wurden.
    Heute Vormittag — das wussten
die beiden — hatte er im Nessie-Park eine junge Frau überfallen, war aber dabei
gestört worden, angeblich von einem Halbdutzend Zivilbullen mit mannscharfen
Schäferhunden. Aber er hatte alle mit seiner Pistole in Schach gehalten und
einen granatenmäßigen Abgang gemacht — wie ein cooler Rambo seines Kalibers das
eben drauf hat.
    Zacki fuhr durch unbelebte Strassen.
Stellenweise überzog Reifglätte die Fahrbahn.
    „Dieser Blödmann! Was der sich
einbildet!“
    Kracher nahm seine Zigarette
aus dem Mund. „Wen meinst du?“
    „Na, den Typ, der da plötzlich
losdackelte wie ein Sprintsieger?“
    „Wahrscheinlich wollte er
telefonieren. Und war sauer, weil’s nun nix damit ist.“
    „Ich kenne ihn.“
    „Den Typ?“
    „Wird Tim genannt. Geht in die
Internatsschule — draußen in der Pampa. Ist ein Superfigther und haut jeden um,
der seine Tussi anmacht.“
    „Tatsächlich?“
    „Ich weiß es von Arnold. Der
hat ihn mir gezeigt. Arnold war in dem Kung-Fu-Club Wung-Wung-Wudu — oder so
ähnlich. Jedenfalls ist Arnold mal furchtbar verrollt worden von diesem
Internatsfuzzi. Der tritt übrigens immer zu viert auf.“
    „Die waren eben zu viert.“
    „Nennen sich TKKG. Ist ‘n
kleiner Verein.“
    „Und was heißt das?“
    „Keine Ahnung. Ich hätte ihm
mit dem Hammer eins draufhauen sollen.“
    „Du immer mit deinem Hammer.“
Kracher lachte.
    „Du immer mit deinem
Stiefeldolch“, feixte Zacki und stieß den Komplicen in die Rippen.
    „Pickel hat ihn mir geschenkt“,
meinte Kracher und griff an seinem rechten Hosenbein hinunter zum Schaft des
halbhohen Stiefels. „Seine Anfangsbuchstaben stehen immer noch auf der Klinge.
Irgendwie stört mich das.

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