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Im wilden Meer der Leidenschaft

Im wilden Meer der Leidenschaft

Titel: Im wilden Meer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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kamen ihr in den Sinn. Geschichten über die Gefahr, in der jeder schwebte, der sich mit ihm einließ.
    Bianca fühlte sich, als habe ein traumähnlicher, unwirklicher Nebel sich wie ein betäubender Schleier um sie gelegt. Sie schob Balthazars Ring auf ihren Finger und betrat vorsichtig das Haus, obwohl sie tief im Innern wusste, dass sie ihr Zuhause besser sofort verlassen sollte. Doch was es auch war, was sie im Haus erwartete, sie konnte nicht ewig davor weglaufen.
    Die weichen Sohlen ihrer Hausschuhe glitten fast lautlos über die Kacheln des Fußbodens, und sie schlich auf Zehenspitzen den engen, dunklen Korridor entlang. Der Salon ihrer Mutter, in dem sie ihre ratsuchenden Gäste empfing, lag ganz am Ende des Gangs, und die Tür war hinter einem schweren Samtvorhang verborgen.
    Noch bevor sie den Durchgang erreichte, konnte Bianca es riechen. Den metallenen Geruch von Blut. Den Gifthauch des Todes.
    Sie schlug den Vorhang zurück und spähte in die kleine Kammer. Silbriger Weihrauch hing noch in der Luft, und der süßliche Geruch vermischte sich mit dem von Blut, von Ermanos schwerem Bergamotten-Parfüm und von verschüttetem Wein. Auf dem Tisch befand sich ein wildes Durcheinander von Karten und umgestürzten Kelchen. Die Stühle lagen kreuz und quer auf dem Boden.
    Und Bianca konnte den Fuß ihrer Mutter und den zerrissenen Saum ihres weißen Kleides hinter der violetten Tischdecke sehen.
    Noch immer in einem unwirklichen, betäubenden Nebel und einer dumpfen Eiseskälte gefangen, stolperte Bianca über die zerbrochenen Stühle, um hinter den Tisch zu gelangen. Ihre Mutter lag zusammengerollt auf dem Boden, und ihre weit geöffneten Augen starrten glasig ins Leere. Ihr langes dunkelbraunes Haar hatte sich gelöst und war verklebt vom Blut, das aus der klaffenden Wunde in ihrer Brust lief.
    Der Dolch, der ihr den Todesstoß versetzt hatte, steckte noch in ihrer Brust, und sein mit Smaragden besetzter Griff glitzerte im rauchigen Dunkel der Kammer. Wie oft hatte Bianca diesen Dolch in seiner Scheide an Ermanos Hüfte gesehen.
    Langsam kniete sie sich neben ihre Mutter und berührte leicht deren kalte Hand. Als habe sie der Szene selbst beigewohnt, wurde ihr mit erschreckender Deutlichkeit bewusst, was hier geschehen sein musste, während sie draußen Balthazar Grattiano angehimmelt und sich seine leeren Worte über Wahrheit und ein neues Leben angehört hatte. Ermano musste vor Wut außer sich geraten sein, als die Karten ihm nicht das Erwünschte prophezeiten, und hatte den vermeintlich Schuldigen für seine bittere Enttäuschung beseitigt – ihre Mutter. Und dann hatte er einfach den Schauplatz des Verbrechens verlassen.
    Bianca erinnerte sich an die Gerüchte. Ermano Grattiano zerstörte, wen und was er wollte, jeden, der sich ihm in den Weg stellte oder der seinen Zorn erregte. Man erzählte sich sogar, dass er vor vielen Jahren seine eigene Geliebte, die schöne Veronica Rinaldi, umgebracht habe. Nie wurde er für seine Verbrechen bestraft, und jeder, der ihn zur Rechenschaft ziehen wollte oder gar Zeuge der Gewalttat war, wurde bald darauf ebenfalls beseitigt.
    Bianca starrte voller Schrecken auf den Dolch. Sicherlich würde Ermano zurückkommen, um ihn wieder an sich zu bringen. Der Dolch war zu wertvoll und zu auffällig. Er würde zurückkommen, um die Spuren seines Verbrechens zu beseitigen. Oder er würde Balthazar damit beauftragen.
    Hatte Balthazar sie nur benutzt? Ihr seine Freundschaft vorgegaukelt, um seinem Vater bei der Durchführung seines grausamen Plans zu helfen? Hatte er ihre Gefühle für ihn verraten?
    Ein überwältigender Schmerz erschütterte sie bis ins Mark, und tiefe Angst erfüllte sie. Sie erwachte aus ihrem unwirklichen, betäubenden Traum, und ihre letzten Hoffnungen zerstoben. Ihre Hand klammerte sich fest um die ihrer Mutter, und ein raues Schluchzen entrang sich ihrer Kehle. Ihre Mutter war tot , ermordet von einem grausamen und mächtigen Schurken. Und auch sie, Bianca, schwebte nun in Gefahr. Wenn sie hierblieb und versuchte, es mit den Grattianos aufzunehmen, um ihr tiefes Bedürfnis nach Rache zu befriedigen, dann würde auch sie selbst ohne jeden Zweifel nicht lange überleben. Auch ihr würde man einen Dolch ins Herz stoßen und sie in den Kanal werfen, wo sie in der Tiefe des Wassers vermodern würde.
    Wer sollte dann ihre Mutter rächen? Wer sollte für die gerechte Bestrafung der Grattianos kämpfen, wenn auch sie tot war?
    Als Bianca neben der Leiche ihrer

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