Im Zeichen der blauen Flamme
»Hab Dank â¦Â«, sagte sie. »Bald ⦠werde ich ⦠in Frieden sterben â¦Â« Dann ging ein Beben durch ihre zarte Gestalt. Ich spürte das Fieber unter der brennenden Haut.
»Ich habe ⦠schon viel Blut ⦠verloren. Hilf mir! Mein Kind ⦠soll leben!«
Ich rief Maki. Kubichis Atem ging pfeifend, wurde schwach, schwächer ⦠versagte - nein, noch nicht! Er rasselte wieder. Plötzlich gruben sich ihre Zähne in die Unterlippe. Sie stöhnte laut vor Schmerz, während ihr ganzer Körper sich aufbäumte. Doch ich wusste, was ich zu tun hatte, und mit Makis Hilfe tat ich es bis zuletzt.
Das Kind war ein Mädchen, kräftig und wohlgeformt, mit dem lockigen Haar der Ainu. Maki durchschnitt die Nabelschnur. Sie wickelte das Neugeborene behutsam in Tücher und legte es mir in die Arme.
Brütende Hitze flimmerte über dem Tal. Der dumpfe, süÃliche Geruch von Blut und Verwesung erfüllte die Luft. Schweià klebte mir am Körper und meine Kehle brannte wie Feuer. Kubichis Gesicht war friedlich und schön. Es hatte einen etwas kindlichen Ausdruck, als ob sie schliefe. Eine Fliege setzte sich auf ihren Mundwinkel. Ich scheuchte sie weg. Ihr Puls schlug kaum wahrnehmbar, hörte dann ganz auf. Ich befahl Maki, meinen Umhang über sie zu decken. Sie gehorchte mit tränenfeuchten Augen. Zerschlagen richtete ich mich auf. Das Kind in meinen Armen war leicht, und dennoch schien es schwerer zu sein als alles auf der Welt, so schwer, dass ich mich kaum auf den Beinen halten konnte und mein Herz unter der Anstrengung hämmerte.
»Ibara«, rief ich.
Der Gefechtskommandant kam angelaufen. »Majestät?«
»Die Befehlsgewalt wird vorübergehend von mir ausgeübt. Folglich beordere ich Euch, die Einheit unverzüglich nach Tatsuda abzukommandieren.«
»Majestät â¦Â« Ibara begann zu stottern. »Die Pflicht verlangt von mir, zuerst die Befehle Seiner Allerhöchsten Majestät abzuwarten â¦Â«
Ich zischte: »Haltet Eure Zunge im Zaum! Habt Ihr bei diesem hinterlistigen Ãberfall Eure Ehre noch nicht genug befleckt? Die Pflicht gebietet Euch, das zu tun, was ICH beschlieÃe! Und jetzt gebt Eure Befehle oder es wird Euch Euren Kopf kosten!«
Ibara verneigte sich, stapfte mit zusammengebissenen Zähnen davon. Ich strich mir eine Haarsträhne aus den Augen.
»Yeasu!«
Er trat vor. Verneigte sich.
»Lasst die Pferde satteln. Wir brechen auf. Noch etwas: Ich bestehe darauf, dass die Fürstin von Izumo nicht bestattet wird. Sucht zwei Männer Eurer Abteilung aus. Sie sollen hier zurückbleiben und die Verstorbene bewachen.«
Ein Funke blitzte in Yeasus Augen auf. »Zu Befehl, Majestät.«
Das Kind bewegte sich, stieà einen leichten, wimmernden Schrei aus. Ich zog die Tücher über sein Gesichtchen, um es vor der prallen Sonne zu schützen. Müde blinzelnd lieà ich die Augen über meine Leibgarde schweifen, die mich in weitem Kreis umstand. Meine Wahl fiel auf Kichi, einen Neffen von Yeasu. Er war ein Jüngling von siebzehn Jahren, mit unerschrockenen Augen und kühnen Gesichtszügen.
Ich winkte ihn heran und sprach: »Reite nach Ikoma und berichte dem Herrscher von Izumo, was hier geschehen ist.« Und da ich wusste, dass in den Schluchten die Ainu kampfbereit anrückten, hieà ich ihn, ein Banner von Izumo als Erkennungszeichen mit sich zu führen.
Kichi verneigte sich tief, sichtlich stolz darüber, dass dieser Auftrag ihm zufiel. Er hob eines der erbeuteten Banner auf und befestigte die Stange an seinem Gürtel, sodass der blutige Stofffetzen über seinem Kopf flatterte. Dann schwang er sich unter den neidvollen Blicken seiner Gefährten in den Sattel und jagte in gestrecktem Galopp in den Wald hinein.
22
I n der Ferne, am Fuà der Waldausläufer, stieg etwas Gelbliches auf. Bei der klaren Luft konnte es kein Unwetter sein, das über die Ebene dahinwehte. Es war Staub, eine riesige Staubwolke, die vom Boden aufwirbelte, sich immer weiter ausbreitete. Gleichzeitig glaubte ich, aus der Richtung ein dumpfes Vibrieren zu hören.
Ich zügelte mein Reittier. Die Morgensonne glitzerte wie Silex und schmerzte mich in den Augen. Das Baby wimmerte leise. Ich trug es eng an meine Brust gedrückt in einer Schärpe, die ich um die Schultern verknotet hatte. Erst kürzlich hatte Sona, eine meiner Zofen, einen Knaben geboren. Sie
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