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Im Zeichen des großen Bären

Im Zeichen des großen Bären

Titel: Im Zeichen des großen Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Höllenfahrt. Auch in der Bukowina tobte der Kampf, an Etsch und Isonzo, doch hier war die Stätte der Entscheidung.
    Engländer und Franzosen krallten sich fest, entschlossen, keine Handbreit mehr herzugeben. In Deutschland waren schon die Lebensmittel knapp. Die Menschen hungerten. Irgendwann, und hoffentlich bald, würden sie in die Knie gehen. Dann konnte überall die Ordnung wieder einkehren. Frieden. Die täglichen Mühen, die Alltagssorgen, die friedlichen Feierabende, das unglaublich wunderbare Gefühl, daß man aufrecht eine Straße entlanggehen konnte, ohne als Zielscheibe zu dienen.
    William träumte, und die Sehnsucht nach Jenny zog in warmen Wellen durch seinen Körper. Seine hellen Augen verschleierten sich, das graue Gesicht rötete sich ein wenig. Heimweh und Gedanken an die Liebste und die Kinder waren es ja, die es überhaupt möglich machten, daß man Angst und Strapazen überstand. Sie holten einen Soldaten immer wieder heraus aus eisiger Verzweiflung.
    Jetzt lächelte William sogar, weil er sich Jennys Gesicht vorstellte, das sie immer aufsetzte, wenn er sie neckte, indem er etwa behauptete, sie sei ohne Zweifel dicker geworden: erschrocken, mit großen hellbraunen Augen und Schmollmund, ungläubig und ein bißchen entsetzt, bevor sie den Schwindel merkte und lächelnd den Kopf schüttelte über so viel männliche Flausen, ihm manchmal auch einen kleinen zärtlichen Backenstreich gab. O ja, sie konnte auch wütend werden …
    Unterhalb seiner Träume blieb der Gefreite William Rockwell jedoch auf dem Posten. Er lauschte und sicherte gewohnheitsmäßig, wie ein wildes Tier es tut. Tun muß, um das Überleben zu sichern. Und nun zuckte er plötzlich zusammen. Was war das? Irgendwo hatte es gescheppert! Nicht besonders laut, aber eindeutig ungewöhnlich. Es klang eigentlich so, als rolle jemand eine Konservenbüchse über Steine. Das war natürlich ganz unmöglich und konnte deshalb auch nicht stimmen. Du spinnst, Junge, redete William sich selber zu, du hast eine Art Frontkoller. Dreh bloß nicht durch!
    Da war es wieder! Ein Klappern und Rumoren, vermischt mit ungleichmäßigem Gebrumm. Er riß die Plane vom MG und entsicherte es. Zu sehen war nichts. Der Regen hüllte alles ein und verschluckte das Licht. Angestrengt tastete er das Gelände vor sich noch einmal mit Blicken ab. In dem Trichter dort lagen seit Tagen drei tote Deutsche. Niemand holte sie. Der Boden war dicht vermint und lag überdies voll im Schußfeld. Weiter rechts war ein verlassener Graben, und davor behauptete sich nach wie vor der Weidenbusch. Er mußte im Trommelfeuer einen Extraschutzengel gehabt haben. Selbst er hob sich kaum ab vom Grau und Braun und fahlen Gelb. Aber von da her kam das Geräusch. Jetzt klapperte es wieder! William Rockwell wollte sich um keinen Preis blamieren. Voreiliger Alarm hätte ihm Hohn und Spott und möglicherweise auch ernsthaften Tadel eingebracht.
    Daß dort am Weidenbusch eine Konservenbüchse spazieren ging, schied ja wohl aus. Doch halt! Klang nicht eine deutsche Feldflasche auch blechern, wenn sie gegen etwas Hartes schlug? Sollten die Krauts etwa, trotz des Hundewetters, einen Stoßtrupp mobilgemacht haben? Den Burschen war doch alles zuzutrauen!
    Also schwenkte William das Maschinengewehr kaltblütig in die Richtung des Geräuschs und steckte vorsorglich die Trillerpfeife zwischen die Lippen. Man würde ja sehen.
    Aha! Es hörte sich an, als würde dort etwas Metallisches bewegt, festgestampft, Boden planiert, gearbeitet im Schutze des Regens und des Weidenbuschs. O mein Gott! Sie brachten einen Minenwerfer in Stellung! Einen leichten Minenwerfer, der immerhin Sappe 9 und 11 und wahrscheinlich auch 14 in die Flanke treffen würde. Und den Kompaniegefechtsstand konnte er in direktem Beschuß zerhacken. Also drückte William auf den Knopf seines MGs und hämmerte einen Gurt als Streufeuer zwischen die spritzenden Blätter des Busches. Stille. Dann löste sich ein Etwas aus dem Busch, ein braun getarntes Etwas, das zu rollen schien. Bevor William es jedoch recht zur Kenntnis nehmen konnte, war es in einem leeren Trichter verschwunden. Und, jawohl, dort klapperte es wieder!
    Dies war nun der Augenblick der Entscheidung. William Rockwell blies kräftig in seine Alarmpfeife. Der Graben füllte sich mit Soldaten. Im ganzen Abschnitt wurden die MGs aufgedeckt. Ebenso die Granatwerfer. Die Feldtelefone des 159. Infanterieregiments rasselten auf dem gesamten Sektor. Alles ruhig! hieß es. Also

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