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Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Titel: Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Lewis
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ob er das Boot auf dem Meer halten würde. Ich ziehe undziehe am Tau, aber das Segel wird vom Wasser in die Tiefe gedrückt. Aus den Höhlen in den Klippenwänden lärmt das Donnern und Brausen der Brandung.
    »Ethan!«, brülle ich. »Das Messer. In der Kiste!«
    Ethan stolpert nach vorn und zieht alles Mögliche aus der Backskiste. Im Werkzeugkasten findet er das Messer mit der kurzen Schneide und streckt es mir entgegen. Ich nehme es und säble damit das Spinnakertau durch. Das Segeltuch wabert davon, wie eine Monsterqualle auf der Flucht.
    Jetzt sehen die Wellen wie schneebedeckte Berge aus, wie gigantische Gebirgsmassive, die sich bewegen und dabei höher und höher werden. Der Wind heult, Gischtwolken fliegen an uns vorüber. Wir werden in die Brandung gedrückt. Unsere einzige Hoffnung besteht darin davonzusegeln. Ich ziehe das Hauptsegel auf, schlittere zurück zum Ruder und schleppe Ethan mit.
    »Bleib hier hinten, bei mir!«, rufe ich.
    Das Segel bläht sich auf, spannt sich und ich spüre, wie die Moana nach vorne prescht.
    »KARA!«, brüllt Ethan.
    Hinter ihm sehe ich eine dunkelgrüne Wasserwand auf uns zukommen, eine gigantische Welle, höher als alle anderen.
    Alles verlangsamt sich.
    Die Moana pflügt direkt in die Welle. An der steilen Wand der Woge bäumt sie sich auf. Aber die Welle verändert sich. Auf dem Wellenkamm sprudeln Schaumkronen. Die Moana kämpft sich nach vorne, aber die Welle krümmt sich nachinnen und bricht in sich zusammen. Das kann das Boot nicht mehr schaffen. Der Bug der Moana schraubt sich aus dem Wasser und die Welle rollt über uns und hüllt das Boot in eine Decke aus grüner Gischt. Und dieser Augenblick brennt sich wie ein Standbild in mein Gedächtnis ein: die Moana mit Schlagseite und tausend Tonnen Wasser, die sich über uns ergießen, um uns in die Tiefe zu reißen.
    Ich packe Ethan und ziehe ihn unter eine Bank. Die Moana kippt zur Seite und alles wird dunkel. Meerwasser strömt herein und flutet den Zwischenraum, in dem wir liegen. Das Wasser donnert in alle Ecken. Durch das Tosen von Wind und Wellen ist ein Krachen zu hören, wie ein Gewehrschuss. Irgendetwas schlägt auf dem Wasser auf.
    Die Moana dreht sich wieder kielunter und Ethan und ich schnappen nach Luft. Der Mast ist wie ein Streichholz umgeknickt, von Unterwasserriffen abgerissen. Die Segeltaue aber hängen noch am Mast und setzen das Boot an den Felsen fest. Um uns herum brodelt die See. Der Schiffsrumpf schützt uns zwar vor der vollen Gewalt der Wellen, aber jede Welle, die an das Boot schlägt, drückt die Moana ein Stückchen weiter an die Klippen. Ich spüre, wie der Kiel über die Felsen kratzt.
    »Leuchtrakete!«, brülle ich. »In der Backskiste ist eine Leuchtrakete!«
    Ich krabble nach vorn, greife in die Kiste, ziehe die Rakete aus der Halterung und versuche vergebens, die Gebrauchsanleitungzu lesen. Die Moana schwankt zu stark. Die Signalrakete ist durchweicht. Ich kann nur hoffen, dass sie funktioniert, ich habe noch nie eine benutzen müssen. Wieder stürzt eine Welle über das Boot und ich falle gegen die harte Bank. Ich ziehe an der Lasche und halte die Rakete in die Höhe. Zuerst passiert nichts, dann jedoch schießt ein grellrotes Leuchtfeuer in den düsteren Himmel.
    Eine weitere Woge drückt uns gegen die Felsen. Eine der Eisenstreben, die den Mast halten, wird aus dem Holz gerissen und fliegt dicht an Ethans Kopf vorbei.
    »Runter!«, brülle ich.
    Ethan taumelt auf mich zu. Wir gehen unter der Bank in Deckung. Durch den heulenden Wind dringt das Geräusch von splitterndem Holz und sich losreißenden Eisenteilen. Ich spüre, wie der Schiffsrumpf über die Felsen unter uns schleift, und ich weiß, dass der Kiel aufgerissen wird.
    Als eine Welle nach der anderen gegen das Boot prallt, drücken wir uns noch weiter unter die Bank. Jetzt können wir nichts mehr tun. Es gibt keinen Ort, an den wir noch flüchten könnten. Ethan ergreift meine Hand und ich halte seine fest in meiner. Die Wellen donnern und donnern und donnern gegen die Moana und ich weiß nicht, ob ich wirklich die Wellen höre oder das Hämmern meines Herzens.
    Aber da hämmert noch etwas anderes, ein Geräusch, das von hoch über den Wellen zu uns dringt. Ein Scheinwerferstrahl fällt aufs Boot.
    »HUBSCHRAUBER!«, brüllt Ethan.
    Wir kriechen hervor und winken. Der Lichtkegel hält uns fest. Über uns schwankt ein Helikopter im Sturm.
    »Wir sind zu nahe am Riff !«, schreit Ethan.
    Ein Mann erscheint schemenhaft im

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