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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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Friede, Freude, Eierkuchen. Aber dann waren wir vor anderthalb Jahren zusammengezogen. Und alles wurde anders.
    Denn ungefähr zur gleichen Zeit beförderten sie Richard innerhalb der kleinen Plattenfirma, für die er arbeitete. Dafür bekam er zwanzig Euro mehr Gehalt im Monat und war doppelt so viel unterwegs wie vorher. Wir sahen uns immer seltener, und das, obwohl wir uns jetzt eine Wohnung teilten, und wenn wir uns zufällig mal in der Küche oder im Schlafzimmer trafen, war Richard müde, sehr, sehr müde. Ich versuchte noch ein paarmal den alten Trick, aber nein, Rancid hatte ihren Zauber verloren. Und weil Richard neuerdings selbst für Nackenkraulen zu müde war, konnte mich umgekehrt auch kein Nackenkraulen mit der Tatsache versöhnen, dass sich mit der Langzeitbeziehung noch etwas anderes Neues in mein Leben geschlichen hatte, mit dem ich absolut nicht gerechnet hatte: Alltagsfrust.
    Richard hatte zwar keine Zeit, sich um den Abwasch zu kümmern, aber genug Zeit, dreckige Teller und Tassen zu produzieren, die ich dann abwaschen durfte. Ich kümmerte mich um seine Wäsche, erledigte die Einkäufe und war von dieser Hausfrauenzwangsverpflichtung derartig genervt, dass ich irgendwann absichtlich vergaß, den Joghurt zu kaufen, den er so gern aß. Falls er meine kleine Revolte bemerkt hatte, war er zu gestresst, um sie anzusprechen. Ich bekam keine Reaktion, nicht einmal eine klitzekleine, und schlief vor dem Fernseher ein, während ich mal wieder freitagabends darauf wartete, dass er von der Arbeit nach Hause kam und wir ausgehen und unsere Freunde treffen konnten.
    Wie eine komische Hautveränderung betrachtete ich die Situation erst mit Sorge, dann ängstlich, und schließlich kotzte mich das alles bloß noch an. Allein abwaschen statt gemeinsam kochen, Serienmarathon mit mir selbst, statt romantischer Kinobesuche zu zweit, und vor dem Einschlafen las ich jetzt Bücher, statt mich an meinen Freund zu schmiegen. Und mit den Renovierungsarbeiten in unserem gemeinsamen Zuhause ging es auch nicht voran. Jetzt hatte ich also meinen Traummann, der witzig war, lieb, schlau und obendrein auch noch schön (Bingo!) – und dann war er nie da. Und wenn er da war, schlief er.
    Mein Ärger darüber verwandelte unsere Beziehung in ein Minenfeld. Richards schlechtes Gewissen tat sein Übriges. Wir befanden uns plötzlich in einer Schieflage, mit der jeder auf seine Weise umging. Richard versuchte, das Problem zu ignorieren. Ich ging bei jeder noch so kleinen Gelegenheit in die Luft. So war es jetzt. Und das war schlimm.
    Oft genug stellte ich mir die Frage, wie lange ich das alles noch mitmachen wollte. Die Antwort war: Eigentlich hab ich jetzt schon keine Lust mehr. Dabei wünschte ich mir nichts mehr, als dass auf irgendeine wunderbare Art alles wieder in Ordnung kam, so wurde wie früher. Denn bei all den Nerven, die mich diese Beziehung in letzter Zeit kostete, war ich mir einer Sache zu hundert Prozent sicher: Ich liebte Richard. Und ich wollte mit ihm zusammen sein.
    Darauf kam es doch schließlich an. Das war das, was zählte, was mir Kraft und Hoffnung gab. Und wenn ich mich an dieser Hoffnung festhielt, würde alles wieder gut werden. Vielleicht. Mit Glück. Besser schnell auf Holz geklopft.
    »Daphne? Was machst du da?«
    Ich hielt in der Bewegung inne – meine Faust schwebte wenige Zentimeter über der Tischplatte, neben der ich stand – und sah meinen Freund ertappt an. »Ich klopfe auf Holz?«
    »Warum?«
    Schulterzucken. »Kann ja nicht schaden?«
    Richard schüttelte den Kopf, griff nach meinem Handgelenk und zog mich durch die Schwingtür, die in den Servicebereich führte. Hochzeits-Backstage sozusagen. Hier hatten nur Eingeweihte Zutritt: Brauttöchter, ihre Freunde und Kellner in weißen Hemden, die Tabletts mit Sektflöten balancierten. Soweit ich die Situation überblicken konnte, lief alles nach Plan. Hinten in der Küche klapperte Geschirr, Fett zischte, und etwas abseits stand sie und wartete auf ihren großen Auftritt: die vierstöckige Hochzeitstorte, verziert mit kleinen Zuckerröschen, Sahneschnörkeln und den Abdrücken kleiner Hände in der Marzipandecke auf dem unteren Ring dieses Traums in Pistazie.
    »O Gott! Bitte sag, dass das keine …« Handabdrücke? Die hatte meine Mutter nicht bestellt, ganz sicher nicht. Sie schätzte keine Handabdrücke auf ihrer Hochzeitstorte. Wenn ich aber geglaubt hatte, dass es sich dabei schon um das größte Problem handelte, wurde ich umgehend eines

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