Immer dieser Knasterbax
drei andern Männern etwas abgeben,
so viel besaß er davon.
Mutlos machte er einige
Freiübungen und stampfte dann langsam durch das raschelnde Laub. Vielleicht
konnte er irgendwo auf der Weide eine Kuh melken. Warme Milch würde ihm guttun.
Die Bauern waren so früh wohl noch nicht mit ihren Melkeimern unterwegs.
Aber er hatte kein Glück. Die
Kühe standen schon in den Ställen und wurden dort gemolken, weil es draußen zu
kalt war.
„Essen muß ich“, knurrte
Siebenschütz, „und zwar sofort, sonst weiß ich nicht, was ich tue. Ob ich mal
den Feuertrick von Knasterbax versuche? Dem war es doch immer gelungen, sich
damit Brot und Wurst und Kuchen zu stehlen.“
Entschlossen machte er sich auf
den Weg in den nächsten Ort. Es dämmerte noch, das war ihm gerade recht. Um
diese Zeit backen die Bäcker Brötchen, dachte er. Sie stehen in der warmen
Backstube, sind sauber gewaschen und rasiert und kneten den Teig. Ach, wäre ich
doch auch Bäcker geworden, dann brauchte ich keine Räuber zu fangen und hätte
immer genug zu essen!
Die Dorfstraße war
menschenleer. Siebenschütz hörte zwar einzelne Stimmen von den Höfen und aus
den Ställen, sah aber niemanden. Er bemühte sich, leise aufzutreten und schaute
angestrengt nach der Bäckerei aus. Die war unter einem großen Ahorn kaum zu
entdecken, aber der hungrige Schutzmann hätte sie auch bei völliger Dunkelheit
gefunden, so kräftig zog der Duft von frischen Brötchen auf die Straße.
Der kleine Laden war noch
geschlossen, doch weiter hinten im Haus brannte Licht. Dort mußte die Backstube
sein. Vorsichtig und mit ängstlich klopfendem Herzen schlüpfte Siebenschütz
durch die Pforte auf den Hof. So leise er konnte, drückte er die Klinke der
Backstubentür nieder und steckte seine Nase in den Raum. Er sah den Bäcker,
einen jungen kräftigen Mann, am Tisch stehen und einen Teig ausrollen. Ein
Lehrling war damit beschäftigt, Brötchen in Tüten zu zählen.
Der Schutzmann nahm all seinen
Mut zusammen und schrie: „Feuer! Feuer!“
Da ließ der Lehrling vor
Schreck eine Tüte fallen, so daß sieben Brötchen auf den Fußboden fielen. Der
Meister aber hob nur flüchtig den Kopf.
„Wirklich?“ sagte er. „Da
kriegt die Feuerwehr Arbeit.“
Siebenschütz war ratlos. Wollte
denn der Mann gar nicht nach draußen laufen und nachsehen, wo es brannte?
„Das ganze Dach steht schon in
Flammen!“ rief er beschwörend.
„Dann ist die Feuerwehr wohl zu
spät gekommen, was?“ fragte der Bäcker zurück, während er einen anderen Teig
aus der Knetmaschine nahm und auf den Tisch warf. „Ich sag ja immer, Übungen
machen sie dreimal im Jahr, aber wenn es wirklich mal brennt, sind sie nicht
zur Stelle.“
Und damit war für ihn die Sache
abgetan. Er arbeitete weiter, als ob Siebenschütz gar nicht da wäre.
So ein Reinfall!
Was sollte der Polizist machen?
Einfach hineingehen und sich etwas aus den Regalen nehmen? Das würde ihm wohl
schlecht bekommen. Enttäuscht wandte er sich ab und taumelte auf die Straße
zurück. Er war eben nicht zum Räuber geboren, war nicht frech und einfallsreich
genug. Knasterbax, ja, der wäre auch mit diesem Meister fertig geworden! Der
hätte ihm irgendeine andere Lüge erzählt. Aber er war zu ungeschickt im Lügen.
Mit knurrendem Magen wankte er
durch den Ort. Es hat keinen Zweck, dachte er, so kann es nicht weitergehen.
Ich muß Knasterbax finden und ihm meine Uniform abnehmen, damit ich wieder ein
anständiger Mensch werde.
Und ohne sich länger zu
bedenken, machte er sich an die Verfolgung.
Knasterbax, der es gewohnt war,
im Freien zu schlafen, verbrachte die Nacht auf einer Bank im Park. Als er am
Morgen erwachte und hungrig in den Ort ging, um auf dem Gemüsemarkt nach
verschimmelter Wurst zu suchen, hörte er einen Polizeiwagen mit heulender
Sirene angerast kommen. Bevor er sich verstecken konnte, hielt das Fahrzeug
neben ihm. Ein Polizist sprang herunter und forderte ihn auf, schnellstens
einzusteigen.
„Leider nix möglich“, sagte
Knasterbax, „habe ich wichtiges Dienst auf Gemüsemarkt.“
Aber sein Kollege wischte den
Einwand mit der Hand fort und sagte: „Das ist jetzt nicht wichtig. Der
Hauptmann hat befohlen, daß alle Polizisten mithelfen, den Deich zu sichern.
Das Radio hat ein gefährliches Hochwasser gemeldet. Komm, steig ein!“ Und er drängte
den Räuber in das große Auto, in dem schon über zwanzig Polizisten saßen.
In sausender Fahrt ging es an
den Fluß. Dort herrschte ein aufgeregtes
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