Immer dieser Knasterbax
Treiben. Lastwagen kamen, schütteten
Sand aus und rollten davon. Viele Männer schaufelten den Sand in Säcke, und
andere trugen ihn auf die Deichkrone. Dahinter stieg das Wasser Zentimeter um
Zentimeter.
Die Polizisten, die mit
Knasterbax gekommen waren, sprangen vom Auto herab und begannen ebenfalls,
Säcke zu füllen. Knasterbax sollte sie auf den Deich tragen. Oh, da mußte er
sich bewegen! Rauf die Böschung, wieder runter und wieder rauf! Ohne Pause!
Denn das Wasser drohte. Der Räuber zog die Jacke aus und schleppte, was er
konnte. Drei Sandsäcke nebeneinander und zwei obenauf, so bepackten sie den
ganzen Deich. Und der war lang!
Es wurde Mittag, es wurde
Nachmittag. Sie schufteten ohne Unterbrechung. Knasterbax fühlte keinen Hunger
und keinen Durst. Aber als in der Abenddämmerung das Wasser sank und die Gefahr
gebannt war, fiel er um wie ein Toter vor Hunger und Erschöpfung.
Auch die andern Polizisten
waren hungrig. Darum stiegen sie schnell in das Auto und brausten in die Stadt
zurück, um bei ihrer Mutter oder ihrer Frau ein kräftiges Abendbrot
einzunehmen. Knasterbax setzten sie an der Stelle wieder ab, wo sie ihn
aufgegriffen hatten.
Da stand er nun in der
dämmerigen Straße und wußte nicht, wo er etwas zu essen bekommen konnte, denn
der Gemüsemarkt war ja schon seit Mittag geräumt. Auch die Geschäfte waren
schon geschlossen.
„Jetzt habe ich aber genug von
dummes Leben als Schutzmann“, sagte er grimmig. „Immer nur Arbeit von Morgen
bis Abend und nix Essen und Belohnung. Läuft sich Bauch schon über vor Hunger!“
Als er im Schein einer
Straßenlampe ein großes Foto von sich an einer Anschlagsäule sah und las, daß der
tapfere Siebenschütz den Sonderorden in echtem Rotgold für einmaligen Verdienst
erhalten sollte, riß er das Plakat ab und trat wütend mit den Füßen darauf. Und
übersah, was in kleiner Schrift darunter geschrieben stand, daß nämlich der
Präsident der Sparkasse ihm eine Prämie von fünftausend Mark schenken wollte.
Hungrig verbrachte er auch
diese Nacht im Park, und hungrig wachte er am nächsten Morgen wieder auf. Kaum
war er ganz bei sich, da stiefelte er los, um auf dem nächsten Polizeirevier zu
sagen, daß er gar kein Polizist, sondern der Räuber Knasterbax wäre. Man sollte
ihm die Uniform abnehmen und dafür Räuberzeug geben.
Der Beamte, der gerade Dienst
hatte, sah ihn herankommen, lief ihm erfreut entgegen und schüttelte ihm die
Hand.
„Siebenschütz“, rief er aus,
„was für ein Glück für mich, daß ich Sie sehen darf! Kommen Sie herein und
nehmen Sie Platz. Die ganze Stadt spricht von Ihnen. Mann, sind Sie zu
beneiden! Was kann ich für Sie tun?“
„Ich bin nicht Siebenschütz“,
schrie Knasterbax, „ich bin der Räuber Knasterbax. Habe ich abgenommen den
Uniform richtiges Schutzmann Siebenschütz.“
Der Polizeibeamte sah ihn
erstaunt an.
„Sie wollen Knasterbax sein?“
fragte er.
„Ich nix will sein, ich bin
Knasterbax!“ rief der Räuber. „Ich habe das Nase voll von dummes
Polizeispielen.“
Sein Kollege schüttelte
ungläubig den Kopf. Dann sah er Knasterbax mit zusammengekniffenen Augen an und
fragte listig: „Haben Sie den Sparkassenüberfall verhindert?“
„Ja, hab ich, aber mit ganz
viel Zufall, weil daß es hat geregnet.“
„Aha“, sagte der Beamte. „Ist
es Ihr Bild, das an allen Anschlagsäulen der Stadt klebt?“
„Ja, ist sich mein Bild“, gab
Knasterbax zu, „hat dummes Reporter geknipst nach Überfall.“
„Soso“, machte der Polizist,
„es ist Ihr Bild und Sie haben den Sparkassenüberfall verhindert, aber
Siebenschütz sind Sie nicht? Das ist allerdings ein interessanter Fall. Bitte,
entschuldigen Sie mich einen Augenblick, ich will sehen, was ich für Sie tun
kann.“ Nach diesen Worten ging er ins Nebenzimmer und redete dort mit einem
Kollegen.
Knasterbax wurde mißtrauisch
und preßte sein Ohr an das Schlüsselloch. Da hörte er den Mann sagen: „Was soll
ich machen? Siebenschütz sitzt bei mir in der Wachstube und behauptet, der
Räuber Knasterbax zu sein. Ich vermute, daß ihm der Schreck den Verstand
geraubt hat. Vielleicht sollte ich einen Arzt kommen lassen, was meinst du?“
Darauf antwortete ein anderer: „Wenn das so ist, gehört er in eine Anstalt.
Schade um den tüchtigen Mann! Aber so ist es ja oft im Leben. Wer etwas
Einmaliges leistet, dreht dabei durch. Halte ihn eine Weile fest, ich rufe den
Polizeiarzt an.“ Bevor der Polizist in die Wachstube zurückkam, lief
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