Immer dieser Knasterbax
Windig kam in Filzpantoffeln an die Haustür,
nachdem Knasterbax auf den Klingelknopf gedrückt hatte. Als er den
steckbrieflich gesuchten Räuber so nahe vor sich stehen sah, ging er
sicherheitshalber einen Schritt zurück und versuchte, seine Dienstpistole aus
der Tasche zu ziehen.
„Knasterbax, wahrhaftig!“ rief
er aus und faßte Siebenschütz scharf ins Auge. „Dir sieht man ja den Räuber auf
zehn Schritt Entfernung an!“
„Aber ich bin doch gar nicht
der Räuber!“ schrie Siebenschütz verzweifelt. „Ich bin der Polizist! Der da ist
Knasterbax! Er hat meine Uniform an.“
Da lachte Knattel Windig so laut, daß Ummo , sein Polizeihund aus
Chikago, erwachte und erschrocken unter das Sofa kroch. „Das ist mal ein Witz“,
sagte Knattel und wischte sich die Lachtränen aus dem
Gesicht. „Hat Räuberzeug an und sagt, er sei Polizist! Nein, so was aber
auch!!“ Und zu Knasterbax gewandt, fuhr er fort: „Glauben Sie nicht, daß ich
darauf hereinfalle. Der kann mich nicht anführen!“
Knasterbax nickte und klopfte
ihm auf die Schulter.
„Gut so“, sagte er, mehr nicht,
denn er wollte sich durch seine fehlerhafte Sprache nicht verraten.
Sie gingen durch den Flur, wo
der Steckbrief hing:
„Sehen Sie sich doch meinen
Schnurrbart an!“ rief Siebenschütz. „Die Spitzen sind nach oben gebogen! Daran
kann man doch erkennen, daß ich nicht der Räuber bin. Aber der falsche
Schutzmann da hat einen Schnurrbart, dessen Enden herunterhängen.“ Knattel Windig verglich das Bild auf dem Steckbrief mit
Siebenschütz.
„Tatsächlich“, murmelte er
nachdenklich, „die Schnurrbärte stimmen nicht überein.“ Aber plötzlich lachte
er wieder, daß die Lampe zitterte.
„Du bist schlau, Knasterbax,
hahaha, wirklich, aber mich kannst du nicht täuschen. Das ist alles nur
Tarnung.“
„Richtig“, bestätigte der
falsche Polizist, „alles nur Tarnung.“ Knattel Windig
schloß die Gefängniszelle auf und stieß Siebenschütz hinein.
„So“, rief er zufrieden, „nun
kannst du den Wänden erzählen, daß du ein Schutzmann bist!“
Dann telefonierte er mit dem Hammerweder Stadtspiegel, der Zeitung, die alles
berichtete, was in Hammerwede geschah. „Schicken Sie
bitte sofort einen Fotoreporter zu mir“, sagte er, „ich habe den Räuber
Knasterbax im Gefängnis.“
Kurz darauf erschien ein junger
Mann mit einer großen Kamera, einem dicken Notizblock und einem langen
Kugelschreiber. Er ging zu Siebenschütz in die Zelle und machte viele Aufnahmen
von ihm: Von vorn, von hinten, von der Seite und durch das Gitter. Der
Gefangene schimpfte dabei wie ein Rohrspatz. Er schrie, brüllte und trampelte,
um den Reporter von seiner Unschuld zu überzeugen. Aber dadurch erreichte er
genau das Gegenteil. Er sah auf den Bildern so wild und furchterregend aus, daß
selbst die Handleserin Futurenka ihn für den Räuber
hielt, als sie am nächsten Morgen die Aufnahmen im Hammerweder Stadtspiegel betrachtete. Die andern Bürger Hammerwedes hatten ohnehin keinen Zweifel an seiner Person.
Knattel Windig nahm einen Pinsel und
malte mit roter Farbe über das Wort „Gesucht“ auf dem Steckbrief das Wort
„Verhaftet“. Und seinen tüchtigen Kollegen, der das kühne Werk vollbracht
hatte, lud er ein zu einer Bratwurst mit Pommes frites.
„Nun erzählen Sie, Herr
Siebenschütz“, sagte er, „wie es Ihnen gelang, den Bösewicht zu fassen.“
Knasterbax hatte aber keine
Lust, für den neugierigen Wachtmeister eine Lügengeschichte zu erfinden, zumal
ihm dafür die richtigen Worte fehlten. Er schlang die Bratwurst herunter, stand
auf, wischte sich den Bart und sagte nur kurz und bedeutungsvoll: „Geheimnis!“
Dabei legte er den rechten Zeigefinger auf den Mund. Und flüsternd fügte er
hinzu: „Mit Trick und List!“ Damit ging er zur Tür.
Knattel Windig schaute ihm bewundernd
nach. Was ist das doch für ein kühner und bescheidener
Mann, dachte er. Fängt einen Räuber und spricht nicht drüber! Das könnte mir
nicht passieren.
Knasterbax winkte Siebenschütz
ein letztes Lebewohl zu und machte sich dann auf, vom Stadt- und Polizeiamt
Flunkerheide die tausend Mark Belohnung abzuholen, die dort in einem sicheren
Stahlschrank für den Räuberfänger bereitlagen. Siebenschütz blickte durch das
kleine vergitterte Fenster und gab ihm kräftige Beschimpfungen mit auf den Weg.
Nachdem er die Nacht in einem
alten Schuppen verbracht hatte, erreichte er am andern Morgen die Stadt. Mit
festen Schritten marschierte er
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