Immer dieser Knasterbax
sprang
er ab und setzte sich auf einen Kilometerstein. Ohne lange nach Schimmel zu
suchen, biß er in die Wurst und brach sich vom Brot ein großes Stück ab.
„Ist sich ein gutes Trick“,
sagte er, „Polizei prüft schlechtes Ware und schlägt sich voll die Bauch. Muß
sich armes Knasterbax nicht sterben vor Hunger!“
Die Butter vergaß er. Aber er
wurde auch so vollkommen satt. Nach der Mahlzeit marschierte er in den nächsten
Wald, legte sich unter einen Busch und ruhte sich aus.
Inzwischen tobte Siebenschütz
in seiner Zelle. Er verwünschte Knasterbax , Knattel Windig und die ganze Welt, weil niemand ihm glauben
wollte, daß er ein Polizist war. Aber das verbesserte seine Lage nicht. Da
beschloß er, aus dem Gefängnis auszubrechen und den Räuber ein zweites Mal zu
fangen. Leider hatte er keine Erfahrung im Ausbrechen aus Gefängnissen und
mußte lange und gründlich darüber nachdenken.
Ob er sich durch das Fenster
zwängen konnte? Er kletterte auf den Hocker und probierte es. Nein, die
Gitterstäbe waren zu eng nebeneinander, nicht mal sein Kopf paßte hindurch.
Vielleicht ließ sich aber die Tür öffnen? Fragte sich bloß, womit! Mit den
Fingern bestimmt nicht! Um besser nachdenken zu können, wanderte er kreuz und
quer durch die kleine Zelle. Dabei steckte er, in tiefe Grübelei versunken, die
rechte Hand ganz ohne Absicht in die Hosentasche. Und fand dort genau das, was
er suchte, nämlich einen Bund mit vielen Schlüsseln in allen Größen. Er fand
auch noch einen Revolver, der verrostet und verbogen und zum Schießen nicht
mehr zu gebrauchen war, aber der interessierte ihn nicht. In der Nacht, als Knattel Windig das Licht ausgeschaltet hatte und zu Bett
gegangen war, probierte er die Schlüssel aus. Der erste war zu groß, der zweite
zu dick, der dritte zu klein, der vierte hatte einen zu langen Bart, aber der
fünfte paßte. Leise drückte der Ausbrecher gegen die Tür und schlich sich
vorsichtig auf den Flur hinaus.
Der Polizeihund Ummo schlief wie ein Murmeltier. Und Knattel Windig schnarchte, daß die Scheiben leise klirrten. Siebenschütz lachte
grimmig, als er das hörte, und schloß die Haustür auf. Er schloß sie auch
wieder ab und warf dann den Schlüssel durch den Briefkastenschlitz in den Flur
zurück. Schließlich war er ein Polizist und darauf bedacht, daß alles seine
Richtigkeit hatte. Dann schlich er leise in die Nacht hinaus.
Am nächsten Morgen stand Knattel Windig fassungslos vor der leeren Gefängniszelle.
Er schaute unter das Bett und durchwühlte die Matzatze ,
aber da steckte der Räuber nicht. Er war tatsächlich unbemerkt ausgebrochen. Knattel Windig hätte sich vor Wut die Ohren abbeißen mögen.
Als er den ersten Schreck überwunden hatte, gab er dem Hammerweder Stadtspiegel telefonisch die Meldung durch, daß der Räuber Knasterbax unter
Anwendung von List und falschen Schlüsseln entflohen war. Die Leute lasen es
einen Tag später erschrocken am Frühstückstisch. Sie sprachen mit ihren
Nachbarn und Bekannten darüber und verbreiteten die schlimme Nachricht sehr
schnell. Auch der Polizeipräsident in Flunkerheide , Klimm von Klammelfinger , hörte
sie. Sofort ließ er neue Steckbriefe drucken, denn er war ein Mann von raschen
Entschlüssen. Wenige Stunden später prangte das Bild des ehrlichen Schutzmannes
Siebenschütz an allen Litfaßsäulen und Häuserwänden. Darunter stand in großen
Buchstaben:
Die Leute lasen es und nahmen
sich vor, besonders auf den Schnurrbart zu achten.
Mittlerweile hatte Siebenschütz
die Stadt Hammerwede längst verlassen, war auf
abgelegenen Feldwegen immerzu nach Osten gegangen und in den Wald der Wilden
Wölfe gelangt. Dort hatten in früheren Zeiten sieben Wölfe die Gegend unsicher
gemacht. Heute waren sie lange tot, aber noch immer gingen die Leute nicht gern
in den Wald. Darum brauchte Siebenschütz nicht zu fürchten, hier jemanden zu
treffen, der ihn verhaften wollte. Er wußte, daß ein kleines Holzfällerdorf
mitten im Wald lag, in dem nur wenige Männer wohnten, die aber alle bärenstark
waren und keine Angst kannten. Vielleicht konnte er ihnen beim Fällen und
Zersägen der Bäume helfen und sich so auf ehrliche Weise Geld verdienen, von
dem er sich dann eine neue Polizeiuniform kaufen könnte. Die Holzfäller würden
sich bestimmt nicht daran stoßen, daß er wie ein Räuber aussah.
Das weithin hörbare Schlagen
der Äxte und das Prasseln der niederstürzenden Bäume wiesen ihm den Weg. Bald
sah er eine Gruppe
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