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TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2

TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2

Titel: TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Kuttner
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1.
     
    Der Anbruch der Nacht bedeutete ein Erlebnis von fremdartigem, exotischem Reiz für einen Mann, der in den Kuppeln unter der See aufgewachsen war. Während Sam Reed die Lehnen seines Sitzes in der rüttelnden Maschine umklammerte, die ihn zur Delawarekuppel zurücktrug, blickte er gebannt hinaus in die tiefe Schwärze.
    Die heimtückischen Böen der Venus überfielen jedes Flugzeug, das sich in die Luft wagte. Nur wenige Maschinen stiegen überhaupt zu kurzen Flügen auf. Die Oberfläche des Planeten bot sich Sams Auge in verwischten, abgerissenen Ausschnitten dar. Doch fern in der zunehmenden Dunkelheit funkelte der schimmernde Fleck, den die Lichter der Kuppel aus der Tiefe auf die Wasseroberfläche warfen.
    Wider seinen Willen spürte er, wie es ihn mit allen Fasern dorthin zog. Jener helle, ausgedehnte Fleck verkörperte seine Heimat. Er barg Behagen und Sicherheit, Musik und Gelächter. Verglichen damit wirkte die Kolonie in seinem Rücken öde und leer. Gefahr und Mühsal wohnten in ihren Mauern.
    Sie allein genügten nicht. Um dem tiefverwurzelten Gefühl entgegenzuwirken, das ihn selber und die Abertausende in der Delawarekuppel beherrschte, mußte er sich einen wirksamen Anreiz einfallen lassen. Nur die verheißungsvolle Lockung eines Gralshortes jenseits der Wildnis und Mißstände in seiner Heimat trieben den Pionier vorwärts. Weiterstoßen und voranzerren mußte man ihn.
    Hier aber beschwerten die Unbilden die falsche Seite der Waagschale. Sie mußten erst ausgeglichen werden.
    Korium war zum Erfolg nötig, begeisterte Siedler und die stillschweigende Duldung, wenn nicht gar die Unterstützung der Harkers. Bis jetzt konnte er sich auf keines dieser drei Erfordernisse stützen.
    Zudem mußte er rasch handeln. Jeden Augenblick konnten wieder, wie schon einmal, uniformierte Angehörige der Privatpolizei neben ihm auftauchen. Dann würde Sam Reed für immer von der Bildfläche verschwinden.
    Er verfügte kaum über Geld; er konnte nicht den geringsten Einfluß geltend machen und niemanden seinen Freund nennen, ausgenommen das dahinsiechende Wrack eines alten, rauschgiftsüchtigen Verbrechers. Und selbst diese Freundschaft mußte er sich erkaufen.
    Sam Reed lachte leise. Er fühlte sich prächtig. Die Zuversicht, die er empfand, stimmte ihn fast übermütig.
    „Als erstes muß ich an die Öffentlichkeit treten“, setzte Sam dem Presser auseinander. „Und zwar schnellstens. Wie, spielt keine Rolle, aber ich muß öffentlich und so überraschend die Familien herausfordern, daß ihnen keine Zeit mehr bleibt, mich auszuschalten. Hinterher werde ich dann schon selbst dem Dümmsten einbläuen, daß die Harkers schuld sind, wenn ich verschwinde.“
    Der Presser schnüffelte und wälzte sich in seinem Bett auf die andere Seite. Die Luft in der kleinen Kammer war zum Schneiden, aber Sam konnte sich hier verhältnismäßig sicher fühlen. Solange er in den Verstecken der berüchtigten Stadtviertel Unterschlupf suchte, stand nicht zu erwarten, daß den Harkers seine Beseitigung gelang. Seine Aussichten sanken in dem Augenblick, in dem er sich hinauswagte.
    „Gib mir noch etwas zu trinken“, murmelte der Presser als einzige Antwort.
     „Ich habe zweitausend Kredite“, erklärte Sam, wahrend er ihm die Flasche hinschob. „Hale kann weitere zweitausend aufbringen. Sie müssen mir die Leute nennen, bei denen ich damit für den Anfang am weitesten komme. Ich brauche Sendezeit im Fernsehen und einen guten Werbetexter, der mir die ersten Reden schreibt. Wenn das Eis erst gebrochen ist, werden die Interessenten uns genügend Geld zur Verfügung stellen, mit dem wir weiterarbeiten können. Und diesmal werden die Gelder nicht im Uferlosen versickern, sondern dahin wandern, wo sie am meisten nutzen.“
    „Nämlich?“ erkundigte sich der Presser.
    „In eine Flotte“, erwiderte Sam. „Die neue Kolonie besteht aus einer Inselkette. Wir entreißen den Echsen jedes einzelne Eiland, befestigen es und siedeln darauf. Dazu brauchen wir schnelle, gut bewaffnete und gepanzerte Schiffe. Und genau darin legen wir unser Geld an.“
    Der Presser beschäftigte sich mit der Flasche und sagte nichts.
    Sam wartete nicht, bis sich die ersten Erfolge abzeichneten. Unverzüglich ging er daran, Bestellungen für die Ausstattung der Schnellboote aufzugeben. Er sparte an allen Ecken und Enden. Mit dem weitaus größten Teil der viertausend Kredite aber bestellte er heimlich und unter mehreren falschen Namen die

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