Immortal 3 - Schwarze Glut
Todesmagie verschrieben, die er freigesetzt hatte? Er war grausam und furchtbar, nicht zu vergessen: wahnsinnig. Eine schreckliche Plage!
Dennoch sah er in diesem Moment aus wie ein verirrter Junge.
Sie sah zu Culsu. Die Dämonin hatte ihnen den Rücken zugekehrt. Mac war um den Stein herum in den Kreis zurückgekrochen und gewann Abstand zu Christine, während er sich auf seinen Angriff vorbereitete.
Christine holte tief Luft und schritt um den Stein herum zu Tain.
»Hallo«, sprach sie ihn leise an.
Der Unsterbliche blickte zu ihr, und seine Augen verdunkelten sich. Er war viel größer als sie, viel kräftiger, was in der Rüstung ganz besonders bedrohlich wirkte. An sein Schwert wollte sie lieber gar nicht denken. Trotzdem schnürte ihr die Angst den Hals zu. Dieser Mann könnte sie wie eine Fliege zerquetschen.
»Was siehst du dir da an?«, fragte sie und bemühte sich, möglichst beiläufig zu klingen.
Tain runzelte die Stirn und glitt mit den Fingern über den vermoosten Stein, wo seine Hand auf einer der Spiralmarkierungen verharrte. »Das …«
»Das Symbol der Mutter Göttin.«
»Cerridwen ist meine Mutter. Sie ist eine Göttin. Ich glaube, sie hat mich einmal geliebt.« Seine Stirnfalten wurden tiefer. »Aber … ich fühle sie nicht mehr.«
»Das muss schmerzlich sein.«
»Schmerzlich?« Plötzlich nahm seine Stimme einen schneidenden Ton an, und Wut blitzte in seinen Augen auf, während er eine bedrohliche Haltung einnahm. »Wer bist du?«
»Ni… niemand«, stammelte Christine und wich zurück.
»Aha.« Er schien sich zu entspannen und wandte sich wieder den Zeichnungen auf dem Stein zu.
Christine bemerkte, wie Mac sich weiter in dem Zirkel vorwärtsbewegte, dicht hinter Culsu. Leanna hatte immer noch ihre liebe Mühe mit Kalen, dessen Blick zu Christine wanderte, nur für einen Sekundenbruchteil, und sogleich wurde sein Gesichtsausdruck wütend. Sie sah entschlossen weg, weil sie wusste, dass er von ihr erwartete, dass sie floh. Aber das konnte sie nicht – nicht, wenn sein Leben auf dem Spiel stand.
»Ich kann sie nicht fühlen«, wiederholte Tain bedauernd. Er nahm seine Hand von dem Stein, auf dem er sie vorher flach aufgelegt hatte. »Sie ist weg.«
»Deine Mutter?«
Er nickte, und eine Träne stahl sich aus seinem Auge, die seine Wange hinabrann. Christine wurde das Herz schwer. Ohne nachzudenken, streckte sie die Hand nach ihm aus und konzentrierte ihre Sinne ganz auf ihn.
Die Todeswelle, die ihr entgegenschlug, erstickte sie beinahe. Tains Unsterblichenmagie hatte nichts mit Kalens gemein. Von dem Licht, das ihn einst erfüllt haben musste, war fast nichts mehr da. An seine Stelle war eine finstere, von Schmerz und Dunkelheit pervertierte Kraft getreten, in der eine aggressive Erotik mitschwang. Es war also kaum verwunderlich, dass er die Lebensmagie der Mutter Göttin nicht spüren konnte. Seine Psyche war eine Senkgrube, ein Pfuhl des Bösen. Christine musste sich zusammenreißen, um ihre Hand nicht gleich wieder zurückzuziehen.
Aber sie musste stark sein. Mit aller Kraft bemühte sie sich, regelmäßig zu atmen, und schickte probeweise ein wenig Licht in Tains Dunkelheit. Zunächst reagierte er verwirrt, dann mit einem gefährlichen Zorn. O Göttin! Doch sie konnte unmöglich zurückweichen – noch nicht. Nicht, kurz bevor Mac angreifen wollte.
Denk nicht daran! Konzentrier dich! Tain war noch nicht vollkommen böse. Sie fühlte einen winzigen Rest Gutes, wie ein kleiner Tropfen inmitten eines Strudels von Todesmagie. Konnte sie ihn verstärken? Sie beschwor ihre tiefsten Kräfte und gab dem Unsterblichen von ihrer Lebensmagie.
Tains Augen weiteten sich, und darin schien ein Gefühl aufzuflackern, das er längst in sich vergraben hatte.
»Ich … ich glaube, ich fühle sie«, sagte er ehrfürchtig – und hoffnungsvoll.
In diesem Moment schoss Mac mit beiden Händen Elfenfeuer ab. Die erste Ladung traf Culsu zwischen die Schulterblätter.
Die Dämonin brüllte auf. Gleichzeitig stürzte Mac sich auf sie. Tain drehte abrupt den Kopf, während Christine ihn immer noch festhielt und jeden Tropfen Magie in sich sammelte, um sie in den Unsterblichen fließen zu lassen. Sie musste verhindern, dass er sich in den Kampf einmischte.
Das allerdings gelang ihr nur für wenige Sekunden. Dann verzogen sich Tains Züge zu einer furchterregenden Fratze, seine Augen glühten rot, und ein unmenschliches Knurren drang aus seiner Kehle. Todesmagie jagte durch seinen Körper und
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