Immortals after Dark 02 - Kuss der Finsternis

Hubschrauberparkplatz gestoßen. Aber niemand konnte schneller klettern als Kaderin, Regin eingeschlossen, darum war sie unten geblieben, um frohgemut den Snowcat zu bewachen und dabei abzurocken.
    Kaderin redete sich die ganze Zeit über ein, dass sie denjenigen, der da vor ihr losgeklettert war, bald einholen würde. Komisch, dass sie es immer noch nicht geschafft hatte.
    Sie hieb mit einem ihrer Eispickel härter als unbedingt nötig zu, sodass er das Eis durchdrang und auf Felsen traf. Die darauffolgenden Schwingungen liefen durch ihren schmerzenden Arm und ihre gefühllosen Finger.
    Nimm dich zusammen! Sie war nur noch zirka zehn Meter vom höchsten Vorsprung entfernt. Schnell rein, schnell wieder raus. Diese wodkanasigen Russen hielten ihr Schicksal in ihren menschlichen Händen.
    Aber diesmal musste sie sich richtig anstrengen. Obwohl sie nur knapp viertausend Meter hoch war, war die Luft an den Polen dünner, sodass es sich wesentlich höher anfühlte, und dazu schleppte sie auch noch einen großen, unhandlichen Rucksack mit verschiedenen Ausrüstungsgegenständen.
    Ihr Geheimnis, wie sie die Tour so häufig gewonnen hatte? Na ja, abgesehen von erbarmungsloser Brutalität gegenüber sämtlichen Konkurrenten?
    Sie war immer auf alles vorbereite t …
    Ein plötzlicher Wind heulte laut auf. Fallwinde?
    Mit einem Mal hing sie in horizontaler Lage an ihren sich langsam lösenden Pickeln und klammerte sich mit zusammengebissenen Zähnen an ihnen fest.
    Sebastian verschlug es bei der Windbö den Atem. Kaderin, die sich genau unter ihm befand, wurden mit einem Ruck die Füße weggerissen.
    In der nächsten Sekunde hatte er sich zu ihr transloziert und packte ihren Mantel. Doch als er sich wieder auf dem Felsvorsprung befand, musste er feststellen, dass er mit leeren Händen zurückgekehrt war. Er versuchte es noch einmal und kehrte prompt unverrichteter Dinge zurück. Erst beim dritten Versuch gelang es ihm, sie mitzubringen.
    Sie verzog keine Miene angesichts der Tatsache, dass er sie transloziert hatt e – oder dass er sich plötzlich auf einem anderen Kontinent am anderen Ende der Welt befand.
    Ihre behandschuhten Hände umklammerten immer noch zwei Eispickel, und ihr Schwert war samt Scheide über ihren vollgestopften Rucksack geschnallt. An ihren Stiefeln waren gefährlich scharfe Eiskrampen befestigt, deren Spitzen herausragten wie die Fänge einer Klapperschlange.
    Als der Wind eine Sekunde später erstarb, blickte sie kurz in den Himmel hinauf. „Ich hatte alles im Griff.“
    „Mag sein.“ Seine Brust hob und senkte sich in rascher Folge, und er hatte seine Panik noch lange nicht abgeschüttelt. „Warum zum Teufel konnte ich dich nicht gleich mit mir zurückbringen?“
    Auch sie musste erst ein wenig zu Atem kommen, bevor sie ihm antwortete. „Ich hatte festen Halt an meinen Eispickeln.“ Sie verstaute sie in Schlaufen, die an den Seiten ihres Rucksacks angebracht waren. „Du musst eins wissen, Vampir, wenn ich mich gegen dich wehre, kannst du mich nicht translozieren. Dazu bin ich zu alt und zu stark.“
    Alt und stark? Nichts könnte weniger zu ihr passen. Er war erneut verwundert, wie klein sie war. Sie maß gut dreißig Zentimeter weniger als er und erschien ihm so zerbrechlich, und doch war sie mit diesem gewaltigen Rucksack beladen. Es schien, als würde sie unter dessen Gewicht jeden Augenblick hintenüberfallen, weshalb er es nicht wagte, sie loszulassen. Sie war immer noch nicht wieder zu Atem gekommen nach diesem Aufstieg, und offensichtlich ging es ihr nicht gut. Und wofür das alles? Für nichts und wieder nichts. Er hätte sie im Handumdrehen auf diesen Gipfel translozieren können.
    „Warum hast du dich gewehrt?“, fragte er. „Du wärst fast abgestürzt.“
    „Nur wenn meine Eispickel versagt hätten, aber ich glaube, sie haben gehalten, sogar als ein riesiger Vampir an mir herumgezerrt hat.“ Immer noch keuchend, fragte sie: „Wie bist du denn vor mir hierhergekommen?“ Aber zugleich spähte sie auch schon an ihm vorbei und verriet damit, was ihr eigentlich wichtig war. „Du warst in dem norwegischen Hubschrauber, hab ich recht?“
    „Ich war noch nie in einem Hubschrauber. Ich habe mich zu dir transloziert.“
    „Vampire verfügen nicht über diese Fähigkeit.“
    „Ich schon. Ich habe mir vorgestellt, dass du mein Ziel bist. So habe ich dich auch auf der Versammlung im Tempel gefunden.“
    Ohne weiter auf seine Erklärung einzugehen, versuchte sie, an ihm