Immortals after Dark 08 - Eiskalte Berührung
Burg der Devianten zu wohnen, hatten sie eine alte, renovierte Zuckerrohrmühle außerhalb der Stadt erworben, in der sie sich aufhielten, während sie die Straßen von New Orleans absuchten. Nikolai schüttelte den Kopf.
»Dann in die Burg zurück?«
Nikolai antwortete nicht.
»Du willst sie doch wohl nicht nach Blachmount bringen?«, rief Murdoch. Das Anwesen war seit vielen Jahrhunderten im Besitz der Familie Wroth. Hier hatte der größte Teil ihrer Familie in einer einzigen Nacht voller Krankheit und Mord ihr Leben gelassen. »Aber wieso?«
»Weil das der Ort ist, an den meine Braut gehört.«
Ehe Murdoch ihn fragen konnte, wie er das meinte, blieb Nikolai stehen und schloss kurz die Augen. Dann fuhr sein Kopf hoch, in Richtung der Dächer. »Sie ist es.«
Über ihnen stand eine Rothaarige, starr und steif, der Mund im Schock geöffnet.
Murdoch hatte sie vor all diesen Jahren nur einmal kurz gesehen und musterte die Walküre jetzt umso genauer. Ihre zarten Gesichtszüge glichen denen der Feyden – spitze Ohren und hohe Wangenknochen – , doch er erkannte auch die verräterischen Klauen und zierlichen Fangzähne.
Bei ihrem Anblick richtete sich Nikolai auf, ohne die Unterstützung durch seinen Bruder länger zu benötigen. » Meine Myst. «
Ihr Gesicht erbleichte, zweifellos aufgrund von Nikolais Aussehen, das inzwischen dem Monster glich, zu dem sie ihn hatte machen wollen. Seine Augen hatten sich vollständig schwarz verfärbt, seine Fänge waren hervorgetreten, und vor Durst lief der Speichel an ihnen hinunter.
Ihr entsetztes Gesicht hätte Murdoch beinahe Mitleid mit ihr verspüren lassen, aber sie verdiente keine Gnade – und Nikolai würde heute Nacht sicherlich auch keine Gnade walten lassen.
Ihre Verfolgungsjagd, die ein halbes Jahrzehnt angedauert hatte, war … vorbei . Endlich.
In dem Moment, als sich Nikolai anspannte, um sich zu ihr zu translozieren, klopfte Murdoch ihm auf die Schulter und translozierte sich ebenfalls, wie er es versprochen hatte. Er verschwand so rasch, dass es in dem Gewühl betrunkener Touristen gar nicht auffiel. Aber selbst wenn sie ihn hätten verschwinden sehen, wären die Menschen einfach davon ausgegangen, dass sie sich das Ganze nur eingebildet hätten.
Murdoch materialisierte sich in einer Seitengasse ein paar Blocks weiter und ging von dort aus zu Fuß zur Hauptstraße des French Quarter, der Bourbon Street. Während er sich durch die Menschenmenge bewegte, wehte eine warme Brise durch die Straße, die die Ausdünstungen des Sumpfes und die Gerüche von den Imbissständen zerstreute.
Warm. Im Februar. Gutes Jagdwetter.
Ja, Nikolai würde heute Nacht keine Gnade walten lassen, genauso wenig wie Murdoch. Jetzt musste er nur noch seine Beute finden.
Die Jagd hat begonnen.
Ich werde verfolgt.
Daniela die eisige Jungfrau blickte ein weiteres Mal verstohlen über die Schulter zurück. Wieder entdeckte sie nichts Ungewöhnliches – umherschlendernde Touristen, Hexen, die menschlichen Männern hinterherpfiffen – , doch Danii wurde das Gefühl einfach nicht los, dass ihr jemand nachstellte.
Was zu der Frage führte: Welches Lebewesen wäre dumm genug, zu riskieren, den Zorn einer Walküre auf sich zu ziehen?
Vielleicht hatten Nïx’ mysteriöse Bemerkungen an diesem Abend sie aber auch einfach nur nervös gemacht. Es wäre nicht das erste Mal, dass die komplett durchgeknallte Nïx, ihre Halbschwester und die Hellseherin unter den Walküren, eine eher exotische Vorhersage verkündete. Und diese spielte sich in Daniis Kopf wieder und wieder ab.
»Traurige, traurige Daniela, die zerbrochene Puppe, die wieder heil werden möchte. Vielleicht heute Nacht.«
Aufgrund ihrer blassen, eisigen Haut – sie gehörte zum Teil den Eisfeyden an – wurde sie häufig mit einer Porzellanpuppe verglichen. Na ja, eigentlich wegen ihrer eisigen Haut und dem, was passieren würde, sollte sie sich überhitzen …
Aber eine zerbrochene Puppe ? Was sollte das bloß heißen? Und heil – war das jetzt gut oder schlecht? Und was genau würde heil gemacht werden?
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon du redest«, hatte sie zu Nïx gesagt. »Ich bin nicht zerbrochen« – mein Leben ist so einsam, dass ich mir am liebsten die Haare ausreißen würde! – »und ich weiß nicht, wie ich ›heil‹ werden könnte.«
Vielleicht wenn sie endlich in der Lage wäre, jemand anders zu berühren? Die Haut eines Mannes an ihrer zu spüren, ohne sich dabei zu verbrennen, anstatt
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