Immortals after Dark 08 - Eiskalte Berührung
möglich klingen zu lassen, als er fragte: »Und welches Verbrechen soll das sein?«
»Eines der schlimmsten.«
Die schlimmsten Verbrechen in ihrem Orden waren Verrat und das Trinken lebenden Blutes direkt von einem Opfer.
Verrat hatte es keinen gegeben. Wenn Murdoch Kristoffs Sache auch ziemlich gleichgültig gegenüberstand – er hatte sich der Armee des Königs nur angeschlossen, weil er weiterleben wollte – , so hatte Nikolai hingegen stets inbrünstig an das geglaubt, wofür die Devianten standen.
Und das Trinken lebendigen Blutes? Als Murdoch Nikolai zum letzten Mal gesehen hatte, war er ihm zufrieden erschienen, jedoch immer noch bleich und mager. Seine Augen waren geschlossen gewesen, darum hatte Murdoch nicht erkennen können, ob sie sich vielleicht rot verfärbt hatten.
»Mein Lord, Ihr kennt Nikolai«, sagte Murdoch. »Er ist ein loyaler Soldat.« Außerdem hätte Nikolai es Murdoch gesagt, wenn er irgendwas vorgehabt hätte.
»Genau.«
Murdoch verstummte, wusste er doch aus Erfahrung, dass Kristoff sich nicht weiter äußern würde. Als gebürtiger Vampir war Kristoff unfähig zu lügen, darum ignorierte er manche Fragen und gab auf andere recht kryptische Antworten.
Während sie auf Nikolai warteten, sah sich Murdoch ruhelos in dem verfallenen Saal um. So viele Erinnerungen waren mit diesem Ort verbunden. Hier hatte Nikolai die schicksalhafte Entscheidung getroffen, zu versuchen, ihre gesamte Familie zu wandeln.
Murdoch erinnerte sich daran, als ob es gestern erst geschehen wäre.
Nachdem Nikolai und er von den Toten wiederauferstanden waren, hatten sie sich nach Hause transloziert, wo sie ihren Vater und ihre Schwestern dem Tode nah vorfanden. Sie waren an der Pest erkrankt. Sebastian und Conrad waren von russischen Plünderern niedergestochen worden, und ihr Leben hing an einem seidenen Faden.
Alles in diesem Raum … Wie die Mädchen geweint hatten, als sie begriffen hatten, dass sie sterben würden. Wie wütend Sebastian und Conrad gewesen waren, als sie gegen ihren Willen in Vampire gewandelt worden waren …
Mit einem Mal materialisierte Nikolai sich. Seine Augen glühten schwarz vor Zorn und Geifer tropfte von seinen Fängen. Er musste die Eindringlinge gespürt und als eine Bedrohung für Myst empfunden haben.
»Wroth, ich bemitleide jeden, der vorhat, deiner Braut etwas anzutun«, sagte Kristoff.
Murdoch hätte angesichts von Nikolais Aussehen beinahe einen Pfiff ausgestoßen. Sein Gesicht war zerschlagen, seine Kleidung dreckig, sein Hemd zerrissen und voller Blut.
Nikolai schien sich zu bemühen, seine Selbstbeherrschung wiederzuerlangen. »Ich möchte Euch nicht in diesem Zustand belästigen. Ich werde mich rasch waschen und umz…«
»Nein, wir wissen, dass du dich danach sehnst, zu ihr zurückzukehren und den Rest der Nacht mit ihr zu verbringen.« Dann fügte Kristoff in stolzem Tonfall hinzu: »Gratuliere, Wroth. Jetzt bist du erweckt, und du hast deine Braut zu der Deinen gemacht.« Er musterte ihn. »Vor gar nicht langer Zeit. Wenn es auch so scheint, als ob sie es nicht tatenlos hingenommen hätte.«
Glaubte Kristoff, Myst habe mit Nikolai gekämpft? Was zur Hölle war seinem Bruder bloß zugestoßen? War Nikolai ihm zuvor noch glücklich erschienen, wirkte er jetzt eher entschlossen.
»Ich würde sie gerne kennenlernen.«
»Sie ruht sich gerade aus.«
Murdoch glaubte, sie oben im Bad zu hören. Nahm sie etwa in aller Ruhe ein Bad? Wenn die beiden gekämpft hatten, wieso in Teufels Namen nutzte sie die Gelegenheit nicht, um vor Nikolai zu flüchten?
»Ich nehme an, das ist kein Wunder«, sagte Kristoff. »Genau genommen würde ich mich wundern, wenn es anders wäre.«
Zwei der Ältesten lachten verstohlen, bis Nikolai ihnen einen wütenden Blick zuwarf.
Kristoff legte die Fingerspitzen aneinander »Und du hast heute Nacht von ihrem Blut getrunken?«
Leugne es, Nikolai.
»Hast du es direkt von ihr genossen?«
Aber nein, der zuverlässige Nikolai würde dieses Verbrechen – das mit dem Tode bestraft wurde – unter keinen Umständen begehen. Sollte Kristoff es verfügen, würde Nikolai auf offenem Feld angekettet ausgesetzt werden, bis die Sonne ihn zu Asche verbrannt hatte.
Als sich Nikolais Augen verengten, glitt Murdochs Hand zu seinem Schwertgriff. Fünf gegen Nikolai und ihn. Vermutlich würden die Brüder Blachmount nicht lebend verlassen.
Wie passend.
Nikolais Schultern strafften sich. »Das habe ich.«
Nein, Bruder … Er hatte sich nicht
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