Immortals after Dark 08 - Flammen der Begierde
Sie hatte Walhalla langweilig gefunden. Jetzt wusste sie, dass es ein von Nebel überzogenes Land war, voller Schönheit und endlosem Frieden.
Aber die Welt dort draußen war ihr so klar erschienen, so aufregend. Lucia hatte sich gewünscht, sich einfach nur auf den Rücken zu legen und zu den leuchtenden Sternen emporzublicken, die sie von ihrem Aussichtspunkt aus gerade noch erspähen konnte. Sie sehnte sich nach Abenteuern, vor allem aber nach Romantik. Sie wollte ein eigenes Heim und eine Familie – einen Ehemann und irgendwann ein Dutzend Kinder.
Sollten doch ihre Halbschwestern die Pflichten der Walküren übernehmen: unter den Gefallenen auf dem Schlachtfeld auswählen und ihre eigenen Schlachten schlagen. Sie hatte keinerlei Interesse am Tod.
Lucia hatte sich nach Liebe gesehnt …
Eines Nachts war ein Fremder auf der anderen Seite erschienen, ein Mann. Auf einmal war er da, wie in einem Traum, so als ob sie ihn heraufbeschworen hätte. Er hatte helles, gelocktes Haar und blaue Augen von der Farbe des wolkenlosen Himmels, auf den sie hier und da einen Blick aus der Ferne geworfen hatte. Nie zuvor hatte sie etwas dermaßen Verlockendes wie das engelsgleiche Aussehen dieses Mannes gesehen.
»Wie heißt du, meine hübsche Walküre?«, fragte er.
»Ich bin Lucia die Jungfrau. Und wie heißt Ihr?«
»Ich werde Crom genannt. Ich bin der Mann, den du bald heiraten wirst.«
Sie lachte entzückt. »Seid Ihr das tatsächlich, Sir?«
»Ich werde dich zur Herrin meiner Burg machen. Und dich mit Geschenken überschütten und anbeten.«
»Ich mag Geschenke.«
Sie flirteten, bis sie Regin hörte, die sie zum Essen rief. Als junge Walküren verspürten sie noch das Bedürfnis, Nahrung zu sich zu nehmen, waren immer noch sterblich, bis sie voll ausgewachsen waren und im Zustand der Unsterblichkeit erstarren würden. Nach einem raschen Blick über die Schulter zurück hatte Lucia ihm gesagt: »Ich muss gehen. Werdet Ihr noch einmal zurückkehren, um mich zu sehen?«
»Ich werde morgen Abend hier sein und dich ungeduldig erwarten«, hatte er gesagt. »Und den Abend danach und den danach. Bis du zustimmst, meine Frau zu werden … «
Das war das einzige Versprechen, das er je gehalten hatte.
Die Kabinentür wurde geöffnet.
23
Garreth fand sie auf dem Balkon. Sogleich versteiften sich ihre schmalen Schultern.
Auf dem Weg quer durch das Zimmer staunte er wieder einmal über die Tatsache, dass er endlich bei ihr war. Er hatte sie so lange verfolgt, dass er es immer noch kaum fassen konnte.
Heute Abend hatte er sie nicht aus den Augen lassen wollen, aber sein Instinkt hatte ihn lautstark gewarnt, dass seiner Gefährtin Gefahr drohte. Und er hatte soeben herausgefunden, wie groß die Gefahr war.
Er gesellte sich zu ihr, legte die Unterarme auf die Reling und blickte hinaus in die Dämmerung. Von beiden Seiten schloss sie der Urwald ein, sodass es fast erschien, als ob sie einen Canyon durchfuhren – einen Canyon mit grünen Wänden. Die tiefen Sturmwolken, die sich über ihnen zusammenbrauten, verstärkten das klaustrophobische Gefühl noch.
Wie gut er sich an diesen Ort erinnerte. Wie sehr er gehofft hatte, ihn zu vergessen.
Irgendwann wandte sie sich zu ihm um. Ihr liebliches Gesicht war bleich, ihre Miene angespannt.
»Wann hast du zum letzten Mal geschlafen?«, fragte er. Nach dem zermürbenden Jahr, das hinter ihm lag, fühlte er sich vollkommen erledigt. Er konnte sich nicht vorstellen, wie sie sich erst fühlen musste, oder woher sie überhaupt die Kraft genommen hatte, das alles durchzustehen.
»Vor einer Woche, glaube ich.« Unsterbliche konnten leicht ein paar Tage ohne Schlaf auskommen, aber eine Woche, das war hart, wie er nur zu gut wusste, da er schon seit beinahe einem Dutzend Tagen ununterbrochen auf den Beinen war.
Sie hatte geduscht und sich die Haare gewaschen. Jetzt roch es süß, wie Jasmin. »Du hast ohne mich geduscht, Walküre? Das wird der letzte Abend sein, an dem so was vorkommt.« Und sie hatte sich wieder vollständig angekleidet. »Meinst du vielleicht, ein paar zusätzliche Kleidungsstücke könnten mich von meinem Ziel abhalten?«
»Ich meine, dass ich sicherlich nicht in meiner knappen Unterwäsche auf dich warte.«
»Vielleicht noch nicht.« Ehe sie protestieren konnte, sprach er schon weiter. »Du musst mir alles über diese kleine Mission erzählen, auf der du dich befindest. Weil du nämlich verfolgt wirst. Mir scheint, es gibt eine ganze Menge von Mythenweltbewohnern,
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