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0024 - Wir gruben ihm das Wasser ab

0024 - Wir gruben ihm das Wasser ab

Titel: 0024 - Wir gruben ihm das Wasser ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir gruben ihm das Wasser ab
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Es war gegen halb zehn abends, als wir zum Tatort gerufen wurden. Wir, das sind Phil Decker, mein Freund, und ich.
    Wir saßen bei mir im Wohnzimmer und spielten eine Partie Schach, wobei wir abwechselnd an unseren Whiskygläsern nuckelten. Und da schlug auf einmal das Telefon an.
    Ich blieb sitzen.
    »Das Telefon hat geklingelt, Jerry«, bemerkte Phil klug.
    »Es kam mir auch so vor«, entgegnete ich und setzte mein Pferd zurück. Es ist eigenartig, aber bei Phil kann man im Schachspiel mit den Springern nie etwas ausrichten. Trotzdem versucht man es natürlich immer wieder.
    »Es klingelt schon wieder, Jerry.«
    »Ich hör’s.«
    Phil atmete deutlich hörbar aus. Mochte er. Atemübungen sind gesund. Ich überlegte, ob ich nicht besser den Turm vorschieben sollte. Phil räusperte sich und quängelte: »Das-Telefon klingelt bereits zum dritten Mal, Jerry.«
    »Stimmt.«
    »Es könnte jemand sein, der etwas Wichtiges will.«
    »Möglich. Dann soll er morgen früh ins Office kommen. Ich bin kein Privatdetektiv, sondern ein G-man von der Bundeskriminalpolizei, der seine Dienstzeiten und seinen Feierabend hat. Jetzt habe ich Feierabend.«
    Jeder vernünftige Mensch hätte sich von dieser langen Rede überzeugen lassen, aber nicht Phil.
    »Es kann jemand sein, der deine Hilfe braucht, Jerry.«
    »Soll er sich ans Überfallkommando wenden.«
    »Oder es ist ein hübsches Mädchen, dass sich heute Abend mit dir verabreden möchte.«
    »Es soll herkommen. Am Telefon habe ich nichts von ihm.«
    Endlich gab er sich geschlagen. Als die verdammte Bimmelei zum sechsten oder siebenten Mal anfing, stand er auf und hob den Hörer ab. Er winkte gleich darauf: »Der Chef will etwas von uns.«
    Ich stürzte hastig meinen Whisky hinunter. Wenn unser Districtschef seine Leute abends um halb zehn in der Wohnung anruft, dann können Sie sicher, sein, dass er nicht nur einen angenehmen Abend wünschen will.
    »Hallo, Mister High. Hier ist Jerry. Was gibt es?«
    »Hallo, Jerry. Fahren Sie mal mit Phil in die 18.Straße. Hausnummer 243, sechste Etage. Da wohnte ein gewisser Bob Beverly.«
    »Wohnte?«
    »Ja. Er ist tot aufgefunden worden. Anscheinend Mord, ich weiß es nicht genau. Die City-Police ist schon am Tatort. Sie riefen mich gerade an.«
    »Wieso Chef? Was haben wir mit einem einfachen Mord zu tun? Das ist Sache der City Police. Die Heben Herren von der City-Police sollen nicht ständig die ganze Arbeit zu uns schieben. Ich nehme sie ihnen doch nicht ab.«
    »Abwarten, Jerry. Man will da einen Zettel oder dergleichen gefunden haben, das auf eine Erpressung hinweist. Na, und Erpressung ist nun mal laut Bundesgesetz…«
    »Sache des FBI«, vollendete ich. »Leider Gottes. Man hat doch nie seine Ruhe, wenn man seine Haut erst mal für ein paar Dollar Monatsgehalt mit anschließender Pensionsberechtigung an den Staat verkauft hat. Also okay, Chef, ich fahre mit Phil hin. Soll ich Sie noch anrufen?«
    »Ja, verständigen Sie mich, wenn Sie sich ein Bild von der Geschichte gemacht haben. Sie kennen ja meine Privatnummer.«
    »Ay, ay, Chef. So long.«
    Ich legte den Hörer auf und marschierte pfeifend hinaus in den Flur. Phil hatte sich schon seinen Hut auf das Haupt gestülpt und watete tatendurstig.
    »Ich witterte eine stinklangweilige Angelegenheit, die nur einen Vorteil für uns mitbringt, nämlich, dass wir auf dem Rückweg eine neue Flasche Whisky besorgen können. Meiner ist ohnedies bedenklich zur Neige gegangen, seit ich dich notorischen Säufer heute in meiner Behausung bewirten muss.«
    Er schlug mir in die Seite, während ich die Wohnungstür abschloss. Ich trat nach hinten aus und erwischte ihn am Schienbein. Er zog einen Flunsch und murmelte etwas von »unfair«. Ich ließ ihn murmeln.
    An der Haustür begegnete uns mein Hauswirt. Er trug Mantel, Hut und Handschuhe, obgleich es draußen angenehm warm war.
    »Guten Abend, Mister Mail«, sagte ich.
    »Guten Abend, Mister Cotton«, erwiderte er freundlich. »Noch zu tun? Oder solls in ein kleines Vergnügen gehen?«
    »Leider nicht, Dienst. Zu meinem Leidwesen.«
    »Lassen Sie sichs nicht verdrießen. Übrigens, wenn Sie morgen Abend nichts weiter Vorhaben, kommen Sie doch ein bisschen rauf zu mir. Ich habe einen guten Stoff im Kühlschrank.«
    »Okay. So long, Boys.«
    »So long, Mister Mail.«
    Draußen schlug uns die angenehm warme Luft eines netten Maiabends entgegen. Irgendwie roch es nach Flieder. Der Teufel mochte wissen, wo mitten in New York Fliedergeruch herkam.

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