Immortals after Dark 08 - Flammen der Begierde
bevorstand. Noch etwas anderes als die nahende Apokalypse und der Vollmond. Ihm schien an allen Fronten die Zeit davonzulaufen.
Ein Delfin stieß Wasser aus seinem Blasloch und brachte Lucia damit zum Lachen. Sie lachte inzwischen immer öfter. Wenn er annehmen durfte, dass er selbst sie zum Lachen gebracht hatte, stand er immer gleich ein bisschen aufrechter.
Die Idee mit dem Schmetterling hatte sich als ein echter Geniestreich erwiesen. »Du hast ihn nach mir benannt?«, hatte sie gefragt. Ihr Gesicht war ganz weich geworden, und ihre Augen hatten silbern geflackert.
Das war es, wonach der Wolf in ihm sich sehnte. Ihre Anerkennung, ihre Freude. Das ging runter wie Öl. Wie ein Besessener kümmerte er sich nun morgens und abends um diesen vermaledeiten Schmetterling und fütterte ihn mit einem in Zuckerwasser getränkten Schwamm.
Und der Köcher, den er den Feyden stibitzt hatte? Er musste innerlich grinsen. Auch den wusste sie sehr wohl zu schätzen.
Seit beinahe zwei Wochen war Lucia nun schon Garreths Studienobjekt, und er bemühte sich, so viel wie nur möglich über ihre Vergangenheit herauszubekommen. Und jeden Tag förderte er etwas Neues, Überraschendes zutage.
Sie hatte ihm mehr über diesen Crom Cruach erzählt, den Feind, den sie in Nïx’ Auftrag töten sollte. »Sobald er jemanden infiziert hat, verspürt das Opfer den unwiderstehlichen Drang, diejenigen auszulöschen, die es liebt, und das auf die abscheulichste Art und Weise. Je größer die Zuneigung, umso stärker ist das Verlangen zu töten. Cruach kann ihre Gedanken kontrollieren und zwingt seine Opfer zu sehen, was er sie sehen lassen will. Ihre Augen färben sich milchig weiß – daran erkennt man, dass sie verloren sind.«
»Wie macht er das?«
»Er hat die Kräfte eines Gottes. Und mit jedem Opfer in seinem Namen wird er noch mächtiger. Wenn Cruachs Gefolgsleute vom Kult des Todes, die Cromiten, ihn anrufen, beten sie: Ihm opfern wir, was wir schätzen. Wir geben ihm, was wir lieben. «
Sie erklärte, sie könne sich keine schlimmere Apokalypse vorstellen, denn diese würde die Welt auf den Kopf stellen, die reinste Liebe pervertieren und in das pure Böse und den Tod verwandeln.
Lucia war davon überzeugt, dass der Dieumort ein Pfeil sein musste. Inzwischen war er derselben Meinung, denn wenn Cruach andere infizieren konnte, ergab es durchaus einen Sinn, ihn aus der Ferne zu erlegen.
Und das hatte Garreth vor. Allein. Je mehr sie ihm von Cruach erzählte, umso fester stand Garreths Entschluss, sie nicht einmal in dessen Nähe zu lassen. Aber zuvor musste sie ihm noch verraten, wo er den Gott finden konnte.
Eines Nachts brachte Garreth sie nach langem Zureden dazu zuzugeben, dass sie erst mit einem einzigen Mann zusammen gewesen war. »Wenn du in dieser ganzen Zeit nur mit einem Kerl Sex hattest«, sagte er, »musst du ihn wohl sehr geliebt haben.«
Sie wandte sich ab, doch er hatte gesehen, wie sie erbleicht war. Das war’s also. Der Mann hatte ihr wehgetan.
»Oder hast du Sex so sehr gehasst, dass du lieber einem zölibatären Orden beigetreten bist und über zehn Jahrhunderte lang darauf verzichtest hast?«
Sie seufzte. Schrecklich erschöpft sah sie aus, mit Ringen unter den Augen. Durch die anhaltenden Albträume und seine beständigen Zuneigungsbekundungen hatte sie in diesen Tagen nicht allzu viel Schlaf bekommen. Genau genommen fiel sie immer erst gegen Tagesanbruch, wenn ihre Albträume nachließen, in tieferen, beinahe komatösen Schlaf. »Hör doch endlich auf damit, MacRieve.«
Er hatte ihr gesagt, er würde nicht mehr darüber nachdenken, aber das war natürlich nicht die Wahrheit. Er musste herausfinden, wie schlimm genau es für sie gewesen war. Und wer der Kerl war. Damit ich ihn umbringen kann.
In diesem Moment klingelte sein Telefon. Es war Lachlain. Zweifellos rief er an, um herauszufinden, welche Fortschritte Garreth bis zum unmittelbar bevorstehenden Vollmond gemacht hatte. Mit einem Wort: keine. Trotzdem war der Anruf eine willkommene Abwechslung.
»Wie läuft’s mit dir und deiner Königin?«, meldete er sich.
»Sie hat mich gestern in ein Einkaufszentrum mitgenommen.« Lachlain klang, als hätte er gerade ein Schaudern unterdrückt. »Und dann hat sie auf einen Jungen gezeigt und gesagt: ›Ich glaube, so einen will ich auch.‹ Also habe ich gleich überlegt, woher ich um Himmels willen so einen kleinen Sterblichen herbekommen könnte, aber sie meinte … sie meinte ein Kind – unser
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