Immortals after Dark 08 - Flammen der Begierde
schluckte und lockerte den Fuß ein wenig … beinahe … ich hab’s!
Sie zog an der Schnur und schob sich mit schlängelnden Bewegungen zurück, bis sie wieder in Sicherheit an Deck war. Ohne sich die Zeit zu nehmen, erleichtert durchzuatmen, sprang sie auf die Füße, schwang die Schnur wie ein Lasso über ihrem Kopf und schleuderte den Apparat weit in den Fluss. Als er mit der Strömung fortgetrieben wurde, wandten sich einige der kleineren Kaimane dem Signal zu. Die größeren allerdings verharrten, lauerten, als wüssten sie genau, dass hier noch eine Mahlzeit zu erwarten war.
Als sie zu MacRieve zurückeilte, kam sie an Schecter vorbei, der zusammengekauert in einer Ecke der Kombüse hockte und vor sich hin brabbelte, ein Fleischermesser in der Hand. Seine Hose stank nach Urin. Charlie hatte den verletzten Travis wahrscheinlich in seine Kabine verfrachtet. Darüber kann ich jetzt nicht nachdenken …
Als sie zu Damiãno und MacRieve zurückkehrte, hatten beide mit der Wandlung begonnen – die Bestien in ihnen drängte es, sich in den Kampf zu stürzen. Ihre Körper wuchsen, die Muskeln schwollen an …
Damiãnos Augen glühten in einem leidenschaftlichen Grün. Seine Fänge und Klauen entwickelten extrem scharfe Spitzen. An einzelnen Stellen wurde glänzendes schwarzes Fell sichtbar.
MacRieves eigene Bestie lag wie ein flackerndes Bild über ihm, seine Augen hatten sich vor Zorn blau verfärbt, seine onyxfarbenen Klauen waren ausgefahren, aber er hatte sich nicht vollständig verwandelt. Warum nicht? Jetzt war nicht die Zeit für Gnade!
Dann begriff sie. Oh, Freya! MacRieve wurde durch das Armband, das er trug, daran gehindert, sich komplett zu verwandeln!
Mit einem markerschütternden Brüllen senkte Damiãno seine Eckzähne in MacRieves Arm. Blut spritzte. MacRieve schrie vor Schmerz auf, fuhr Damiãno mit seinen Klauen übers Gesicht und schlitzte es bis auf die Knochen auf.
Obwohl ihm das Blut aus den Wunden strömte, rammte Damiãno MacRieve mit aller Kraft in den Brustkorb, sodass dieser gegen die Reling geschleudert wurde, deren Holz durch den Aufprall zersplitterte. Beide stürzten kopfüber in den trüben Fluss.
Sie tauchten nicht wieder auf. Dreißig Sekunden vergingen, dann eine Minute. Es war die längste ihres Lebens …
Die beiden kamen mit voller Wucht aus dem Wasser geschossen, nach wie vor in einen Kampf auf Leben und Tod verstrickt. Sie versuchte, auf Damiãno zu zielen, aber sie bewegten sich einfach zu schnell, und zusätzlich spritzte bei jeder ihrer Bewegungen Wasser auf. Ich könnte MacRieve treffen.
Also erschoss sie so viele Kaimane, wie sie konnte, doch dann kam der Große wieder zurück. Sie sah ihre Pfeile aus seinem gepanzerten Schwanz und Rücken herausragen, aber er tat ihr nicht den Gefallen aufzutauchen, damit sie auf seine Augen zielen konnte. Obwohl sie unaufhörlich schoss, verlangsamte er seine Geschwindigkeit nicht im Geringsten.
»MacRieve!«, schrie sie. »Er kommt zurück!« Noch einmal nahm sie Damiãno ins Visier …
Da bäumte sich das Heck des Schiffs auf. Sie verlor das Gleichgewicht und stürzte ins Beiboot. Als sie endlich wieder taumelnd auf die Beine kam, konnte sie nur noch in hilflosem Entsetzen zusehen, wie der Schwanz des Riesenkaimans durch die Luft peitschte und beide Männer in die Tiefe drückte.
36
Lucias Herzschlag setzte aus. Ich darf ihn nicht verlieren, ich darf ihn nicht verlieren … Sie suchte das Wasser ab, ohne irgendetwas zu sehen.
MacRieve darf nicht tot sein.
Gerade als sie sich den Bogen wieder über die Schulter gelegt und sich kurz gesammelt hatte, um ihm nachzuspringen, hörte sie eine Stimme hinter sich: »Was zum Teufel machst du denn da?«
Sie wirbelte herum. »MacRieve!« Er befand sich auf der anderen Seite des Bootes und schwamm, so schnell es ging, auf die Überreste der Plattform zu. »Wie bist du denn dorthin gekommen?«
»Mithilfe eines Kaimanschwanzes, denke ich«, sagte er, während er an Bord kletterte. »An die Einzelheiten kann ich mich nicht mehr so genau erinnern.« Der riesige Kaiman entfernte sich inzwischen vom Schiff. Er schien dem Köder zu folgen, so wie die übrigen Ungetiere auch, die bislang noch beim Schiff ausgeharrt hatten.
»Du wolltest meinetwegen da reinspringen? Hast du denn vor gar nichts Angst?« MacRieve schloss sie in seine Arme und zog ihren Kopf an die Brust, die sich unter seinen keuchenden Atemzügen hob und senkte.
Das Prasseln des Regens war immer noch so laut, dass sie
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