Immortals after Dark 09 - Sehnsucht der Dunkelheit
nachwachsenden Hörner fühlten sich noch ungewohnt an. Auch diese Schmerzen habe ich für sie auf mich genommen. »Weißt du, was der Waffenmeister zu mir sagte, ehe ich ihn tötete? Er sagte, dass ich dich verlieren würde.«
»Aber du hast mich nicht verloren, Malkom. Ich bin doch hier.«
Er atmete aus. »Und ich bin erschöpft, Hexe. Geh, kümmre dich um dein Junges und lass mich in Ruhe.«
Sie zuckte zurück, als ob er ihr einen Schlag versetzt hatte. »Also gut. Aber ich werde mir dein Vertrauen erneut verdienen – und wenn es das Letzte ist, was ich tue.« Sie ging wieder in das angrenzende Zimmer. Er hörte die Seile knarzen, als sie sich zu dem Mädchen aufs Bett legte.
Lange Zeit starrte er auf den Regen am Fenster, wartete darauf, dass sie einschlief. Wie immer sehnten sich seine Augen nach ihrem Anblick. Sobald er hörte, dass sie tief und gleichmäßig atmete, folgte er ihr und beobachtete die beiden im Schlaf. Carrow hatte die Arme fest um die Kleine geschlungen. Die Hexe würde alles tun – hatte alles getan – , um dieses Kind zu beschützen.
Als er in Rubys Alter war, hätte er für jemanden getötet, der sich für sein Wohlergehen interessiert oder der ihn um jeden Preis, ungeachtet der Konsequenzen, beschützt hätte.
Ich hätte sie für einen Engel gehalten.
Wenn Carrow die herzlose Frau wäre, für die er sie gehalten hatte, dann hätte sie niemals diese Mission auf sich genommen und Malkom hierhergelockt.
Vielleicht war es tatsächlich noch nicht vorbei.
Das ungute Gefühl in seinem Magen hielt sich jedoch hartnäckig.
Und vielleicht bist du ein Narr.
In einer offenbar verlassenen Stadt stehen die Hexe und ihre Armee einer Horde Zentauren, Feuerdämonen und Invidia gegenüber.
Sie vertraut auf ihre Fähigkeiten. Sie weiß, dass sie den Sieg erringen werden – oder aber eine spektakuläre Niederlage hinnehmen müssen.
»Wartet auf mein Signal!«, befiehlt sie über ihre Schulter hinweg, während sie vorrückt. Obwohl Flammen die Nacht erleuchten und überall um sie herum lodern, marschiert sie vorwärts. Sie verspürt Angst, doch sie stellt sich ihr und tut, was getan werden muss.
Tollkühne Hexe. Sogar im Schlaf begann Malkom zu schwitzen, und sein Herz raste.
In ihrer Hand sammelt sie konzentrierte Magie, die Funken sprüht, sich aber für sie kühl anfühlt – ein angenehmer Druck in ihrer Handfläche.
»Jetzt!«, ruft sie und schleudert die Magie von sich. Ein Bogen schießt aus ihrer Hand auf ein entferntes Gebäude zu. Im nächsten Augenblick verwandelt eine Explosion das Gebäude in Schutt und Asche.
Aber ihre Feinde haben sich auf sie konzentriert. Feuerdämonen translozieren sich in ihre Nähe, umzingeln sie, ein ganzes Dutzend. Ehe sie sich zurückziehen kann, schlagen sie zu und feuern ihre Flammen auf sie ab …
Malkom erwachte und stand im Nu aufrecht vor der Tür der Hütte, an die er sich im Schlaf angelehnt hatte.
Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und blickte in die stürmische Nacht hinaus. Es war nur ein Traum ihrer Erinnerungen, und offensichtlich hatte sie sich davon erholt. Warum war er also derart besorgt um sie?
Er war schließlich selber schuld, dass er zum Zeugen dieser Schlacht geworden war, hatte ihre Erinnerungen gerne in Kauf genommen. Auch wenn er die Albträume seiner Vergangenheit fürchtete, hatte er sich nach Träumen gesehnt und unbedingt mehr über sie wissen wollen.
Mit seinem letzten Biss hatte er auch wieder neue Erinnerungen über ihr Blut aufgenommen, Dutzende von Szenen. Insbesondere jene Schlacht.
Er lehnte sich wieder gegen die Tür und setzte zusammen, was er inzwischen alles über Carrow erfahren hatte. Sie war eine Anführerin der Wiccae, befehligte eine ganze Armee von Hexen. Sie war sowohl kühn als auch siegreich im Krieg. Wenn sie über ihre volle Kraft verfügte, konnte sie in ihren Händen Bomben erschaffen, die ganze Gebäude zum Einsturz brachten.
Und das ist das Leben, in das sie wieder zurückkehren will?
Ein Leben, in dem Platz für ihn war.
Er blickte in Carrows Richtung. So nahe. Und doch lastete die Einsamkeit schlimmer auf ihm als in den Nächten, die er in dieser höllischen Mine zugebracht hatte.
Denn jetzt weiß ich, was mir fehlt …
36
»Crow, bist du wach?«
»Warum fragen Kinder das eigentlich immer, wo sie doch genau wissen, dass man es nicht ist?« Sie öffnete mühsam die Augen, zumindest einen Spaltbreit. »Nein. Wirklich.«
»Ich hab Hunger. Und der Dämon ist weg, also kann ich ihm
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