Imperator 01 - Die Tore von Rom
es in Tubruks Körper zu jagen. Dann stolperte er mit zitternden Knien einen Schritt zurück, das Gesicht bleich unter dem Blut. Gemeinsam warteten sie auf den Nächsten, der über die Kante kommen würde.
Die Nacht wurde plötzlich heller, weil die Futterscheunen in Brand gesteckt wurden, aber trotzdem kam kein neuer Angreifer, um ihn zu erledigen.
»Noch einen«, fluchte Tubruk durch blutige Lippen. »Noch einen kann ich mitnehmen. Du solltest runtergehen, du bist nicht in der Verfassung um zu kämpfen.«
Gaius hörte nicht auf ihn. Sein Mund war ein zorniger Strich. Sie warteten, doch es kam niemand. Tubruk trat an die Außenseite der Mauer heran und spähte hinunter auf die zerstückelten Gliedmaßen und zerfetzten Leichen, die mit glasigen Augen in klebrigem Blut ausgestreckt unter der Mauerkante lagen. Da draußen wartete niemand mehr mit einem Dolch auf ihn, überhaupt niemand.
Vor dem Licht der brennenden Scheunen zeichneten sich springende Figuren ab, die in der Dunkelheit herumtollten. Tubruk begann vor sich hinzulachen und zuckte zusammen, als seine Lippen erneut aufplatzten.
»Sie haben die Weinvorräte gefunden«, sagte er und konnte trotz der höllischen Schmerzen, die es verursachte, nicht mehr aufhören zu lachen.
»Sie ziehen ab!«, knurrte Marcus verblüfft. Er räusperte sich, spuckte Blut auf den Boden und fragte sich flüchtig, ob es sein eigenes war. Dann drehte er sich um und grinste Renius an, der zusammengesackt und gegen zwei Leichen gelehnt dasaß. Der alte Krieger blickte ihn stumm an, und einen Augenblick lang fiel ihm seine brennende Abneigung wieder ein.
»Ich …« Er hielt inne und machte zwei schnelle Schritte auf den alten Mann zu. Er lag im Sterben, das war offensichtlich. Marcus presste eine Hand, die schwarz vor Blut und Dreck war, auf Renius Brust und spürte, wie das Herz flatterte und aussetzte. »Cabera! Hierher, schnell!«, schrie er.
Renius schloss die Augen vor dem Lärm und dem Schmerz.
Alexandria keuchte, als läge sie in den Wehen. Sie war erschöpft und mit Blut verschmiert. Nie hätte sie gedacht, dass es so klebrig und widerlich sein könnte. Auch das wurde in den Geschichten niemals erwähnt. Das Zeug war ein paar Augenblicke lang glitschig, dann wurde es auf den Händen zäh, sodass man überall kleben blieb. Sie wartete auf den Nächsten, der in den Hof fiel, und lief wie betrunken umher, das Messer mit steifem Arm an den Körper gepresst.
Sie stolperte über einen Leichnam und sah, dass es Susanna war. Sie würde nie wieder eine Gans ausnehmen oder frische Binsen in der Küche ausstreuen oder beim Einkaufen in Rom streunende Welpen mit Essensresten füttern. Bei dem letzten Gedanken stiegen ihr Tränen in die Augen, rannen durch den Dreck und den Gestank auf ihren Wangen. Alexandria ging weiter lauernd auf und ab, doch es landeten keine neuen Feinde mehr wie Krähen im Hof. Niemand kam, aber sie stolperte trotzdem weiter, weil sie nicht stehen bleiben konnte. Noch zwei Stunden bis Tagesanbruch, und sie hörte immer noch Geschrei auf den Feldern.
»Bleibt auf den Mauern! Niemand verlässt vor Tagesanbruch seinen Posten«, schrie Tubruk über den Hof. »Sie können jederzeit zurückkommen.«
Doch er glaubte nicht daran. Im Weinlager befanden sich fast tausend mit Wachs versiegelte Amphoren. Selbst wenn die Sklaven ein paar zerschlugen, müssten immer noch genug übrig bleiben, um sie bis zum Sonnenaufgang bei Laune zu halten.
Nachdem er diesen letzten Befehl gegeben hatte, wollte er selbst schnell hinuntersteigen und zu der Stelle hinüberlaufen, wo Julius unter den Toten lag, aber jemand musste die Stellung halten.
»Geh zu deinem Vater, Junge.«
Gaius nickte kurz und stieg hinunter, wobei er sich an der Mauer abstützte. Der Schmerz war qualvoll. Er spürte, dass der Schnitt von der Operation aufgerissen war, und als er danach tastete, glänzten seine Finger rot. Als er sich die Steinstufen zu der Verteidigungsstellung wieder hinaufschleppte, zerrten seine Wunden an seinem Willen, doch er hielt durch.
»Bist du tot, Vater?«, flüsterte er und blickte auf den Leichnam hinab. Er konnte ihm keine Antwort mehr geben.
»Bleibt auf euren Posten, Leute. Fürs Erste ist es vorbei«, schallte Tubruks Stimme über den Hof.
Alexandria hörte es und ließ ihr Messer auf die Pflastersteine fallen. Ein anderes Sklavenmädchen aus der Küche packte sie an den Handgelenken und sagte etwas zu ihr. Sie konnte die Worte bei dem Geschrei der Verwundeten, das
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